So ein bisschen muss Leipzigs Verkehrsbürgermeister Thomas Dienberg nun ausbaden, was seine Vorgänger/-innen im Amt jahrelang nicht auf die Reihe bekommen haben. Denn auch nicht umgesetzte Radverkehrsentwicklungspläne bedeuten am Ende einen riesigen Stau von Maßnahmen, die jetzt eigentlich in einem Affenzahn umgesetzt werden müssten, damit Leipzig den Titel „Fahrradstadt“ tatsächlich einmal zu Recht in Anspruch nimmt. Aber Affenzahn ist nicht drin.
Das musste jetzt auch die SPD-Fraktion zur Kenntnis nehmen, die sich ja – nach dem Beschluss zum Klimanotstand im Stadtrat 2019 – verdienstvoll dafür eingesetzt hatte, dass Leipzig kurzfristig ein Aktionsprogramm Radverkehr bekam, in dem einige der Maßnahmen angepackt wurden, die vorher jahrelang liegen geblieben waren. Denn dass mehr Radverkehr zwingend Teil der Leipziger Klimaneutralität sein muss, das hat längst auch die Verwaltung festgestellt.
Auch wenn im neuen Energie- und Klimaschutzplan (EKSP) trotzdem wieder zu wenig Geld für den Radverkehr steht.
Wann kommt endlich das nächste Aktionsprogramm?
Weshalb die SPD-Fraktion sich einmal mehr nach den nächsten kurzfristigen Maßnahmen erkundigte, die den Radverkehr in Leipzig voranbringen könnten.
„Die Neuorganisation des urbanen Verkehrs ist eine zentrale Aufgabe, um sowohl der steigenden Einwohnerzahl als auch den Belangen des Klima- und Umweltschutzes gerecht werden zu können. Neben dem Ausbau des ÖPNV bietet vor allem der Radverkehr große Potenziale, den innerstädtischen Verkehr neu zu gestalten“, schrieb die SPD-Fraktion in ihrer Anfrage.
„Im Ratsbeschluss zum Aktionsprogramm Radverkehr 2021/2022 (VII-DS-00547-NF-01-DS-03) wurde u.a. festgelegt, dass während der Laufzeit ein zweijähriges Folgeprogramm 2023/24 zu konzipieren ist. Dieses Aktionsprogramm 2023/24 befand sich nach Auskunft der Verwaltung zur September-Ratsversammlung noch im internen Abstimmungsprozess. Die Vorlage soll dem Stadtrat nach der Bestätigung in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters zur Beratung und Beschluss zugehen.“
Und dann war SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Zenker geradezu entsetzt, wie kurz angebunden das VTA die Fragen beantwortet hatte.
Nur ein vages Datum nannte die Antwort, bis wann die Stadträte die Liste mit den neuen Maßnahmen bekommen sollen: „Der Abstimmungsprozess der Verwaltung wird mit der Bestätigung der Vorlage in der DB OBM abgeschlossen. Angestrebt ist, dem Stadtrat die Vorlage im I. Quartal 2023 zur Beratung zu übergeben.“
Und nicht einmal Andeutungen gab es, was im neuen Maßnahmenplan stehen könnte: „Die Inhalte können der Vorlage zum Aktionsprogramm 2023/24 und ihrer Bestätigung in der DB OBM nicht vorweggenommen werden.“
Aber eigentlich existiert das Aktionsprogramm schon. Anders als noch im September, als Christopher Zenker das letzte Mal nachfragte und ohne konkrete Auskunft blieb.
„Diese Zeit geben Sie mir bitte“
Doch auch am 18. Januar vertröstete ihn Verkehrsbürgermeister Thomas Dienberg auf das in der Dienstberatung des OBM bestätigte Aktionsprogramm. „Diese Zeit geben Sie mir bitte.“ Da sei dann alles dabei, was Christopher Zenker sich wünsche.
So wie es auch in der schriftlichen Antwort stand: „Der besseren Übersicht wegen werden in der Vorlage neben den dem Aktionsprogramm zuzurechnenden Maßnahmen auch sämtliche anderen Aktivitäten zum Radverkehr für die Jahre 2023-24 nachrichtlich benannt, sodass die Antwort auf diese Frage auch mit der Vorlage erfolgt.“
Nur weiß auch Dienberg noch nicht, wann das Aktionsprogramm in die Dienstberatung kommt. Irgendwann im ersten Quartal, hofft er. Wenn die OB-Runde dann ihr Okay gegeben hat, bekämen es die Ratsfraktionen sofort – samt der Liste der beschlossenen Maßnahmen.
Denn natürlich müssen die auch wieder finanziell unterfüttert werden. Das heißt: Die Gelder müssen im Doppelhaushalt 2023/2024 stehen.
Und so sitzt nicht nur die SPD-Fraktion wie auf glühenden Kohlen.
Denn natürlich sind auch die Erwartungen der Leipziger Radfahrer-Community gewachsen, seit mit dem ersten Aktionsprogramm gezeigt wurde, dass das Leipziger Verkehrsdezernat tatsächlich handlungsfähig ist, wenn es will und sich nicht von Leuten irremachen lässt, die jede sinnfreie Stau-Studie zum Anlass nehmen, die Mobilitätswende in Leipzig grundsätzlich infrage zu stellen. Und meistens genau dann, wenn es wieder mal um sichere Radwege geht.
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