Das Thema des im Stadtgebiet überall geduldeten Falschparkens wird die Ratsversammlung nicht mehr loslassen. Immer mehr Leipziger/-innen haben die Nase voll von zugeparkten Gehwegen, zugestellten Rettungswegen und Zufahrtsstraßen, durch die die Feuerwehr nicht mehr durch kommt. Und die „Anweisungen von oben“ ziehen auch nicht mehr als Ausrede, wenn Ordnungsamtsmitarbeiter auf der Straße auf die Duldung der Verstöße angesprochen werden.

In der nächsten Ratsversammlung wird jetzt eine Einwohneranfrage von Katja Roßburg auf der Tagesordnung stehen. Denn dass es keine amtliche Duldung von Parkverstößen geben kann, hat sich inzwischen herumgesprochen. Und ebenso, dass die Mitarbeiter/-innen des Ordnungsamtes inzwischen aufgefordert wurden, nicht mehr von Duldung zu sprechen, wenn sie von Bürgern auf ihr offensichtliches Nicht-Ahnden angesprochen werden.

Aber die Floskeln, die sie inzwischen nutzen müssen, sind auch nicht besser. Vor allem verweisen sie darauf, dass sich die einfachen Bediensteten auf der Straße diese „Duldungen“ nicht selbst ausgedacht haben.

„Es fällt auf, dass in manchen Straßen(abschnitten) in Leipzig das verbotswidrige Parken auf Gehwegen durch das Ordnungsamt (OA) der Stadt Leipzig nicht geahndet wird. In der Vergangenheit haben in Gesprächen mit Bürger/-innen Bedienstete der Verkehrsüberwachung im Außendienst wiederholt sowohl von der Existenz von Duldungen des Gehwegparkens als auch entsprechender ‚Anweisungen von oben‘ gesprochen. Dieser Wortgebrauch wurde den Bediensteten untersagt, wie das OA in seiner Antwort auf Einwohneranfrage VII-EF-07564-AW-01“, stellt Katja Roßburg in ihrer Einwohneranfrage fest.

Geduldete Zustände?

„Auch das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA), Abteilung Straßenverkehrsbehörde/ Verkehrsmanagement schrieb u. a. auf Anfragen aus der Bürgerschaft zur Situation in der Eutritzscher Arthur-Hausmann-Straße davon, dass das OA das verbotswidrige Gehwegparken dort geduldet hat. Im Gespräch zur Parksituation Bothestraße in der Sitzung des SBB Nord am 03.11.2022 wies der anwesende Fußverkehrsverantwortliche darauf hin, dass bisher keine Sanktionen seitens des OA erfolgt seien und die Situation lange Zeit geduldet worden sei, sodass daraus von den Verkehrsteilnehmer:innen Gewohnheitsrecht abgeleitet wurde“, zählt Katja Roßburg auf.

Doch in einigen der öffentlich diskutierten Straßen reagiert das Ordnungsamt mittlerweile. Da gibt es erst einmal freundliche Hinweisschreiben des Ordnungsamtes an die Halter der falsch abgestellten Fahrzeuge, die augenscheinlich erstaunliche Wirkung zeigen.

„Außerdem fällt auf, dass es beim OA offensichtlich eine regelmäßige Verfahrensweise für die Aufhebung der angeblich gar nicht existierenden Duldungen gibt: Zunächst werden sog. ‚Höflichkeitszettel‘ mit dem Stadtwappen verteilt“, merkt Katja Roßburg an.

„Mit diesen Zetteln werden Autofahrer/-innen auf ihren Parkverstoß aufmerksam gemacht und darüber informiert, dass man annehme, dieser Verstoß sei aus Unwissenheit erfolgt, weshalb man diesmal von einer Verwarnung absehe. Erst nachdem derartige Höflichkeiten eine Weile verteilt wurden, beginnt das OA Falschparker/-innen in den nunmehr ehemaligen Duldungsgebieten tatsächlich zu verwarnen. So wurde es beispielsweise praktiziert in der Neumannstraße, der Stünzer Straße, der Gotzkowskystraße, der Luckaer Straße, der Erich-Zeigner-Allee, der Hartmannsdorfer Straße sowie der bereits erwähnten Arthur-Hausmann-Straße und Bothestraße (alles frühere Duldungsgebiete).“

Die Praxis widerspricht also den Aussagen der Stadtverwaltung, die immer wieder auf ein „pflichtgemäßes Ermessen“ der Bediensteten verwiesen hatte, obwohl es diese Ermessensspielräume sichtlich nie gegeben hat.

Keine schriftlichen Weisungen?

„Dennoch hat die Verwaltung bereits mehrmals auf Einwohneranfragen (u. a. VII-EF-07251-AW-01, VII-EF-07543-AW-01), die zum Thema ‚Duldung des verbotswidrigen Gehwegparkens durch das Ordnungsamt der Stadt Leipzig‘ gestellt wurden, mitgeteilt, es gäbe weder derartige Duldungen noch entsprechende ‚schriftliche‘ Anweisungen an das Personal“, stellt Katja Roßburg fest.

„Daraus ergeben sich folgende Fragen mit der Bitte um schriftliche Beantwortung“, schreibt Katja Roßburg:
„1. Wie kommt es zu derartigen Diskrepanzen in den Aussagen verschiedener Dezernate/Ämter der Verwaltung der Stadt Leipzig?
2. Gibt oder gab es mündliche Anweisungen an das Personal des OA, das verbotswidrige Parken auf Gehwegen zu dulden?
3. Wenn es diese durch die Verwaltung bislang geleugneten Duldungen doch gibt, wer trägt die politische Verantwortung dafür, dass in den Antworten auf die oben genannten Einwohneranfragen Stadtrat und Öffentlichkeit mehrfach belogen wurden; und wird geprüft, ob dafür auch Verwaltungspersonal arbeits- und dienstrechtlich zur Verantwortung herangezogen werden?“

Da kann man gespannt sein, welche Pirouetten Leipzigs Verwaltung in der nächsten Beantwortung dieser Fragen dreht.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar