Wer das Maßnahmenprogramm zum Energie- und Klimaschutzplan (EKSP), den Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal im Juli vorgestellt hat, liest, merkt ziemlich schnell, dass mehr als die Hälfte der Maßnahmen auf Beschlüsse und Anträge des Stadtrates zurückgeht. Manchmal standen die Redner der Fraktionen dann etwas bedröppelt in der Ratsversammlung und ließen sich von diversen Bürgermeistern erklären, warum ihre Anträge viel zu ambitioniert wären.
Und zu kleinteilig sowieso. So kleinteilig müsse man der Verwaltung gar nicht vorschreiben, wie sie die Stadt klimaschonend umbauen müsste. Ganz so, als würde es schon geschehen.
Aber der Maßnahmenkatalog, den es so zum ersten Klimaschutzplan 2014 gar nicht gab, macht sehr deutlich sichtbar, dass es die Ratsfraktionen waren, die recht hatten. Und dass acht wertvolle Jahre vertan worden sind, um den Umbau der Stadt zur Klimaneutralität (der auch 2014 schon fällig war) anzupacken.
Seit 2020 werden die kommunalen Dächer geprüft
Dazu gehört auch die Ausstattung sämtlicher dafür geeigneter städtischer Gebäude mit Solaranlagen. Das hatte die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen im Februar zuletzt thematisiert, als sie sich danach erkundigte, wo denn nun der lang versprochene neue Klimaschutzplan bleibe.
„Wie ist der Stand des Ausbaus von Solaranlagen auf kommunalen Gebäuden?“, hatte die Grüne-Fraktion damals unter anderem gefragt.
Und das Umweltdezernat hatte geantwortet:
„Die Anforderungen des Sofortmaßnahmenprogramms (Maßnahme 5) werden derzeit entsprechend umgesetzt. D. h. zum einen, dass alle Neubauten eine Solaranlage erhalten. In wenigen Fällen ist die Installation der Solaranlage schon abgeschlossen, in weiteren Fällen befindet sich die Anlage in Planung und vorbereitender Umsetzung.
Im Bereich der Bestandsgebäude wurden im letzten Jahr alle kommunalen Gebäude einer Bewertung hinsichtlich ihrer Eignung unterzogen und 546 Dachflächen als näher zu prüfend identifiziert. In Folge wurden bereits zahlreiche Begehungen absolviert und weitere befinden sich in Planung (155 absolvierte und geplante Begehungen).
82 Dachflächen erfüllen alle Kriterien für die Errichtung von PV-Anlagen und befinden sich in der Planungs-, Bau- bzw. Betriebsphase. Derzeit wird zudem geprüft, inwieweit denkmalgeschützte Gebäude in die Betrachtungen einbezogen werden können. Nach Abschluss der Prüfung werden die Gebäude ausgewählt, welche zeitnah mit einer Solaranlage ausgerüstet werden sollen.“
Das Sofortmaßnahmenprogramm hatte OBM Burkhard Jung im Juni 2020 vorgelegt, nachdem der Stadtrat im Oktober 2019 ganz offiziell den Klimanotstand für Leipzig ausgerufen hat.
Und die Auskunft des Umweltdezernats zeigt, dass man den Punkt Solaranlagen auf kommunalen Dächern augenscheinlich wirklich ernst nimmt, auch wenn es sichtlich ein Prozess ist, der mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird.
Ab 2023 richtig Geld einplanen für die Installation von Solaranlagen
Die Stadt arbeitet also schon dran. Es taucht trotzdem als Punkt III.2 „Photovoltaik-Anlagen auf kommunalen Dächern“ auch im Maßnahmenkatalog zum Energie- und Klimaschutzprogramm (EKSP) auf.
„Um die Energiewende zu beschleunigen, bedarf es einer Umstellung der Energieversorgung auf 100 % erneuerbare Energiequellen“, heißt es dort richtigerweise. „Einer der wichtigsten Bausteine beim Ausbau der Erneuerbaren Energien ist dabei die Photovoltaik. Mit der Installation von PV Anlagen auf allen möglichen Dächern kommunaler Liegenschaften wird dem Ziel bis 2035 eine klimaneutrale Verwaltung umgesetzt zu haben, Rechnung getragen.“
Und das nicht ohne Grund. Denn auch die Installation von Solaranlagen braucht Leute, die alles planen und umsetzen. Und zwar nicht zu knapp. Denn begangen wurden ja augenscheinlich erst ein Drittel aller kommunalen Dächer.
Wenn sich auch bei den anderen Gebäuden die Hälfte der Dächer als geeignet für die Installation von Solaranlagen erweist, geht es um rund 270 kommunale Dächer, auf denen jetzt Photovoltaik installiert werden kann und muss.
Der Strom fließt in der Regel ja nicht direkt in die Hausversorgung (es sei denn, man nutzt die Anlage gleich zur Gewinnung von Warmwasser in Schulen, Turnhallen und Verwaltungsgebäuden), sondern ins öffentliche Netz, wo es den Anteil des erneuerbaren Stroms deutlich erhöhen wird.
Um das Programm aber möglichst bald umsetzen zu können, braucht es jedes Jahr die nötigen Planungen und Investitionen.
Der Maßnahmenkatalog beziffert die dafür nötige Finanzierung auf 460.000 Euro im Jahr 2023 und 490.000 Euro im Jahr 2024. Die Gelder müssen im Doppelhaushalt 2023/2024 mit beschlossen werden.
Und die Summen werden auch in den Folgejahren nicht geringer. Die Stadtverwaltung wird dadurch zwar noch nicht klimaneutral. Aber sie könnte in Leipzig Bewegung in eine Sache bringen, die seit 2013 regelrecht stockt.
Denn damals veröffentlichte die Stadt ihr erstes Solardachkataster, das zeigte, dass über 71.000 Dächer in Leipzig von ihrer Lage her für den Aufbau eine Solaranlage geeignet sind. Doch wie die Verwaltung haben auch private Gebäudebesitzer immer gezögert und gezaudert. Solaranlagen auf den Dächern sind immer noch selten.
Und so verschenkt Leipzig natürlich auch ein riesiges Potenzial zur eigenen Stromerzeugung. Dezentral und – was ebenfalls massiv ausgebremst wurde – in Bürgerhand, nämlich in der Hand von Energiegenossenschaften, die in Leipzig ziemlich verzweifelt nach Dachflächen suchen, wo sie „Bürgerkraftwerke“ betreiben können.
Und dabei ist das alte Solardachkataster nicht einmal aktuell. Aber dazu gibt es ja inzwischen auch eine Reaktion der Stadt. Dazu gleich mehr.
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