Früher war nicht alles besser, aber zumindest dauerten die Ratsversammlungen nicht länger als einen Tag. 14 Uhr ging es los und irgendwann zwischen 19 und 22 Uhr war es vorbei. Das änderte sich in den vergangenen Jahren: Dass die Sitzungen an einem anderen Tag fortgesetzt werden mussten, wurde zur Regel. Und selbst die Fortsetzung reichte manchmal nicht, um die Tagesordnung abzuarbeiten. Nun haben sich die Fraktionen testweise für eine Sitzung auf eine deutliche Begrenzung der Redezeit geeinigt.
Insgesamt vier Stunden Redezeit stehen für Fraktionsanträge sowie Beschluss- und Informationsvorlagen aus der Verwaltung zur Verfügung. Das Redezeitbudget betrifft somit drei der wichtigsten und umfangreichsten Tagesordnungspunkte – aber nicht alle.
Beispielsweise für die Anfragen aus den Fraktionen und die Anfragen von Einwohner/-innen gilt die neue Regel nicht. Das dürfte daran liegen, dass die Geschäftsordnung für diese Tagesordnungspunkte bereits eine zeitliche Begrenzung vorsieht.
35 bis 45 Minuten pro Fraktion
Die Redezeit für die einzelnen Fraktionen orientiert sich an deren Größe. So stehen Linksfraktion und Grünen-Fraktion jeweils 45 Minuten zur Verfügung, CDU- und AfD-Fraktion erhalten jeweils 40 Minuten und SPD sowie Freibeuter müssen sich mit jeweils 35 Minuten begnügen.
Dass die vier Mitglieder große Freibeuter-Fraktion fast so viel Redezeit erhält wie die 17 Mitglieder umfassende Linksfraktion, wirkt auf den ersten Blick irritierend. Allerdings würde eine Gesamtredezeit von zehn bis 15 Minuten eine kleine Fraktion wie jene der „Freibeuter“ praktisch von den meisten Debatten ausschließen.
Die bisherigen Regelungen für einzelne Wortmeldungen bleiben bestehen: Bei jedem Tagesordnungspunkt stehen dem beziehungsweise der ersten Redner/-in einer Fraktion höchsten fünf Minuten zur Verfügung, allen nachfolgenden Redner/-innen einer Fraktion maximal zwei Minuten.
Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt
Mit dem neuen Redezeitbudget soll unter anderem „die Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt verbessert werden“, heißt es in der Beschlussvorlage der Verwaltung. Für viele Stadträt/-innen gibt es nicht nur die monatliche Ratsversammlung, sondern auch regelmäßige Sitzungen von Gremien und Ausschüssen.
Anlass für diesen Schritt gaben unter anderem die ehemaligen Stadträtinnen Sophia Kraft (Grüne) und Franziska Rudolph (FDP), die ihr Mandat zurückgegeben und dies mit der fehlenden Vereinbarkeit begründet hatten. Bereits vor mehr als zwei Jahren hatte die CDU beantragt, die Anzahl der Ratsversammlungen auf eine pro Monat zu begrenzen. Das neue Redezeitbudget könnte dafür sorgen, dass eine Sitzung pro Monat wieder zur Regel wird.
Am 14. September soll der Stadtrat über den Vorschlag abstimmen. Da es sich laut Verwaltung um einen Kompromiss mit den Vorsitzenden der Fraktionen handelt, dürfte es breite Zustimmung geben. Die Begrenzung gilt zunächst nur für die September-Sitzung. Bewährt sie sich, soll sie für künftige Sitzungen in die Geschäftsordnung aufgenommen werden.
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