„Die neuen Wartehäuschen an Leipzigs Haltestellen sind tödlich für Vögel. An den Glasscheiben verunglücken Vögel, die sie im Flug nicht als Hindernis wahrnehmen“, stellte die Leipzigerin Ulrike Pirntke in einer Einwohneranfrage an die Stadt fest. Ein Thema, das insbesondere dem NABU Leipzig und seiner Wildvogelhilfe seit Jahren am Herzen liegt. Doch Leipzigs Verwaltung tut sich schwer damit, das Problem der großen Glasscheiben zu verstehen.
Vorwürfe gegen die Stadt
„Seit 2019 werden in Leipzig an den Straßenbahn- und Bushaltestellen der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) die Wartehäuschen umgebaut und neu errichtet. Der NABU Leipzig hat die Stadt Leipzig bereits vor dem Austausch der Fahrgastunterstände auf das bei gläsernen Wartehäuschen bekannte Problem des Vogelschlags aufmerksam gemacht“, schrieb Ulrike Pirntke in ihrer Anfrage.
„Leider hat die Stadt Leipzig diese Informationen nicht berücksichtigt und Wissen und Erfahrungen ignoriert. Vielmehr wird auf der Internetseite der Stadt Leipzig die ‚klare und transparente Gestaltung‘ der Wartehäuschen hervorgehoben. Dabei ist anerkannt, dass für Vögel insbesondere Glasflächen, die freien Blick auf dahinterliegende Landschaft geben oder stark spiegeln, eine Gefahr sind. – Leipzigs Wartehäuschen, die Fahrgästen Schutz bieten, sind ein Risiko für Vögel. Vor allem in der Brutzeit kann der Tod eines Vogels bedeuten, dass gleichzeitig eine Brut verhungert und stirbt.“
Der NABU selbst hatte eines dieser verglasten Wartehäuschen schon nachgerüstet: „Beispielhaft hat der NABU Leipzig am 25. April 2022 die Haltestelle Martinshöhe mit Klebeband vogelsicher gestaltet, nachdem innerhalb kurzer Zeit 6 tote Vögel dort gefunden wurden. Leider wurde diese wirksame und preisgünstige Entschärfung der Vogelfalle nach kurzer Zeit wieder entfernt, sodass danach die nächste Blaumeise dort getötet wurde“, meldete der NABU dazu.
Werden die Wartehäuschen jetzt nachgerüstet?
Logisch, dass Ulrike Pirntke nun wissen wollte, was die Stadt tatsächlich zu tun gedenkt oder ob ihr das völlig egal ist. Das Baudezernat verspricht in der Antwort zumindest ein wenig Abhilfe: „Seit Juli 2019 werden im Stadtgebiet 900 neue Wartehäuschen vom Werbepartner RBL Media errichtet. Im Vorfeld wurde mit vielen Beteiligten das Design auf den Scheiben der Wartehäuschen abgestimmt.“
Aber: „Seit Mitte 2019 wurden nunmehr 17 tote Vögel neben den Wartehäuschen im gesamten Stadtgebiet dokumentiert. Wobei allein 6 Vögel an der Haltestelle Martinshöhe zu Tode kamen. Das nahm die Stadt zum Anlass, ein neues Design für die Rückwandscheiben der Wartehäuschen zu entwickeln und beabsichtigt, an 10 besonders auffälligen Standorten das neue Design für zwei Jahre zu testen.“
Ganz so, als wäre das Problem auf einige wenige Wartehäuschen eingrenzbar. Was beim NABU Leipzig ziemlich verärgert aufgenommen wurde: „Da die Totfunde durch Vogelschlag an Wartehäuschen ehrenamtlich festgestellte Zufallsfunde sind, ist ein Nachrüsten lediglich dieser Wartehäuschen bis zu einem unbekannten Zeitpunkt und anschließender Testzeit von zwei Jahren nicht ausreichend.
Maßnahmen gegen Vogelschlag sind hinreichend erprobt und dokumentiert, sodass eine ‚Testphase‘ nicht zielführend ist. Der NABU Leipzig fordert Sofortmaßnahmen an Wartehäuschen, welche als Todesfallen für Vögel bekannt sind und eine zeitlich verbindliche Nachrüstung aller Wartehäuschen im Stadtgebiet.“
Stadt hat Auftrag erteilt – bleibt aber bei nur zehn Nachrüstungen
Aber die Stadt will nur zehn Wartehäuschen nachrüsten, wie es in der Antwort heißt: „Ein Umbau der 10 Wartehäuschen wird nach Lieferung der neuen Scheiben durch RBL Media zeitnah vorgenommen. Ein konkreter Zeitpunkt kann aktuell noch nicht angegeben werden, da dies stark von den Liefer- und Produktionsketten abhängig ist. Eine Beauftragung in Höhe von 22.000 EUR ist vonseiten der Stadt an RBL Media bereits erfolgt.“
Eine Maßnahme, die sich die Stadt hätte sparen können, hätte sie bei RBL von Anfang an ein vogelsicheres Design für alle Wartehäuschen in Auftrag gegeben.
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