Nach den Medienberichten zur rechtswidrigen Duldung von Falschparkern in Leipzig durch das Ordnungsamt hat die Fraktion Freibeuter im Stadtrat Leipzig einen Antrag gestellt. Mit diesem wird die Erarbeitung eines externen Gutachtens „zur Überprüfung der Handlungsweise des Ordnungsamtes in Bezug auf die Ahndung von Falschparkern“ gefordert. Ob man ein solches Gutachten für zielführend hält, sei dahingestellt. Die Antwort der Stadtverwaltung ist aber jedenfalls interessant.

Der Verwaltungsstandpunkt

Der Verwaltungsstandpunkt zum Antrag der Freibeuter ist, wie zu erwarten, ablehnend, die Begründung der Rechtswidrigkeit darf allerdings angezweifelt werden.

Wie beim Antrag und Beschluss zum Abschleppen von Falschparkern, bezieht sich die Stadtverwaltung allein auf die Tatsache, dass die Kontrolle des ruhenden Verkehrs eine Pflichtaufgabe nach Weisung, gem. § 2 Abs. 3 der Sächsischen Gemeindeordnung ist. Die Zuständigkeit liegt dabei allein beim Oberbürgermeister.

So weit, so richtig.

Der Antrag

Dieser beantragt keinen Eingriff in die Durchführung und Erledigung einer Pflichtaufgabe nach Weisung, sondern eine Überprüfung des Verwaltungshandelns. Es bestehen für den Antragsteller berechtigte Zweifel an der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung durch das Ordnungsamt, bzw. der Antragsteller will die bestehenden Zweifel ausgeräumt haben.

Außerdem befürchtet der Antragsteller eventuelle Klagen gegen das Ordnungsamt. So ist wohl der Passus „Im Sinne der Aufklärung und um eventuellen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zuvorzukommen…“ zu verstehen.
Dieser Passus fordert, meines Erachtens, dass mit der Erarbeitung des Gutachtens Schaden von der Stadt Leipzig, der durch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zumindest medial entstehen würde, abgewendet werden soll.

Dies nun wieder ist eine Aufgabe für Oberbürgermeister und Stadtrat.

Ein scharfes Schwert

Dieses könnte man herausholen und schwingen, legt man den ablehnenden Bescheid der Landesdirektion Sachsen vom 17. November 2020, zum „Beschluss der Ratsversammlung der Stadt Leipzig vom 7. Oktober 2020 auf Antrag der Fraktion Freibeuter zum Abschleppen von verkehrsbehindernd geparkten Kraftfahrzeugen“ (VII-A-00898-NF-02), zugrunde.

Dort heißt es auf Seite 3:

„Dem Gemeinderat ist es somit verwehrt, auf die verwaltungsleitende Tätigkeit des Bürgermeisters einzuwirken, soweit nicht die von ihm festgelegten allgemeinen Grundsatze der Führung der Verwaltung gemäß § 28 Abs. 1 SachsGemO betroffen sind (Vinke in Quecke/Schmid, SachsGemO, Rn. 17 zu § 53). Lediglich beim Auftreten von Missständen in der Gemeindeverwaltung (wofür allerdings keine Anhaltspunkte vorliegen) kann der Gemeinderat für deren Beseitigung durch den Bürgermeister sorgen.“

Die rechtswidrige Duldung von Falschparkern durch das Ordnungsamt kann mit Fug und Recht als Missstand bezeichnet werden. Somit kann, meiner Meinung nach, davon ausgegangen werden, dass die Rechtsaufsichtsbehörde die Rechtmäßigkeit des Antrages bestätigen müsste.

Wird es nun ein Gutachten geben?

Im Punkt 2 der Begründung der Ablehnung wird allerdings ausgeführt: „Der Stadtrat kann dem Oberbürgermeister mit dem Antrag auch nahelegen, er möge im Rahmen seiner Organisationshoheit und Aufsichtspflicht (§ 53 Abs. 1 2. und 3. Fall SächsGemO) sowie als Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der städtischen Bediensteten (§ 53 Abs. 4 SächsGemO) ein externes Gutachten einholen. Eine Rechtspflicht erwächst dem Oberbürgermeister gegenüber dem Stadtrat dadurch allerdings nicht.“

Ist das jetzt eine Plattitüde, oder würde der Oberbürgermeister, bei Nahelegung eines solchen, tatsächlich ein externes Gutachten erstellen lassen?

Weiteres aus dem Verwaltungsstandpunkt

Der Vorwurf der Duldung von Falschparkern wird u.a. mit einer Stellungnahme der Landesdirektion Sachsen zu einer „Fachaufsichtsbeschwerde wegen der Untätigkeit und Duldung von Gehwegparken der Stadt Leipzig“ zurückgewiesen.

Wer diese Stellungnahme liest, wird schnell feststellen, dass dort etwas steht, was die Duldung nicht ausschließt.
„Hinsichtlich der Ahndung entsprechender Regelwidrigkeiten entscheidet nach dem für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten geltendem Opportunitätsprinzip (§47 Absatz 1 OwiG) die jeweilige zuständige Behörde – hier das Ordnungsamt der Stadt Leipzig – im Rahmen des ihr zustehenden Entschließungs- und Auswahlermessens, ob und in welchem Umfang festgestellte oder angezeigte Verstöße geahndet werden.“

Einschließlich des nachfolgenden Textes, mit Weitergabe an zuständige Dienstgruppen und entsprechender Lagebeurteilung bei der Einsatzplanung, ist im Ergebnis möglich, dass Gebiete dauerhaft von der Überwachung ausgenommen werden. Das wären dann die Duldungsgebiete.

Dieses Schreiben der Landesdirektion beweist nicht, dass keine Duldungsgebiete existieren. Es erfolgte auch keine Prüfung dieses Umstandes.

Fazit

Ich nehme an, dass die Freibeuter den Antrag zur Abstimmung stellen und ihn auch gut begründen. Wie sich die anderen Fraktionen verhalten, ist natürlich ungewiss. Genauso stellt sich die Frage, ob der Oberbürgermeister bei einer Abschwächung, also „wir legen dem Oberbürgermeister nahe“, handeln wird.

Warten wir ab.

Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar