Die Ablehnung ist freundlich, aber deutlich. In Leipzig wird es keinen Bestattungswald geben, wie ihn sich AfD-Stadtrat Marius Beyer wünscht. Normalerweise hätte er als Stadtrat einen ganz normalen Antrag stellen können. Aber stattdessen schrieb er eine Petition mit salbungsvollen Worten. Auch ein bisschen Naturverbundenheit kam darin vor, auch wenn Bestattungswälder alles Mögliche sind, nur nicht wirklich umweltverträglich.
„Die Beisetzung in einem Friedwald (auch Bestattungs-, Ruhe- oder Begräbniswald) ist eine natürliche und würdevolle Alternative zu den bislang gewohnten Bestattungsorten“, meinte der AfD-Stadtrat, der hier augenscheinlich einige Jahre hinter der Zeit zurückgeblieben ist.
„Das Konzept ist unabhängig von Konfessionen und frei von sozialen/ gesellschaftlichen Zwängen. Mitten im Wald ruht die Asche von Verstorbenen in biologisch abbaubaren Urnen unter Bäumen. Eine kleine Namenstafel kann – je nach Betreiberkonzept – auf die jeweilige Grabstätte aufmerksam machen. Grabpflege im klassischen Sinne gibt es nicht – die übernimmt die Natur.“
Ja, könnte man an dieser Stelle sagen. Oder auch: Die Natur muss mit den Schäden irgendwie fertigwerden. Beziehungsweise der Wald, in dessen Wurzelwerk hier immer wieder eingegriffen wird.
Wikipedia merkt die angerichteten Schäden zumindest an: „Im Unterschied zur Praxis auf Friedhöfen, Beisetzungen möglichst außerhalb des Kronentraufbereichs durchzuführen, wird in Bestattungswäldern direkt im durchwurzelten Bodenhorizont beigesetzt. Besonders umstritten sind diese Eingriffe in Wäldern, die nach der FFH-Richtlinie geschützt sind. Beanstandet wird zudem die Ausräumung des Totholzbestandes sowie dadurch ausgelöste Biotopverschlechterungen, unter anderem für Spechte und Waldpilze.“
Denn natĂĽrlich ist das, was sich da so friedlich gibt, ein erheblicher Eingriff in den Wald.
Weshalb die Stadt Leipzig für diese Idee auch nichts übrig hat – auch kein Waldstück. Dazu stehen Leipzigs Wälder schon durch andere Umwelteinflüsse viel zu sehr unter Stress.
Und wer dennoch unter Bäumen ruhen möchte, kann das auch auf Leipziger Friedhöfen.
„Die Bestattungskultur in Leipzig ist von den traditionellen Familiengrabstätten unterschiedlichster Form, in Verbindung mit der Feuerbestattung, die seit den 1980er Jahren bei über 90 % der Sterbefälle liegt, geprägt. Zunehmend werden pflegefreie Grabformen, welche die Trauer und das Gedenken ermöglichen, in Anspruch genommen. Dies sind auf den städtischen Friedhöfen Kolumbarien und Naturbestattungen“, betont das Amt für Stadtgrün und Gewässer, da Marius Beyer auch mit der „nicht unerheblichen Belastung“ der Hinterbliebenen argumentiert hatte.
Aber so richtig geht das Argument nicht auf, wie die Verwaltung feststellt.
Und wer wirklich fragt, erfährt auch von den Naturbestattungen, die auf Leipzigs Friedhöfen schon lange möglich sind:
„Die Stadt Leipzig bietet seit 2009 Naturbestattung an Familienbäumen auf dem Südfriedhof und dem Ostfriedhof an. Diese Angebote werden regelmäßig nachgefragt, da zusätzlich zum Naturgedanken, mit der Beisetzung der Urne an einem Baum, der Trauer durch eine angemessene Gestaltung und Erinnerung durch Namenstafeln Rechnung getragen wird. Die Grabanlagen werden kontinuierlich erweitert. -Damit kann das mit dem Bestattungswald verbundene Angebot auf den weitläufigen und naturnahen städtischen Friedhöfen, in Kombination mit der Infrastruktur der Friedhöfe (Anbindung an den ÖPNV, vorhandene Wegeerschließung, etc.) abgedeckt und den bestehenden Bedarfen entsprochen werden.“
Marius Beyer meldete also einen Bedarf an, den es so in Leipzig gar nicht gibt bzw. der durch die Angebote auf städtischen Friedhöfen längst abgedeckt ist. Womit auch die Wälder in der Stadt geschont werden, die längst schon durch menschliche Übernutzung leiden.
Logisch, dass der Petitionsausschuss folgert: „Die Petition wird abgelehnt.“
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> “der AfD-Stadtrat, der hier augenscheinlich einige Jahre hinter der Zeit zurĂĽckgeblieben ist.”
L-IZ – Sprech vom Feinsten. Mitten in einem Artikel, der eigentlich weder Kommentar noch Glosse, sondern Bericht aus dem Stadtratsgeschehen ist.
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Am Wochenende war ich erst bei einer Beerdigung auf einem so genannten Friedwald im Dresdner Umland. Die älteren Bäume sahen alle sehr ungestresst aus, und dort wo die Angehörige begraben wurde, begannen gerade Ahornpflanzungen relativ junger Bäume. Ein Konzept, was ich zum ersten Mal erlebte, was bei vielen der über 30 Anwesenden für Interesse und Neugier sorgte, und was laut verschiedenen Artikeln diverser Medien auch überall in Deutschland prosperiert.
Aber in Leipzig hat es halt die AfD vorgeschlagen – dumme Sache, fĂĽr die Sache.