Natürlich rennt die Zeit. Immer dichter werden die Nachrichten über Dürren, schmelzende Gletscher, Hochwasser, Waldbrände, Orkane. Die Erhitzung der Erdatmosphäre macht sich immer stärker bemerkbar. Und Leipzig ist darauf nicht vorbereitet. Weshalb die Grünen-Fraktion im Dezember Druck zu machen versuchte, indem sie die schleunige Erstellung des Konzepts zur Klimawandel-Folgenanpassung forderte. Aber da fehlt noch was, heißt es jetzt aus der Linksfraktion.
„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis zum IV. Quartal 2023 ein Gesamtkonzept zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels vorzulegen. Dabei ist ein Maßnahmenkatalog mit finanziell untersetzten Handlungsschritten zur Umsetzung ab 2024 vorzusehen, der insbesondere den Umgang mit Extremwetterereignissen wie Dürre und Starkregen, Hitzeperioden sowie die Anpassung von Wasser- und Energieversorgung und grün-blauer Infrastruktur berücksichtigt. Die zuständigen Fachausschüsse des Stadtrats sind bei der Erarbeitung laufend zu unterrichten. Eine Bürger- und Akteursbeteiligung ist vorzusehen“, hatten die Grünen beantragt.
Hitze und Dürre sind schon seit 2018 „normal“
Ein scheinbar überflüssiger Antrag. Denn das steht eigentlich auch schon im 2022 beschlossenen neuen Energie- und Klimschutzprogramm (EKSP).
Das weiß man auch in der Grünen Fraktion. Denn in der Begründung hieß es: „Mit dem Beschluss zum Energie- und Klimaschutzprogramm (EKSP) hat die Stadt einen wichtigen Zwischenschritt zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels geliefert. Dabei wurde die Thematik Klimawandelanpassung mit Verweis auf die Notwendigkeit eines separaten Konzepts im EKSP selbst nicht berücksichtigt; ein separates Klimaanpassungskonzept wird aber angekündigt (Kap. 5.4.8.).
Im Stellenplan 2023/24 ist bereits eine Stelle im Amt für Umweltschutz für das Klimaanpassungsmanagement vorgesehen. Mit dem vorliegenden Antrag soll der konkrete Auftrag an die Verwaltung ergehen, einen Maßnahmenkatalog zur Klimawandelanpassung in Leipzig zu erstellen, der Grundlage für erste Umsetzungsschritte ab 2024 sein soll.“
Eigentlich hätte der schon viel früher entstehen können. Denn seit 2018 leidet Leipzig regelmäßig unter Hitze und Dürre. Aber Verwaltungen arbeiten in einem erschütternd geruhsamen Tempo.
Die Zeit drängt und der Handlungsdruck ist riesig
Die Grünen schrieben dazu: „In Anbetracht der massiven spürbaren Veränderungen des Klimas gerade in den letzten Jahren besteht ein hoher Handlungsdruck. In den Prognosen ist davon auszugehen, dass Extremwetterereignisse zunehmen, die Anzahl an Perioden mit Hitzetagen und Tropennächten kontinuierlich zunehmen wird, sich die Vegetationsperioden verschieben und verlängern und das Thema Wasserversorgung zunehmend auch bei uns ein Thema werden wird.
Langanhaltende Trockenperioden, die Folgen für die Vegetation haben, die Veränderung des Ökosystems, die Zunahme an nicht heimischen Arten werden Folgen haben. Vor diesem Hintergrund formuliert der Antrag den Auftrag, alle Maßnahmen, die zur Anpassung an die sich veränderten Bedingungen des Klimawandels gehören, zeitnah in einem eigenen Konzept zusammenzuführen und dem Stadtrat vorzulegen.
Dabei sollte analog zum EKSP ein Maßnahmenkatalog mit finanziell untersetzten Handlungsschritten erarbeitet werden. Es ist zu prüfen, inwiefern Fördermittel von EU, Bund oder Freistaat für die Erstellung des Gesamtkonzepts beantragt werden können.“
Ohne Förderung kein Konzept
Irgendwie fühlte sich das Amt für Umweltschutz dadurch schon ein bisschen auf die Füße getreten.
„Der Antrag entspricht im Wesentlichen dem Verwaltungshandeln. Die Änderung des Beschlussvorschlages zielt darauf ab, die Erarbeitung eines Maßnahmenkataloges von der Erarbeitung eines Konzeptes klar zu unterscheiden“, betonte das Amt jetzt in seiner Stellungnahme zum Grünen-Antrag. „Die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels wird von der Verwaltung bereits beabsichtigt, allerdings in einem anderen zeitlichen Rahmen.“
Die Stellungnahme aus dem Amt für Umweltschutz.
