Die Linke ruft nicht nur zu Demonstrationen und Protesten auf der Straße auf, um gegen die drastisch steigenden Energie- und Verbraucherpreise zu protestieren. Im Leipziger Stadtrat hat die Linksfraktion auch ein 13-Punkte-Programm beantragt, auch wenn die Spielräume der Stadt Leipzig denkber gering sind. Das teilt Oberbürgermeister Burkhard Jung jetzt auch in einer ausführlichen Stellungnahme mit.
„Es ist völlig klar: Keine Leipzigerin und kein Leipziger darf von Strom und Gas abgeklemmt werden, weil sie oder er seine Rechnung nicht mehr bezahlen kann. Niemand darf seine Wohnung verlieren, weil ihm die Nebenkosten bedrohlich über den Kopf wachsen“, sagte Fraktionsvorsitzender Sören Pellman am 8. September, als die Linksfraktion ihren 13-Punkte-Antrag einreichte.
„Wir brauchen die Aussetzung der Energiesperren und ein Kündigungsmoratorium für Mietverträge. Wir brauchen einen Schutzschirm für kommunale Unternehmen, damit sie ihren öffentlichen Auftrag zur Grundversorgung mit Energie sowie zur Sicherstellung öffentlicher Daseinsvorsorge weiterhin erfüllen können. Wir brauchen – mindestens bis einschließlich 2024 – einen dauerhaften Härtefallfonds von 3.000.000 € jährlich.
Wir brauchen eine Kindergrundsicherung in Höhe von 699 Euro und die Erhöhung von Wohngeld und sozialen Transferaufwendungen um 200 € monatlich. Natürlich ist klar, dass die Stadt diese Mammutaufgabe ohne die Hilfe von Bund und Land nicht stemmen kann. Es ist aber unsere politische Aufgabe als Stadtrat, die katastrophale Schieflage in der Stadt an die Landes- und Bundesebene zu kommunizieren und den Oberbürgermeister aufzufordern, sich für eine konsequente Gegensteuerung einzusetzen.“
Ein Alternativvorschlag
Aber im Grunde kann Leipzigs OBM nur im Bund Druck machen, dass dort endlich wirklich sinnvolle Maßnahmen ergriffen werden, um die Folgen eines völlig aus dem Lot geratenen Energiemarktes zu dämpfen und die Bürger vor einem nicht mehr zu finanzierenden Preisschock zu bewahren.
So drückt es der Alternativvorschlag von OBM Burkhard Jung im Wesentlichen auch aus: „Der Oberbürgermeister setzt sich auf allen politischen Ebenen und insbesondere in den Gremien des Deutschen Städtetags und des Sächsischen Städte- und Gemeindetags für Versorgungssicherheit, Standort- und Arbeitsplatzsicherung sowie bezahlbare Energiepreise ein.“
Aber das Papier geht detailliert auf alle 13 Forderungen der Linksfraktion ein und begründet auch, warum die Handlungsspielräume einer Stadt wie Leipzig so eng sind. Gleichzeitig würde sich auch der Städtetag bemühen, etliche der Forderungen auf Bundesebene zu thematisieren.
Die 13 Forderungen und was derzeit möglich ist
1. Durch einen bundesweiten Notfallversorgungs-Maßnahmenplan ist die sichere Versorgung von Unternehmen, Haushalten und Verbraucherinnen und Verbrauchern mit Energie, Heiz-, Brenn- und Kraftstoffen zu sozialverträglichen Preisen sichergestellt. Zusätzlich muss die drohende Kostenexplosion bei der Fernwärmeversorgung abgewendet werden.
Mit den derzeit gewählten und kürzlich aktualisierten Instrumenten wurden Maßnahmen ergriffen, um den Gasmarkt aufgrund russischer Lieferkürzungen zu stabilisieren und den Gasverbrauch vorsorglich einzuschränken. Mehrere Bundesländer haben bereits mit Aktivitäten begonnen, um über einen Schutzschirm Liquiditätsrisiken für Stadtwerke zu minimieren. Die Leipziger Gruppe schließt sich der diesbezüglichen Sicht des VKU an, einen Schutzschirm für kommunale Stadtwerke in dieser Krisensituation bereitzuhalten. Dafür sollten Bund und Länder konzertiert vorgehen, um Stabilisierungen in den Versorgungsstrukturen zu erreichen.
Dazu zählen auch notwendige Änderungen der aktuellen Fassung des Energiesicherungsgesetzes zur Anpassung der Fernwärmepreise, sofern diese Wärme auf Erdgasbasis erzeugt wird. Weiterhin wird durch kurzfristige (Anpassung Temperatur in öffentlichen Gebäuden, Abschaltung der Beleuchtung öffentlicher Gebäude) und mittelfristige (jährlicher Heizungscheck, Austausch ineffizienter Heizungspumpen) Maßnahmen die Versorgung stabilisiert.
2. Für das zur Stromproduktion genutzte Gas muss nach dem Vorbild der jüngst in Spanien und Portugal eingeführten Regelungen ein bundesweiter Preisdeckel eingeführt werden. Die Brenn- und Treibstoffpreise müssen für die Verbraucherinnen und Verbraucher wirksam gedeckelt werden.
Im Vordergrund muss die wirksame Abschirmung des Gasmarktes mit staatlichen Mitteln bereits auf Importstufe stehen. Dies ist wichtig, um einen Zusammenbruch der Liefer- und Wertschöpfungsketten zu vermeiden. Die beschlossene Gasumlage ist eine geeignete Möglichkeit, die Importeure ohne direkten Markteingriff zu stabilisieren. Eine wirtschaftliche Überforderung der Lieferketten würde sonst zu kaskadierenden Preissteigerungen führen.
Mit dem Umlagemechanismus werden die Mehrkosten beim Gaseinkauf gleichmäßig auf alle Endverbraucher verteilt. Die Höhe der Umlage kann politisch festgesetzt werden. Sie sollte über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Die notwendige Zwischenfinanzierung durch den Bund eignet sich ideal, bei einer weiteren Eskalation der Preise als dämpfender Hebel eingesetzt zu werden.
Ein Preisdeckel müsste den Grundbedarf an Energie (Strom/Gas) abdecken, aber weiterhin Sparanreize setzen. Vorstellbar wäre beispielsweise, die Energiekosten bis zur Höhe des Grundbedarfs zu deckeln, der leicht unter dem Durchschnittsverbrauch liegt. Die sozial gerechte und notwendige Höhe eines solchen Grundbedarfs gilt es auf Bundesebene zu bestimmen.
Das Vermeiden der Verstromung von Gas durch die beschlossene Nutzung von Braunkohlekraftwerken soll einer Steigerung der Stromkosten zusätzlich entgegenwirken.
Weiterhin sind die Situationen in Portugal und Spanien nicht mit Deutschland vergleichbar. Spanien und Portugal koppeln die Stromkosten eines Großteils der Verbraucher direkt an den Börsenpreis.
Die temporäre Entlastung bei den Spritpreisen ist aufgrund ihrer ökologischen Fehlanreize und der zu breiten Streuung weder sachgerecht noch verhältnismäßig.
3. Die Lebensmittelpreise müssen durch die einstweilige Aussetzung der Erhebung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel (Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf 0 Prozent), die unmittelbar an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wird, abgesenkt werden.
Die Bundesregierung hat mit den Entlastungspaketen I und II zielgenaue Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger auf den Weg gebracht. Breite und weniger zielgenaue Entlastungen wie die Senkung der Mehrwertsteuersätze sollten zurückhaltend eingesetzt werden. Soziale Härten sollten über eine rasche Anpassung der Regelsätze für Transferleistungsempfänger und die angekündigte Reform des Wohngeldes abgefedert werden.
4. Ein Rettungs- und Stabilisierungsfonds muss für betroffene Unternehmen eingerichtet werden, damit Insolvenzen infolge der Sanktionen, Embargos und Preissteigerungen verhindert werden.
Die Stabilisierung direkt bei den Gasimporteuren ist ein wichtiger Schritt für die Sicherung der Gasversorgung. Um die gesamte Gaslieferkette funktionsfähig zu halten, sind die Teilverstaatlichung von Uniper und Stützungsmaßnahmen für die Unternehmen am Beginn der Lieferkette richtige Schritte der Bundesregierung. Diese Stabilisierung behebt aber nicht die Gefahr von Zahlungsausfällen der Endkunden und löst nicht die Frage der zeitversetzten Endabrechnungen.
5. Insbesondere über kommunale Unternehmen, die den öffentlichen Auftrag zur Grundversorgung mit Energie sowie zur Sicherstellung öffentlicher Daseinsvorsorge (die Unternehmen der L-Gruppe) erfüllen, muss ein Schutzschirm gespannt werden, für den Fall eigener Zahlungsschwierigkeiten und bei Zahlungsausfällen ihrer Kundinnen und Kunden wegen der gestiegenen Energiepreise sowie bei der Erfüllung des öffentlichen Auftrags.
Erhöhte Beschaffungskosten von Gas tragen zusätzlich zu potenziellen Schieflagen der Stadtwerke bei. Der DST hat aus diesen Gründen die Bundesregierung wiederholt aufgefordert, ein Insolvenzmoratorium auf den Weg zu bringen und den Stadtwerken ggf. mit Liquiditätshilfen beizustehen. Die finanzielle Lage der Städte darf hierbei nicht über die Versorgungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger entscheiden.
6. Ein Re-Start für den Ausbau Erneuerbarer Energien und den Klimaschutz in allen Bereichen des wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens muss gelingen.
Der Deutsche Städtetag bekräftigt seine Forderung nach einem beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, der Netze sowie der Speichermöglichkeiten. Das Präsidium hält es zugleich für notwendig, alle verantwortbaren Möglichkeiten der Energieversorgung zu nutzen, um eine Gas-Mangellage im Winter zu vermeiden und eine Stromkrise zu verhindern. Dazu gehört in der gegenwärtigen Ausnahmesituation auch, Kohlekraftwerke befristet weiter zu betreiben bzw. wieder ans Netz zu nehmen. Es handelt sich um eine notwendige Überbrückungsmaßnahme.
Die Klimaschutzziele der Bundesregierung haben weiterhin Priorität. Ob weitere Maßnahmen – wie ein zeitlich eng betriebener Streckbetrieb der drei verbliebenen Atomkraftwerke – notwendig sind, hängt vom Ergebnis eines zweiten Stresstests im Auftrag der Bundesregierung zur Stromversorgung ab. Eine solche Entscheidung darf den deutschen Atomausstieg nicht in Frage stellen.
7. Die Regelungen zum Neun-Euro-Ticket müssen mindestens bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden.
Der DST vertritt die Position, dass die Mobilitätswende nur mit einem attraktiven, öffentlichen Nahverkehr gelingen kann. Das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, dass die Menschen bereit sind, auf Bus und Bahn umzusteigen. Deshalb sollte das Angebot temporär verlängert und gleichzeitig an einer nachhaltigen Anschlusslösung gearbeitet werden.
Bund und Länder sind aufgefordert, das Zeitfenster zu nutzen, um den ÖPNV zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Der ÖPNV muss nachhaltig finanziert und die Qualität des Angebots verbessert werden. Die Regionalisierungsmittel für 2022 müssen dafür um mindestens 1,7 Mrd. Euro aufgestockt und die Mehrkosten für Energie und Personal ausgeglichen werden.
Der zusätzliche Aufwand für die Nachfolge des 9-Euro-Tickets darf nicht auf Kosten notwendiger Investitionen in den Ausbau, den Erhalt und den Betrieb des ÖPNV gehen.
Die hohen Energiepreise und Lebenshaltungskosten müssen bei der Preisgestaltung des ÖPNV beachtet werden. Preismodelle, die die soziale Lage der Menschen berücksichtigt, sind wichtig, damit die Nutzung des ÖPNV für alle bezahlbar ist.
8. Die Übergewinne der Mineralölkonzerne müssen mit einer Übergewinnsteuer abgeschöpft und die dabei vereinnahmten Mittel direkt an die Verbraucherinnen und Verbraucher zurückgegeben werden.
Die Bundesregierung hat mit ihren Maßnahmenpaketen Schritte eingeleitet, den Markt zu stabilisieren, ohne erheblich einzugreifen, gleichzeitig ein Preissignal nicht zu unterdrücken und parallel die Menschen in den unteren und mittleren Einkommensgruppen zu entlasten.
Ein Instrument der Gewinnabschöpfung erscheint schon allein aus Gerechtigkeitsgründen sinnvoll, ist aber wegen seines erheblichen Markteingriffs als solitäre Maßnahme in einer eskalierenden Marktsituation schwierig umzusetzen. Eine Einigung in der Regierungskoalition ist unwahrscheinlich; Zuspruch gibt es von der SPD und den Grünen, während die FDP diesen Vorschlag strikt ablehnt.
9. Die bisherigen Maßnahmen zur Entlastung der Bevölkerung müssen auch auf Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende mittels eines Sofortprogramms ausgeweitet werden, welches monatliche Zahlungen von 125 Euro für jeden Haushalt und 50 Euro für jedes über ein Haushaltsmitglied hinausgehendes Mitglied des Haushaltes vorsieht.
Siehe Antwort Frage 3
10. Die Einführung einer Kindergrundsicherung muss schnellstmöglich in Höhe von 699 Euro sichergestellt werden. Weiterhin müssen das Wohngeld sowie soziale Transferaufwendungen sofort um 200 Euro erhöht werden.
Der DST unterstützt die Einführung einer Kindergrundsicherung als zentralen Baustein zur Vermeidung von Kinderarmut und zur Verbesserung der Teilhabe von Kindern und Jugendlichen. Die bisherigen Leistungen zur Absicherung des Existenzminimums von Kindern und Jugendlichen müssen zur Finanzierung der Kindergrundsicherung zusammengefasst werden und einfach zu beantragen sein. Eine Verwaltungsvereinfachung kann zu Entlastungen der Kommunalverwaltung und zu einer höheren Transparenz der Leistungen für Kinder und Jugendliche führen.
Die Einführung einer existenzsichernden Kindergrundsicherung erfordert ein erhebliches Finanzierungsvolumen. Bund und Länder müssen für die Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe einstehen. Eine eventuelle Kindergrundsicherung muss als Bundesleistung eingeführt werden, die die Kommunen nicht zusätzlich finanziell belasten darf. Die kommunalen Spitzenverbände sind in die weiteren Beratungen von Bund und Ländern einzubeziehen.
Die Unterkunftskosten dürfen nicht Bestandteil der Kindergrundsicherung sein. Sie sind sehr unterschiedlich aufgrund der lokalen Bedingungen des Wohnungsmarktes. Die Existenzsicherung muss hinsichtlich der Unterkunftskosten separat und bedürftigkeitsabhängig durch die Grundsicherung (SGB II und SBG XII) erfolgen.
Der genannte Betrag von 699,- € erschließt sich nicht. Konkrete Beträge wurden bislang nicht genannt. Außerdem sind zahlreiche wichtige Fragen noch ungeklärt, etwa zum Zusammenspiel mit SGB II, zur Administration und zur Integration bestehender Leistungen.
Für Menschen mit niedrigen Einkommen sind zielgenaue und rechtzeitige Hilfen erforderlich. Die Preisspirale bei den Heizkosten trifft die Menschen besonders hart, die einen Großteil ihres Einkommens für existenzsichernde Güter wie Lebensmittel, Mobilität und Energie ausgeben müssen, die aber zu viel verdienen, um einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen zu haben. Die angekündigte Reform des Wohngeldes ist deshalb ein richtiger Schritt, weil sie den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert.
Sie muss jedoch schneller als bislang geplant umgesetzt werden. Unabhängig davon müssen Wohngeldempfänger/innen durch einen weiteren Heizkostenzuschlag unbürokratisch unterstützt werden, sodass sie steigende Abschläge für die Warmmiete bedienen können. Perspektivisch sollte das Wohngeld um einen dauerhaften, pauschalen Heizkostenzuschuss oder ein Warmmietensystem erweitert werden.
Für Empfänger/innen von Transferleistungen ist eine rasche Anpassung der Regelsätze geboten. Familien mit Kindern und niedrigen oder mittleren Einkommen sollten durch eine nochmalige Zahlung von einmaligen Zuschlägen zum Kindergeld (Kinderbonus) unterstützt werden. Die zielgenaue und unbürokratische Zahlung eines weiteren Kinderbonus kann diesen Familien bei den hohen Heizkosten helfen.
11. Es muss eine Gesetzesinitiative geben, welche innerhalb der nächsten sechs Monate eine funktionierende und wirksame staatliche Energiepreisaufsicht bei der Bundesnetzagentur (wieder) einführt und umsetzt, um Preisspekulationen und Wucherpreise bei Energieversorgern wirksam zu verhindern.
Die Bundesregierung hat ihre Aufsichts- und Kontrollmöglichkeiten in den vergangenen Monaten verschärft. Importeure können nach der konzipierten Umlage ihre Mehrbeschaffungskosten nur nach Testat geltend machen. Wucherpreise bei den Stadtwerken dürften ausgeschlossen sein. Eine Wiedereinführung einer staatlichen Energiepreisaufsicht wäre nicht zielführend.
Die direkte Unterstützung auf der Ebene der Gasimporteure bleibt nach wie vor die präferierte Alternative, weil damit die Verpflichtungen der Vorlieferanten aus den Bilanzkreisverträgen erhalten bleiben und Gefahren der Preisweitergabe mit Blick auf Liquiditätsentzug und Zahlungsausfälle gemindert werden.
12. Es muss sichergestellt werden, dass mittels eines Kündigungsmoratoriums niemandem die Wohnung gekündigt werden darf, „der wegen stark gestiegener Heizkosten seine Nebenkostenabrechnung oder hohe Preisanpassungen nicht fristgerecht bezahlen kann“. Gemäß den Forderungen des Deutschen Mieterbundes soll Mieterinnen und Mietern mindestens ein halbes Jahr Zeit gegeben werden, um Energieschulden zu begleichen.
Das Einräumen eines Kündigungsschutzes und längere Zahlungsfristen für Mieterinnen und Mieter mit stark gestiegenen Nebenkosten ist grundsätzlich begrüßenswert. Eine dafür notwendige Anpassung des Mietrechts (§ 543, § 573 BGB) liegt in der Zuständigkeit des Bundes. Die nicht durch die Mieter/innen getragenen Mehrkosten schränken die Handlungsfähigkeit der Vermieter ohnehin schon ein, da die Marktkosten vorgeschossen werden. Ein Moratorium der Zahlungsausfälle würde diese Situation ggf. verschärfen.
13. Es muss schnellstens ein gesetzliches Verbot der Sperrung oder Abschaltung der Strom- und Gasversorgung für private Haushalte eingeführt wird, insbesondere für besonders schutzbedürftige Personengruppen wie beispielsweise Familien mit Kindern, chronisch kranke Menschen, Menschen mit Behinderungen, Seniorinnen und Senioren und pflegebedürftige Menschen, die die zur Begleichung der Strom- und Gasrechnungen erforderlichen Finanzmittel nicht aus eigener Kraft aufbringen können.
Steigende Energiepreise dürfen die Haushalte nicht überlasten. Zielgenaue staatliche Hilfen für untere und mittlere Einkommensgruppen sind daher dringend notwendig. Ein gesetzliches Verbot von Gas- und Stromsperren muss sorgfältig betrachtet werden.
In der Notfallstufe des Notfallplans Gas haben bestimmte Verbrauchergruppen (z. B. private Haushalte, Krankenhäuser, Feuerwehr, Kraftwerke) besonderen Schutz und sollen möglichst bis zuletzt mit Gas versorgt werden.
Eine Differenzierung der Personengruppen ist schwer möglich, da die Energieversorger die finanzielle Situation ihrer Kundinnen und Kunden nicht kennen. Eine Umsetzung würde hohen bürokratischen Aufwand sowie datenschutzrechtliche Bedenken nach sich ziehen.
Bereits heute sind die Rahmenbedingungen für Liefersperren vom Gesetzgeber vorgegeben. Anpassungen erfolgten in den letzten Jahren, letztmalig im Dezember 2021, zum Schutz der Verbraucher/innen. Hier wurden beispielsweise eine Mindestanzahl von zwei offenen Abschlägen und eine Pflicht für das Versorgungsunternehmen, eine sogenannte Abwendungsvereinbarung anzubieten, festgelegt. Bei Kundinnen und Kunden, die aus medizinischen Gründen auf die Stromversorgung angewiesen sind, erfolgt bereits heute keine Liefereinstellung, ebenfalls für Haushalte mit Kindern unter einem Jahr.
Ein gesetzliches Verbot von Sperrung oder Abschaltung der Strom- und Gasversorgung für private Haushalte würde bedeuten, dass die Forderungen von Versorgern an Endkunden bestehen bleiben und im Zeitverlauf weiter anwachsen. Damit erfolgt keine Entlastung der Haushalte, sondern nur eine Verlagerung der Belastung in die Zukunft.
Im Falle eines grundsätzlichen Sperrverbotes erfolgt keine Differenzierung zwischen Endkunden, die aufgrund der Preiseentwicklung in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind, und denjenigen Kunden, die aus anderen Gründen nicht zahlen wollen und auch von diesem Sperrverbot profitieren würden.
Das Sperrverbot würde daher zunächst ausschließlich Auswirkungen auf die Liquidität der Versorger haben und zu einer Erhöhung der notwendigen Schutzschirmmittel führen.
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