70 Straßenzüge hat die Initiative Verkehrswende Leipzig gesammelt, auf denen in Leipzig das Falschparken geduldet wird. Auch wenn Ordnungsdezernat und Ordnungsamt die Existenz solcher Duldungen abstreiten. In der Vergangenheit waren es noch viel mehr Straßen, in denen schlichtweg nicht mehr kontrolliert wurde, bis Anwohner, Bürgervereine oder Umweltverbände Alarm schlugen.
Dazu gehören etwa Straßenzüge in Anger-Crottendorf oder die Bothestraße in Eutritzsch, wo das Ordnungsamt dann mit „Höflichkeitszetteln“ einschritt und die wild parkenden Autobesitzer daran erinnerte, dass die Straßenverkehrsordnung auch dort gilt. Augenscheinlich ein Papier, das Autofahrer regelrecht ignorieren. Wo überall das Parken nicht erlaubt ist, ist dort in § 12 sehr detailliert ausgeführt.
Und das gilt auch für die Ordnungsamtsmitarbeiter/-innen, die die Einhaltung der Parkordnung in „pflichtgemäßem Ermessen“ zu kontrollieren haben. Ihr Ermessen endet aber genau dort, wo die StVO das Parken grundsätzlich untersagt. Dort haben sie zu kontrollieren und zu ahnden. Gehwege, auf denen das Parken durch ein entsprechendes Verkehrszeichen nicht erlaubt ist, sind generell fürs Parken tabu.
Und das weiß man auch im Ordnungsamt. Bevor man 2021 sich in Anger-Crottendorf endlich aufmachte, ein einigermaßen ordentliches Parkregime durchzusetzen, hat man das auch in einem Teil von Reudnitz getan, wo jahrelang zwölf Straßen bekannt dafür waren, dass hier das Falschparken vom Ordnungsamt geduldet wurde.
Dazu gehörten die Carpzovstraße, die Max-Pommer-Straße, die Wolfshainer Straße, die östliche Kurt-Günther-Straße, der Nobbeweg und die Knaurstraße. 2019 wurde hier – testweise – die Duldung aufgehoben. Grund dafür: Die Autos parkten zwar teilweise auf dem Gehweg, trotzdem blieb nicht mal genug Platz auf der Fahrbahn, dass die Feuerwehr durchgekommen wäre.
Aber trotz der Vorstöße in Reudnitz, Anger-Crottendorf und zuvor schon in Schleußig, ist das Problem weiterhin in deutlich mehr als den von Verkehrswende Leipzig kartierten Straßenabschnitten virulent.
Die eingeblendete Liste enthält rund 90 Straßen bzw. Straßenabschnitte, in denen das Gehwegparken geduldet wird. Und auch diese Liste ist nicht vollständig, denn wo es tatsächlich Duldungen gibt, das erfahren die Leute, die das Ausmaß dieser Nicht-Kontrolle erfassen wollen, nur, wenn sie selbst vor Ort gehen, mit Anwohnern sprechen oder gar mit gesprächsbereiten Bediensteten des Ordnungsamtes.
Offiziell gibt es natürlich weder Duldungen noch Listen von Duldungen. Weshalb es Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal augenscheinlich leichtfällt, immer wieder zu behaupten, es gäbe keine Duldungen.
Und das sind nur die Duldungen für das Gehwegparken, das nur dort wirklich erlaubt ist, wo es ein entsprechendes Verkehrszeichen gibt.
Nächstes Thema: Kreuzungen
Aber das Dunkelfeld ist noch viel größer, das wissen vor allem die Fußgänger, Kinderwagenschieber, Ältere mit Rollator und Menschen im Rollstuhl. Denn rechtswidrig geparkt wird auch an und auf zahlreichen Kreuzungen.
Und zwar auch dann, wenn die Fahrzeuge des Ordnungsamtes hier regelmäßig durchkommen und die Parkverbotszone frisch mit weißen Balken gekennzeichnet ist. Dann wird der Vorgang weder amtlich aufgenommen, noch wird der Abschleppdienst gerufen, um die ordnungswidrig abgestellten Fahrzeuge abzuschleppen.
Denn hier wird nicht nur Verkehr behindert, sondern diese Parkweise ist verkehrsgefährdend. Und sie behindert vor allem die schwächeren Verkehrsteilnehmer massiv.
Dasselbe gilt für Straßen, die viel zu schmal sind zum beidseitigen Parken – wie die Palmstraße in Reudnitz (oben im Bild). Hier kommt die Feuerwehr im Ernstfall nicht mehr durch.
Aber auch dazu braucht es dann wieder Bürger mit Zeit und Nerven, die all diese Tatbestände erfassen und in einer Karte sammeln.
Auf die derzeitigen Mitarbeitenden im Ordnungsamt muss man dabei nicht zählen. Die stecken in einer Weisungskette fest, in der sie ganz und gar nicht in eigenem, „pflichtgemäßen Ermessen“ entscheiden können, ob sie Falschparker nun abschleppen lassen oder nicht.
Auch ein Anschreiben an die Fachaufsichtsbehörde, die Landesdirektion, hilft nicht weiter, wie wir aus der LVZ vom 29. November erfahren konnten. Denn die Landesdirektion nimmt es als gegeben, dass die „personellen Ressourcen“ im Ordnungsamt nicht ausreichen.
Ein Thema, zu dem wir an dieser Stelle noch kommen werden. Denn das Argument stimmt nicht. Das Personal wurde sogar aufgestockt, während die Zahl der erfassten Ordnungsverstöße sank.
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