Eine Wahl ist letztlich nur der Beginn einer erfolgreichen Amtszeit. Diese hat Frau Dr. Martina Münch (SPD) am 12. Oktober 2022 dem versammelten Rat der Stadt Leipzig für ihre ersten und letzten sieben Bürgermeisterjahre als neue Sozialdezernentin versprochen. Unterstützt wurde sie im Vorfeld von manchen ihrer zukünftigen Amtsleiter/-innen in einem Offenen Brief. Bei den Glückwünschen für Münch nach einer knappen Wahl allerdings konnte man weitere Zweifel an ihrem Interesse, Sozialdezernentin Leipzigs sein zu wollen, bekommen.

Die Verwirrungen nahmen ursächlich mit der ersten, am 14. September 2022 negativ verlaufenen Wahl von Martina Münch, ihren Lauf. Zweifel an der Eignung der Kandidatin wurden laut, die Grünen-Fraktion erklärte öffentlich, warum sie die Cottbusserin nicht gewählt und sich in der Findungskommission enthalten hatte.

„Um Legendenbildungen zu vermeiden“, wie Fraktionschef Tobias Peter der LZ noch am 14. September direkt nach der gescheiterten Wahl mitteilte. Denn der Vorwurf, man habe hier irgendwie mit der AfD paktiert, machte rasch die Runde.

Also rechneten die Grünen vor, dass es ihrer Zustimmung zur Wahl der neuen Bürgermeisterin für Soziales, Gesundheit und Vielfalt angesichts der Sitze von Linken, CDU und SPD nicht bedurfte. Damit trat gleichzeitig zutage, dass sie der Sozialdemokratin und Ex-Bildungsministerin Brandenburgs (bis 2019) das Amt nicht zutrauten und wohl auch weiterhin gegen sie votieren würden.

Gleichzeitig wurde klar, dass Martina Münch, wie auch schon Torsten Bonew einst, mit dem Geruch ins Amt kommen würde, solange gewählt geworden zu sein, „bis es passte“. Was, schaut man auf die Legislaturen Torsten Bonews (CDU), nicht das eigentliche Problem sein muss.

Allerdings wählte hier der Stadtrat einen diplomierten Bankbetriebswirt letztlich doch zum Finanzbürgermeister, während die studierte Medizinerin Münch nun ab Dezember 2022 das Sozialdezernat Leipzigs übernimmt.

Im Hintergrund jedoch mutmaßten SPD-ler seither eine Art Kraftmeierei der Grünen-Fraktion, bis hin zum Bruch Leipziger Kontinuitäten oder dem indirekten Signal, aufgrund der gewachsenen Fraktion eigentlich eine grüne Bürgermeisterposition mehr zu beanspruchen, gingen die Gerüchte.

Als am 10. Oktober 2022 dann auch noch ein anonymer Offener Brief in der LZ erschien, schossen die Vermutungen endgültig ins Kraut.

Von quasi grünen Argumenten im Schreiben war die Rede, „politisch gesetzt“ sollte später nach Meinung von Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning (SPD) das Ganze gewesen sein.

Gleichzeitig setzte man selbst seitens der SPD eine Art politische Antwort, indem am 11. Oktober ein Schreiben mit sich bekennenden Verwaltungsmitarbeiter/-innen pro Münch über eine offizielle Verwaltungsadresse der Stadt versandt wurde. Und am 12. Oktober 2022 von vielen bekannteren Leipziger SPD-Mitgliedern umgehend via Twitter verbreitet wurde.

Schon vor und nach der Wahl kämpften die einen gegen den Reputationsschaden Münchs durch den ersten, gescheiterten Durchgang an, während die Kritiker/-innen nicht verstummten.

Blieb also nach der Wahl das Bild, dass sich Mitarbeiter/-innen, die wohl eher nicht zur Leitungsebene gehören, lieber anonym über die neu angesetzte Wahl und den Eindruck äußerten, den sie von der Bewerbung Martina Münchs hatten.

Und sich Teile der Führungsebene des Sozialdezernates wie die Gleichstellungsbeauftragte Genka Lapön, ihre Referentin Kathrin Darlatt, Frau Martina Kador-Probst (Amtsleiterin Sozialamt) und Stefan Adams, als Abteilungsleiter Soziale Wohnhilfen im Sozialamt am Abend des 11. Oktober an die Seite der Kandidatin stellten.

Ob es für sie, die sie damit offen um die Wahl ihrer neuen Sozialdezernats-Chefin baten, nur ein Lapsus war, was sich dann am 12. Oktober bei der Gratulation durch Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke an Martina Münch abspielte?

Als Jennicke auf Martina Münch zutritt, stellt sie sich mit „ich bin Frau Dr. Jennicke, Dezernat 4“ vor und erläutert auf Nachfrage Münchs, welches Dezernat dies sei, „Kultur“. Die Antwort Münchs: „Das hätte ich auch gern gemacht, war aber leider nicht frei.“

Was bei der promovierten Diplomdramaturgin Jennicke zu einem sichtbaren, kleinen Moment des peinlichen Lächelns wurde, ist letztlich die Bedienung eines Ressentiments durch Münch, dass offenbar auch für sie Bürgermeister/-innen-Positionen in einer Großstadt wie Leipzig von keinerlei inhaltlicher Sachkenntnis getrübt sein müssen.

Bleibt also abzuwarten, was demnächst im Sozialdezernat unter der neuen Leitung von Dr. Martina Münch geschieht. Die ersten 100 Tage hat jeder schließlich erst einmal „Schonfrist“ und kann die Zeit nutzen, sich mit den Abläufen des Amtes vertraut zu machen und erste Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

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