Nicht nur die Klimakrise hält uns mittlerweile im Griff. Auch der Verlust der Artenvielfalt ist längst überall zu spüren. Bzw. nicht zu spüren. Denn wenn die Tiere aus unsere Umgebung verschwinden, wird es still, zieht eben eine Totenstille ein, die in einer Stadt wie Leipzig nur vom Verkehrslärm übertönt wird. Doch so richtig euphorisch hat Leipzigs Verwaltung ja nicht auf den Linke-Antrag zu einem konsequent angewendeten „Animal Aided Design“ reagiert.

Dieser Antrag kommt in der heutigen Ratsversammlung endlich zur Abstimmung, wie die Linksfraktion etwas grimmig anmerkt, denn gestellt hat sie ihn schon im April. Und es ist beim Artenverlust wie bei der Klimakrise: Längst schon zählt jedes Jahr, jeder Monat, jede Woche, mit denen das Ruder herumgerissen wird und auch eine Stadt wie Leipzig endlich konsequent Klima- und Artenschutz betreibt und in Verordnungen verankert.

Doch auch diesmal verhindern, wie es das Stadtplanungsamt im November formulierte – Gesetze im Weg, die in einem anderen Zeitalter für eine Gesellschaft geschrieben wurden, in der mit allen Ressourcen umgegangen wurde, als könnten sie unendlich nachgeliefert werden. Dazu zählen auch Böden, Grünflächen, Habitate für Tiere.

Doch die Bundesgesetzgebung ist da noch keinen Schritt weiter, die Baugesetzgebung entsprechend zu ändern. Denn sie prallt immer wieder am Primat derer ab, denen Grund und Boden gehören und die darauf (fast) alles machen dürfen, was ihnen billig erscheint.

Der Verwaltungsstandpunkt zum Antrag zum Animal Aided Design.

Keine Verpflichtung ist in Deutschland derart durchlöchert und saftlos gemacht wie die Formel „Eigentum verpflichtet.“

Aber genau das funktioniert nicht mehr, wenn Städte unter Klimastress geraten und der Platz für Flora und Fauna mit jedem Neubau schrumpft.

Wo bleibt der Platz für Tiere in der Stadt?

Weshalb die Linksfraktion ihren Antrag „Ein Zuhause für Biene Maja und Karl den Käfer – Animal Aided Design (AAD) zum Standard machen“ stellte. Der eben eine Grundbedingung in die Stadtplanung einführen sollte, die bislang in den Bauvorschriften nicht verankert ist.

„Unser Ziel ist es, die Bedürfnisse von stadtwohnenden Tieren von Anfang an in die Stadt-, Landschafts- und Freiraumplanung mit einzubeziehen. Nur so können wir uns als Stadt nachhaltig entwickeln“, formuliert es die Linksfraktion.

„Dass Leipzig wächst, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Mehr Einwohner/-innen benötigen natürlich auch mehr Wohnraum, Kitas, Schulen etc. Dass mehr Platz für Menschen zwangsläufig weniger Raum für wildlebende Tierarten bedeutet, ist aber kein Naturgesetz.“, erklärt nun kurz vor der Abstimmung zu diesem Antrag Michael Neuhaus, Sprecher für Umwelt der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat.

Doch Bürgerinitiativen, die um bislang begrünte Brachen und Baulücken gekämpft haben, scheiterten immer wieder an einer Stadtverwaltung, die zuweilen sogar vorauseilend Fällgenehmigungen – wie am Wilhelm-Leuschner-Platz – erteilte und im Nachhinein meinte, es gäbe in der Umgebung genug Möglichkeiten für die heimatlos gewordenen Tiere, dorthin auszuweichen.

Schwindende Freiräume

„Freie Baulücken sind zu Raritäten geworden. Private Investorinnen und Investoren spekulieren mit Grundstücken und Gebäuden, und in der Hoffnung auf satte Profite wird in einem Eiltempo modernisiert und saniert – ohne Rücksicht auf Verluste“, fasst es die Linksfraktion zusammen.

„Wer baut, sollte aber gleichzeitig die Verantwortung für den Erhalt biologischer Vielfalt tragen. Dass das funktioniert, hat der Bebauungsplan für die Parkstadt Dösen gezeigt. Für verschiedene Arten wie den Grünspecht, die dunkelfransige Hosenbiene und den Wiesenknopf-Bläuling wurden eigene Steckbriefe erarbeitet und Elemente für die Befriedigung ihrer Ansprüche entwickelt. Als Fraktion hatten wir gehofft, dass das AAD nach dem Beschluss zum Standard werden würde. Diese Hoffnung wurde nicht erfüllt.“

Recht ausführlich hat das Stadtplanungsamt in seiner Stellungnahme erklärt, welche rechtlichen Rahmenbedingungen die Einführung eines grundsätzlichen Animal Aided Designs in Leipzig verhindern. Es sieht also ganz so aus, dass der Kompromissvorschlag der Verwaltung am heutigen 14. Dezember die Mehrheit in der Ratsversammlung finden könnte, der zumindest Prüfung und Berücksichtigung zusagt.

Also statt des von der Linksfraktion gewünschten „Bei allen Bauvorhaben der Stadt Leipzig und seiner Unternehmen wird der Planungsansatz ‚Animal Aided Design‘ angewendet.“ Nur ein „Bei Ausgleichsmaßnahmen im Zusammenhang mit Bauvorhaben der Stadt Leipzig und ihrer Unternehmen wird der Planungsansatz ‚Animal Aided Design‘ geprüft.“

Aber für Michael Neuhaus ist das in der Zeit eines immer offenkundigeren Artensterbens, das auch um Sachsen und Leipzig keinen Bogen macht, viel zu wenig. Denn das alte Denken, der „Natur“ dann irgendwo außerhalb der Stadt einen „Ausgleich“ zu verschaffen, wenn man die Habitate in der Stadt selbst zerstört hat, funktioniert nicht.

Sondern wird eher zu einem Kuhhandel, bei dem eine ökologisch wertvolle Fläche gegen eine andere getauscht wird, während die innere Stadt trotzdem immer mehr zur verbauten Wüste wird.

„Wir müssen weg von einer Stadt- und Bauplanung, die immer nur versucht, Schäden an der Natur auszugleichen und hin zu einer Planung, welche die Vielfalt der Tierarten aktiv fördert und die Lebensraumansprüche der Tiere standardmäßig mitdenkt“, sagt Neuhaus.

„Es gilt das Verursacherprinzip: Wer baut, muss dafür sorgen, dass auch Biene Maja und Karl der Käfer weiterhin ein Zuhause finden.“

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