Es war von Anfang an ein scheinheiliger Antrag, den die AfD-Fraktion im Leipziger Stadtrat schon im Mรคrz stellte, wenige Wochen nach Putins Angriff auf die Ukraine. Oberbรผrgermeister Burkhard Jung (SPD) sollte sich dafรผr einsetzen, dass vom Flughafen Leipzig/Halle โ€žweder Gruppen von Soldaten noch fรผr das Krisengebiet bestimmtes militรคrisches Material oder militรคrische Ausrรผstungโ€œ in die Ukraine gelangen dรผrften. Und das verkaufte die AfD dann auch noch als โ€žLuftdrehkreuz des Friedensโ€œ. Das fand nicht nur CDU-Stadtrat Michael Weickert scheinheilig.

CDU-Stadtrat Weickert attestiert AfD Tรคter-Opfer-Umkehr

In seiner rhetorisch ausgefeilten Rede ging Weickert nicht nur auf die demagogischen Schrรคgheiten in der Einfรผhrungsrede von AfD-Stadtrat Siegbert Droese ein, sondern nahm den gesamten AfD-Antrag in seiner schรคbigen Logik auseinander. Er zitierte sogar SPD-Urgestein Helmut Schmidt mit seiner Aussage, dass jemand, der den inneren Frieden nicht halten kรถnne, auch fรผr den รคuรŸeren Frieden nicht infrage kรคme. Und er attestierte der AfD eine verbale Tรคter-Opfer-Umkehr, welche ja bis heute die AfD-Rhetorik in Bezug auf den russischen Angriffskrieg bestimmt.

Die Verwaltung hatte in ihrer Stellungnahme gar nicht erst inhaltlich argumentiert, denn die Stadt Leipzig hat als Minderheitsaktionรคr mit 2,1 Prozent Anteil an der Mitteldeutschen Flughafen AG รผberhaupt nicht den Einfluss, in irgendeiner Weise zu bestimmen, was auf dem Flughafen Leipzig/Halle fliegen darf.

Wenn NATO und Bundeswehr den Flughafen brauchen, dรผrfen sie fliegen

โ€žZusรคtzlich ist der Flughafen Leipzig/Halle als Verkehrsflughafen des allgemeinen Verkehrs genehmigt. Verkehrsflughรคfen sind grundsรคtzlich Teil der รถffentlichen Infrastruktur der Bundesrepublik Deutschland. Analog zu Bundesautobahnen und dem รถffentlichen StraรŸen- und Schienennetz, kann diese Infrastruktur auch durch die Bundeswehr beziehungsweise durch NATO- und EU-Truppen genutzt werdenโ€œ, betonte die Verwaltung trotzdem.

โ€žDer Anteil von Flรผgen mit militรคrischem Hintergrund am Gesamtverkehr (76.008 Starts und Landungen) betrug 2021 0,13 Prozent (96 Flugbewegungen). Der Flughafen Leipzig/Halle wird vordringlich fรผr die zivile Nutzung genutzt.โ€œ

Wobei 2021 wirklich nicht der MaรŸstab ist. Die Unterstรผtzungsflรผge mit militรคrischer und ziviler Ausrรผstung fรผr die Ukraine haben ja erst 2022 deutlich zugenommen.

Aber hier geht es um Hilfe und um Vรถlkerrecht. Und wie FDP-Stadtrat Sven Morlok betonte, um die notwendige Unterstรผtzung fรผr ein Land, das vรถlkerrechtswidrig รผberfallen wurde.

Dass die AfD-Fraktion ausgerechnet kurz nach dem Angriff auf die Ukraine so eine โ€žfriedenspolitische Initiativeโ€œ startete, erzรคhlt eigentlich eher von Demagogie und nicht von Friedenslinie. Was dann Linken-Stadtrat Volker Kรผlow unterstrich, der sich โ€“ auch Weickert gegenรผber โ€“ dagegen verwahrte, bei der Friedenspolitik mit der AfD in einen Topf geschmissen zu werden. Denn die Antrรคge der Linkspartei zur militรคrfreien Nutzung des Flughafens stammen aus der Zeit vor dem russischen รœberfall auf die Ukraine.

Und Weickert hat natรผrlich recht, dass ausgerechnet in dem Moment, in dem die Ukraine Unterstรผtzungsflรผge aus Leipzig braucht, von einem Verbot solcher Flรผge zu reden, โ€žnaiver Pazifismusโ€œ ist. In einer Welt, in der Diktatoren nur zu gern Kriege vom Zaun brechen, wenn sie glauben, der Gegner sei militรคrisch schwach, kann man mit Appeasement-Politik nicht gewinnen.

Dann bleibt das Motto โ€žFrieden schaffen ohne Waffenโ€œ ein Traum. Kriegsherren verstehen diese Sprache nicht.

Weshalb Kรผlow fรผr die Linksfraktion auch betonte, dass man den AfD-Antrag rundweg ablehnen werde. Und er die AfD sowieso nicht fรผr eine friedliche Partei halte. In keiner anderen Partei seien anteilig so viele Militรคrs und ehemalige Bundeswehroffiziere. Da sei die Friedensrhetorik schlichtweg unglaubwรผrdig.

Und dass dann AfD-Stadtrat Tobias Keller auch noch die Revolutionรคr-Karte spielte und von den Zeiten redete, als er mit einem โ€žSchwerter zu Pflugscharenโ€œ-Aufnรคher die Mรคchtigen in der DDR รคrgerte, machte nur zu deutlich, dass man die Brisanz des Ukraine-Krieges in der AfD nicht begriffen hat. Der nun einmal auch auf die europรคischen Demokratien zielt, wie Sven Morlok betonte.

Logisch, dass bis auf die elf anwesenden AfD-Stadtrรคte niemand dieses Ansinnen unterstรผtzte und der Antrag zur Hilfeverweigerung fรผr die Ukraine mit 11:49 Stimmen abgelehnt wurde.

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Leipzig bleibt nicht friedlich. Die Entscheidung der Sitzung vom 23. 06.21 ist im Stadtrat wohl schon vergeรŸen, genauso wie das Julkesche Gedรคchtnis zum zugehรถrigen Artikel. Heuchler, scheinheilig โ€“ und zwar alle, logisch.
Passend: โ€œIch kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutscheโ€, oder aktuell โ€œIch kenne keine kritische Medien mehr, ich kenne nur noch Multiplikatorenโ€. Naiver Militarismus halt.
Zum SchluรŸ, immer und gerne wieder: โ€œFCK AFDโ€, die sonst auch keine Probleme hat mit Aufrรผstung und Militarisierung.
Peace out

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