Und diesen zeitlichen Rahmen erläuterte das Amt für Umweltschutz jetzt erstmals etwas ausführlicher – auch mit der Erklärung, warum das Ganze jetzt bis 2025 dauern soll: „Die Verwaltung hat für die Erstellung eines solchen nachhaltigen Konzeptes mit dem Titel ‚Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Leipzig‘ bereits Anfang des Jahres 2022 einen Förderantrag an die Zukunft Umwelt Gesellschaft gGmbH, resp. das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gestellt. Das Konzept sollte zwischen dem 01.09.2022 und dem 31.08.2024 erstellt werden. Der Antrag wurde allerdings erst am 07.12.2022 für den Zeitraum 01.06.2023 bis 31.05.2025 bewilligt. Damit stehen die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen ab dem 01.06.2023 zur Verfügung, um das Konzept bis zum III. Quartal 2025 zu erarbeiten.“
Aber wenn es erst Ende 2025 ein Konzept geben soll, was geschieht in den zwei Jahren davor? Passiert da gar nichts in Sachen Klimafolgenanpassung?
5 Millionen Euro stehen schon 2024 bereit
Genau das aber wolle die Stadtratsmehrheit nicht. Denn schon im Doppelhaushalt 2023/2024 hat sie genau dafür Geld bereitgestellt.
Das weiß man auch im Amt für Umweltschutz: „Der HH-Antrag A 0044/24 sieht die Bereitstellung von 5.000.000 € im Jahr 2024 für gezielte Maßnahmen der Klimaanpassung vor. Da diese Maßnahmen aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht aus dem erst im III. Quartal 2025 fertig werdenden Gesamtkonzept zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels abgeleitet werden können, hat die Verwaltung bereits geplant, bis Ende des Jahres 2023 einen separaten Maßnahmenkatalog zu erstellen. Dieser wird Maßnahmen enthalten, die im Jahr 2024 umgesetzt werden können und deren Kosten somit im Jahr 2024 haushaltsrelevant werden.“
Die Konzepterstellung lässt sich also – so gesehen – nicht beschleunigen.
Aber das ist dann auch der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat noch zu unkonkret. Nicht wegen des Zeitplans, auch wenn die Linksfraktion den jetzt auch tatsächlich beschlossen haben möchte. Sondern wegen der fehlenden sozialen Aspekte.
Linke: Da fehlt die soziale Komponente
Weshalb die Linksfraktion beantragt: „Der Oberbürgermeister erarbeitet, wie bereits am 13. Oktober 2022 in Beschlusspunkt 8. des Energie- und Klimaschutzprogramms (2030) beschlossen, ein Klimawandelanpassungskonzept, dessen Erarbeitung nun wie folgt konkretisiert wird:
1. Bis zum IV. Quartal 2023 wird ein Katalog mit Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels mit finanziell untersetzten Handlungsschritten zur Umsetzung ab 2024 vorgelegt.
2. Dieser soll insbesondere den Umgang mit Extremwetterereignissen wie Dürre und Starkregen, Hitzeperioden sowie die Anpassung von Wasser- und Energieversorgung und Grün-Blauer Infrastruktur berücksichtigen.
3. Bei der Erarbeitung der Maßnahmen werden auch die sozialen Auswirkungen des Klimawandels auf unterschiedliche Gruppen (z. B. Seniorinnen und Senioren), insbesondere auch aufgrund von ökonomischer Ungleichheit, berücksichtigt.“
In der Begründung des Antrags geht die Fraktion dann auf die immer wieder fehlende Sicht auf die schwächeren Stadtbewohner ein, die sich eben nicht einfach eine Klimaanlage in die Wohnung hängen oder auf ihre Jacht auf dem See flüchten können.
„Die Aufstellung eines Klimawandelanpassungskonzeptes ist bereits Beschlusslage. Der VSP konkretisiert diesen Ratsbeschluss lediglich um eine Zeitschiene“, betont die Linksfraktion. „Außerdem soll ein Mangel des EKSP, die fehlende Betrachtung sozialer Ungleichheit, im Klimawandelanpassungskonzept behoben werden.“
Und dazu gehört eben auch, dass gerade die Geringverdiener in Leipziger Quartieren leben, in denen es an Straßenbäumen mangelt, keine Frischluftschneisen und Grünanlagen existieren. Der Aspekt kommt im EKSP tatsächlich zu kurz. Verständlicherweise, denn die, die es sich leisten können, wohnen ja in den Quartieren direkt am Auwald, wo die Mieten deutlich höher sind, und bekommen von den klimatischen Belastungen in den dicht bebauten Stadtquartieren kaum etwas mit.
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