Es geht auch noch länger: vier Jahre für den Maßnahmenplan zum Bienenschutz, fünf Jahre für ein Toilettenkonzept. Dabei war doch 2017 schon klar, dass es in Leipzig an öffentlichen Toiletten fehlt. Und Bedürfnisse sind ja nun einmal in der Regel dringend. Da hätte doch schnell gehandelt werden müssen, oder? Nicht, wenn es gründlich werden soll, wie Linke-Stadtrat Volker Külow am 15. Juni erfahren durfte.
Zuvor hatte er angefragt, wo das Leipziger Toilettenkonzept eigentlich bleibt, das der Stadtrat ja 2018 beschlossen hat. Damals schien die Not erkannt worden zu sein, dass die paar Toilettenhäuschen im öffentlichen Raum nicht genügten und vor allem in Leipziger Parks welche fehlten.
Toilettenkonzept bereits im Oktober 2018 beschlossen
„Mit der Drucksache VI-A-05044 beantragte der Seniorenbeirat bereits 2017, dass für die Stadt Leipzig ein Toilettenkonzept erarbeitet werden soll. Dieser Antrag wurde mit Beschluss der Ratsversammlung vom 24. Oktober 2018 unverändert und einstimmig beschlossen“, betonte die Linksfraktion in ihrer Anfrage zum Verbleib des beauftragten Toilettenkonzepts.
„In der öffentlichen Sitzung des Seniorenbeirates im März 2020 wurden seitens der Verwaltung ein Sachstand und Entwurf vorgelegt. Mehr als zwei Jahre später liegt das Toilettenkonzept dem Stadtrat noch immer nicht offiziell vor.“
Erst einmal ein Standortkonzept
Und 2022 wird es auch nicht mehr kommen, wie Volker Külow am 15. Juni auf Nachfrage erfuhr. Da wurde dann auch ein bisschen klarer, warum das so lange gedauert hat. Zumindest in Teilen. Denn ein Teil der Lösung sind ja die Bezahltoiletten, die RBL Media mit einer Konzession in Leipzig aufstellen will. Selbst da hatte es zwei Jahre gedauert, bis man alle Standorte miteinander geklärt hat.
Diese Standorte für insgesamt 20 Toiletten sind jetzt endlich klar, teilte das Umweltdezernat mit:
„Der aktuelle Stand der 20 von der RBL Media GmbH zu realisierenden Toiletten unterteilt sich wie folgt:
Standorte in Betrieb
Lindenauer Markt, Goethestraße, Martin-Luther-Ring ab Juni 2022, Riemannstraße, Konradstraße, Stuttgarter Allee, Siegfriedstraße und Augustusplatz.
Baugenehmigung beantragt – Realisierung 2022 geplant:
Friedenspark, Richard-Wagner-Hain, Johannapark, P&R Neue Messe und Clara-Zetkin-Park
Planung mit Realisierung 2022:
Wilhelm-Liebknecht-Platz, Palmengarten und Arthur-Bretschneider-Park
Planung mit Realisierung 2023:
P&R Knauthain Bahnhof, P&R Plovdiver Straße, P&R Völkerschlachtdenkmal und P&R Schönauer Ring“
Darin sind – wie man sieht – auch schon einige Park-Standorte enthalten. Aber das ist noch nicht das gesamte Konzept. Denn da fehlen noch etliche Standorte, die eine öffentliche Toilette brauchen. Und dafür brauchte es – ja, so arbeiten Verwaltungen – erst einmal ein Standortkonzept. Das werde es, so Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal, im Herbst endlich geben.
