Am zweiten Tag der Februar-Ratsversammlung, also am 09.02.2023, wurde die Vorlage VII-DS-07257 โDigitale Agenda-Leipzigโ, erarbeitet vom Referat Digitale Stadt, aufgerufen und mit einem รnderungsantrag der Fraktion Freibeuter beschlossen.
Der รnderungsantrag der Fraktion Freibeuter drรผckte aus, dass die Agenda nicht prรคzise genug formuliert wurde. Stadtrat Matzke (FDP) sagte dazu:
โDer Titel lautet โAgendaโ โ also โdas zu tuendeโ, aber so richtig wissen wir Stadtrรคte nicht, was da getan wird.โ
Die Freibeuter forderten deshalb, dass die Broschรผre zur Kenntnis genommen wird und dass der in der Broschรผre erwรคhnten strategischen รberbau โDigitale Agenda 2026โ bis zum 31.12.2023 von der Stadtverwaltung erstellt wird. Dem schlossen sich bei der Abstimmung die Fraktionen โDie Linkeโ, Bรผndnis90/Die Grรผnen und die SPD an.
Die Vorlage selbst wurde bei einer Gegenstimme, ohne Enthaltungen angenommen.
Ich freue mich selbstverstรคndlich, dass die Stadtverwaltung jetzt das Heft fรผr die Digitalisierung in die Hand nehmen will, reichlich spรคt allerdings. Es gibt jetzt immerhin die 24-seitige Broschรผre mit vielen Erklรคrungen guter Absichten.
Digitalisierung โ Zum Jagen getragen
Bisher musste die Stadtverwaltung ja viel zu oft vom Stadtrat zum Jagen getragen werden.
Ich erinnere mich an den schon episch zu nennenden verbalen Schlagabtausch zwischen dem Verwaltungsbรผrgermeister Hรถrning und dem Fraktionsvorsitzenden der Freibeuter Sven Morlok am 13. Oktober 2021. Die Freibeuter hatten damals beantragt, dass bei einem Umzug innerhalb Leipzigs die Adressรคnderung fรผr die Meldebehรถrde und die Kfz-Zulassungsstelle gemeinsam im Bรผrgeramt durchgefรผhrt werden kann.
Das endete nicht mit der digitalen Weitergabe der Daten an die Kfz-Zulassungsstelle, sondern mit der Frage, ob der Briefkasten fรผr das Formular mit einem Matchbox-Auto gekennzeichnet wird.
Auch bei der Verbesserung und barrierefreien Gestaltung des online-Petitionsportals der Stadt Leipzig musste ein Beschluss der Ratsversammlung zu einer Petition gefasst werden. Dieser sollte bis zum Ende des IV. Quartals 2022 umgesetzt werden. Letzter Stand: โIst in Arbeit โ Dienstleister ist mit der Umsetzung beauftragtโ.
Jetzt gehtโs aber los
Kann man so sagen, obwohl die 24-seitige Broschรผre mehr eine Melange von Grundlagenbeschreibung, Absichtserklรคrungen, Aufzรคhlung von derzeit bearbeiteten Projekten und Zielstellungen bis 2026 ist. Wie das Ganze nun wirklich durchgefรผhrt werden soll, bleibt ziemlich offen.
Vielleicht steht ja etwas im nicht รถffentlichen Teil, der wie folgt beschrieben ist: โ [โฆ] vereinbaren wir Zustรคndigkeiten, Verfahren fรผr Entscheidungsprozesse sowie die weiteren Schritte zur Umsetzung.โ
Es scheint aber mehr eine, lรคngst รผberfรคllige, Bรผndelung der materiellen und besonders der personellen Ressourcen zu sein, denn laut Vorlage gibt es keine Auswirkungen auf den Stellenplan 2023/24.
Fremde Federn
Auf Seite 22 der Broschรผre ist als Projekt der Gebรคudenavigator benannt. โDer Gebรคudenavigator als digitale, barrierefreie Plattform informiert รผber die Mรถglichkeit des barrierefreien Zuganges รถffentlicher Gebรคude in Leipzig.โ
Ja, die Stadt Leipzig arbeitet daran, es hรคtte aber durchaus erwรคhnt werden kรถnnen, dass der Gebรคudenavigator ein Projekt des Behindertenverbandes Leipzig e.V., im Rahmen des โStadtfรผhrer fรผr ein barrierefreies Leipzigโ ist. Seit mindestens 10 Jahren versucht der Behindertenverband, die Stadt Leipzig zu รผberzeugen, diesen in die Website der Stadt zu integrieren. Im Behindertenbeirat wurde das im April 2021 erneut angestoรen, es sollte eine einfache Lรถsung gefunden werden.
Der Gebรคudenavigator des Behindertenverbandes ist nicht auf dem neuesten Stand der digitalen Welt, inzwischen hat die Stadt gemeinsam mit dem Behindertenverband ein Projekt zur technischen Modernisierung am Laufen. Wir dรผrfen also hoffen.
Bauchschmerzen
Bei einem Thema habe ich ganz persรถnlich Bauchschmerzen. Bรผrgermeister Schรผlke erwรคhnte in seinem Wortbeitrag, dass der Oberbรผrgermeister bereits ein Sicherheitskonzept in Auftrag gegeben hat. Ich vermute, es geht um diesen Passus auf Seite 19 der Broschรผre:
โBis Ende 2023 erstellen wir hierfรผr ein Umsetzungskonzept zur Weiterentwicklung von Regeln und Verfahren der Informationssicherheit und setzen dieses bis Ende 2025 um.โ
Ich hoffe, dass damit nicht ausgedrรผckt wird, dass Projekte entwickelt werden und dann, also Ende 2025, erst einmal darรผber geschaut wird, ob sie den Forderungen der Informationssicherheit entsprechen. Das sollte von Anfang an in die Projekte einflieรen, genauso wie der Datenschutz.
Fazit
Ich meckere nicht, ich hoffe wirklich, dass die Digitale Agenda schnellstmรถglich Wirkung zeigt. Leipzig muss aus diesem โNeulandโ raus und endlich in die digitale Welt eintreten.
Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe โBรผrgerjournalismus als Sรคchsische Beteiligungsoptionโ โ gefรถrdert durch die FRL Bรผrgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.
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