Es sieht zwar lustig aus, wenn Stadtrat Marcus Weiss (Mitglied der Linksfraktion) einen Änderungsantrag so erläutert: „zwinkerzwinker @redbull & @porsche“. Aber was lustig aussieht, bringt die Zwiespältigkeit eines Antrags der Freibeuter-Fraktion auf den Punkt, zu dem Weiss seinen Änderungsantrag geschrieben hat. Denn die wünscht sich eine Benennung des Frachtflughafens Leipzig/Halle nach dem einstigen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher.
„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Rahmen seiner Aufsichtsratstätigkeit in der Mitteldeutsche Flughafen AG eine Umbenennung des Leipziger Flughafens in ‚Hans-Dietrich-Genscher-Flughafen‘ anzustreben“, lautet der erste Antragspunkt aus dem Freibeuter-Antrag.
Und der zweite: „Der Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung setzt sich im Auftrag des Oberbürgermeisters im Rahmen seiner Position als stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat Flughafen Leipzig/Halle GmbH auch für die Umbenennung ein.“
Das begründet die Fraktion so: „Hans-Dietrich Genscher, geboren in Reideburg, Halle, wäre heute 95 Jahre alt. An der Universität Leipzig absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaften. Seine bunte politische Karriere als FDP-Politiker erstreckte sich über mehr als zwanzig Jahre, in denen er der Bundesrepublik als Innenminister, Außenminister sowie Vizekanzler diente. Als Außenminister leitete er u. a. die Wiedervereinigung Deutschlands. Seine Taten leben in Gestalt der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union bis heute fort. Um seinen Verdiensten besonderen Ausdruck zu verleihen, fordern wir, den Flughafen Leipzig/Halle in Hans-Dietrich-Genscher-Flughafen umzubenennen.“
Was sicher in anderen Zeiten ein löbliches Anliegen gewesen wäre. Doch seit Jahren ist eben dieser Flughafen in der Kritik – für seine Lärmbelastung, seine Umweltbelastung, seine zunehmende Klimaschädlichkeit, die auf heftigen Protest stoßenden Ausbaupläne, den Verstoß gegen Zusagen an die lärmgeplagte Bevölkerung usw. Und die Zeit, da Flugverkehr Zeichen eines ungebrochenen Fortschritts war, sind auch schon lange vorbei.
Längst ist der Flughafen dabei, zum größten CO₂-Emittenten in der Region Leipzig/Halle zu werden. Beim eigentlichen Passagierverkehr in Deutschland rangiert er nur in der zweiten Liga. Es dürfte sich zumindest seltsam anhören, wenn die Passagiere beim Anflug auf dem „Flughafen Hans-Dietrich Genscher“ begrüßt werden.
Da die Freibeuter-Fraktion das alles nicht mitbedacht hat, hat Marcus Weiss einen Änderungsantrag geschrieben, der den Blick auf die wunden Punkte lenkt.
Die ersten beiden Antragspunkte lässt er dabei fast so, wie von den Freibeutern vorgeschlagen. Nur der Name von Hans-Dietrich Genscher ist daraus verschwunden.
1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Rahmen seiner Aufsichtsratstätigkeit in der Mitteldeutsche Flughafen AG eine Umbenennung des Leipziger Flughafens anzustreben.
2. Der Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung setzt sich im Auftrag des Oberbürgermeisters im Rahmen seiner Position als stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat Flughafen Leipzig/Halle GmbH auch für die Umbenennung ein.
Aber dann schlägt er etwas vor, was die übliche Namensweihe unterläuft:
3. Zur Namensfindung soll eine Versteigerung stattfinden und das Recht der Namensgebung jeweils für 10 Jahre als Sponsoringvertrag an den/die/das meistbietende übertragen werden.
4. Die Erlöse sind in den Lärmschutzschutzmaßnahmen für Anwohnende zu investieren.
Was dann auch seine kurzweilige Erläuterung erklärt. Er hätte auch Hashtags von DHL oder Amazon nehmen können, um deutlich zu machen, dass es private Konzerne sind, die auf dem mit öffentlichen Geldern gebauten Flughafen mit Frachtlogistik ihr Geld verdienen und ihre Profite steigern und damit auch sehr direkt für die zunehmende nächtliche Lärmentwicklung verantwortlich sind.
Wahrscheinlich wird sich ein Jeff Bezos eher nicht geneigt fühlen, sich die Namensrechte an dem Flughafen zu ersteigern, an dem er sein Amazon-Logistik-Zentrum erweitern lässt. Aber wirklich zeitgemäß wirkt auch die Benennung von Flughäfen nach Politikern nicht mehr.
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