Ein Toilettenmanager soll’s richten
Was trotzdem sehr spät ist. Das hat auch mit einem Wechsel der Zuständigkeiten zu tun, wie es in der Antwort des Umweltdezernats hieß: „Im März 2022 wurde die Federführung für die Umsetzung des Toilettenkonzeptes an das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport übertragen. Wie in der Antwort zu Frage 1 bereits ausgeführt, wurde dazu eine eigene Stelle eingerichtet und öffentlich ausgeschrieben. Derzeit laufen die Auswahlgespräche zur Stellenbesetzung.“
Erarbeitet hat das Standortkonzept nämlich zuvor das Stadtplanungsamt. Aber auch in einem recht gemächlichen Tempo, wie SPD-Stadtrat Andreas Geisler in die Debatte warf. Denn bei den Wasserwerken angefragt, wo überall öffentliche Toiletten aufgestellt werden könnten, hat die Verwaltung schon 2019. Ohne Wasseranschluss funktioniert das ja nicht.
Aber irgendwann muss klar geworden sein, dass die Sache eigentlich nicht ins Planungsdezernat gehört, sondern ins Umweltdezernat, weil viele der neuen Anlagen in Grünanlagen stehen werden. Dort hat man sich – wie man lesen kann – entschieden, erst einmal einen Toilettenmanager einzustellen, der die Sache organisiert. In der nächsten Woche, so Rosenthal, wären die Bewerbergespräche. Die Stelle wird also demnächst besetzt.
Und dann geht’s wohl wirklich an den Feinschliff, wie das Umweltdezernat mitteilte: „Nach der Besetzung dieser Stelle wird mit der Erstellung des ganzheitlichen Toilettenkonzeptes begonnen. Ein Zwischenbericht zum aktuellen Stand, insbesondere zur baulichen Realisierung und Inbetriebnahme der 20 Toiletten von der RBL Media GmbH bis Ende 2022, kann dem Stadtrat im IV. Quartal vorgelegt werden.“
Womit Külows Vermutung wohl zutrifft: Das Toilettenkonzept gibt es frühestens 2023.
Wer soll die neuen Toiletten bauen und betreiben?
Und es war nicht nur der Wechsel der Zuständigkeit, der hier gebremst hat. Es geht auch um die Frage, ob die Stadt Leipzig die neuen Toiletten selber baut oder sie per Ausschreibung ebenfalls an einen privaten Betreiber gibt. Es kostet also Geld, egal, wie man es organisiert. Da das Konzept aber vor 2023 nicht vorliegt, dürfte es schwierig werden, städtische Gelder dafür noch im Haushalt 2023 / 2024 bereitzustellen.
Und auch noch ungeklärt ist, wie das ebenfalls vom Stadtrat forcierte Projekt „Nette Toilette“ auf den Weg gebracht werden soll. Das Umweltdezernat schrieb dazu: „Im Rahmen der Erarbeitung des Toilettenkonzeptes erfolgt auch eine konzeptionelle Befassung mit der Aktion ‚Nette Toilette‘. Dafür müssen Verträge mit privaten Einrichtungen verhandelt und geschlossen sowie die Toilettennutzung pauschal von der Kommune entschädigt werden. Letzteres muss haushalterisch verankert werden. Dies ist ebenfalls Aufgabe der in Antwort 1 und 2 dargestellten neuen Stelle.“
Und werden die älteren Bürger es noch erleben?
Der Toilettenmanager bekommt also gleich mal einen Pack Arbeit auf den Tisch. Aber ob er es schafft, auch die Kosten für die „Nette Toilette“ im neuen Doppelhaushalt zu platzieren, ist eine spannende Frage. Denn dazu müsste er ja vor allem mit den Gastronomen reden, die ihre Toiletten auch für die Öffentlichkeit bereitstellen sollen, und mit ihnen Budgets vereinbaren – und das über den Sommer, wenn in den Freisitzen Hochbetrieb ist.
Da wird er wohl flitzen müssen, wenn das im Haushalt 2023 / 2024 noch was werden soll. Und die Anmerkung von CDU-Stadtrat Konrad Riedel ist nur zu berechtigt: Ob die älteren Leipziger/-innen die Umsetzung des Toilettenkonzepts überhaupt noch bei Lebzeiten erleben werden.
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