Wer in Deutschland bei einer Wahl antreten möchte, benötigt ein dickes Fell. Nicht nur sind es die politischen Konkurrent/-innen, denen man sich stellen muss; auch die Angriffe auf Personen, Wahlplakate und Büros sind zahlreich. Ein heikles Thema bleibt die Veröffentlichung privater Adressen von Kandidat/-innen. Dazu hat die AfD-Fraktion in der Ratsversammlung am 8. Februar einen Antrag gestellt.

Sie forderte zusätzliche Maßnahmen der Kandidat/-innen bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr. Eine Maßnahme: Der Oberbürgermeister soll sich im Land dafür einsetzen, dass die privaten Adressen von Politiker/-innen im Vorfeld nicht mehr veröffentlicht werden.

Veröffentlichung zuletzt nicht digital

Bei der vergangenen Kommunalwahl im Jahr 2019 hatte die Stadt bereits darauf verzichtet, die Privatadressen im digitalen Amtsblatt zu veröffentlichen. Man fand sie nur in der gedruckten Fassung. In einer Stellungnahme zum AfD-Antrag heißt es: „Die Verwaltung hält die Veröffentlichungspflicht privater Adressen von Kandidatinnen und Kandidaten zur Kommunalwahl für nicht mehr zeitgemäß.“

Früher sei das sinnvoll gewesen, damit Bürger/-innen mit Kandidat/-innen in Kontakt treten konnten. In Zeiten sozialer Medien und persönlicher Websites gibt es dafür aber andere Möglichkeiten.

SPD-Stadtrat Andreas Geisler zeigte sich über den AfD-Antrag „zutiefst verwundert“. Zum einen gebe es bereits aktuelle Diskussionen im Land, bei der nächsten Wahl die privaten Adressen nicht mehr zu veröffentlichen. Zum anderen sei er selbst bereits fünf Mal im Wahlkampf angegriffen worden und jedes Mal hätten die Parolen auf Rechtsradikale hingewiesen.

Änderungsantrag aus der Linksfraktion

Auch der zur Linksfraktion gehörende, aber PARTEI-lose Stadtrat Marcus Weiss kritisierte einen solchen Antrag von rechts. In ihrer Gesamtheit sei die AfD nicht Opfer, sondern Täter.

Weiss hatte selbst einen Änderungsantrag eingebracht, demzufolge zu prüfen sei, „welche Möglichkeiten es gibt, uns alle künftig vor den polemischen und stumpf populistischen, teils offen rassistischen und chauvinistischen Redebeiträgen Einzelner zu schützen“. Er wünschte sich insbesondere ein härteres Eingreifen bei grenzüberschreitenden AfD-Reden. Abgesehen von einigen Ja-Stimmen und Enthaltungen aus seiner Fraktion gab es dafür aber kaum Zustimmung.

Auch die AfD fand für ihren Antrag keine Mehrheit. Der Großteil stimmte dagegen, die CDU-Fraktion enthielt sich weitgehend. Oberbürgermeister Jung erklärte, dass er Angriffe auf Mitglieder der AfD-Fraktion verurteile und sich auf Landesebene weiter dafür einsetzen werde, Kommunalpolitiker/-innen besser zu schützen.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar