Am 18. Mai 2022 gab es in der Ratsversammlung dann auch noch ein sehr schönes Beispiel dafür, wie die Zeit in diesem Gremium von völlig sinnfreien Anträgen aufgefressen wird, mit denen sich eine Fraktion zu profilieren versucht, die nur zu gern den Oberlehrer spielt: die AfD-Fraktion. Besonders gern spielt diese Rolle AfD-Stadtrat Marius Beyer, der sich im Leipziger Nordosten als rühriger Stadtrat zu profilieren versucht.

Heftige Diskussion im Stadtrat

In diesem Fall hatte er zum Jahresbeginn etwas beantragt, was schon seit zwei Jahren Verwaltungshandeln ist. Denn 2019 hat der Stadtrat den neuen Nahverkehrsplan beschlossen, in dem auch als Prüfauftrag steht, dass die LVB in den Ortsteilen am Stadtrand eine Verbesserung der Nahverkehrsleistungen untersuchen sollte, was auch die mögliche Ausweitung des Flexa-Systems beinhaltet.

Und damit auch in den Ortschaften Engelsdorf und Mölkau, die nun AfD-Stadtat Marius Beyer in seinen Extra-Antrag schrieb, ganz so, als wären sie 2019 einfach vergessen worden.

Die Diskussion am, 18. Mai wurde durchaus noch etwas heftiger als gewöhnlich, nicht nur, weil Beyer den kritisierenden Stadträten aus Linkspartei und grüner Fraktion „Halbwahrheiten“ unterstellte. Sondern auch, weil die Verwaltung ihre Stellungnahme sowohl als „Sachverhalt bereits berücksichtigt“ als auch als „Sachstandsbericht“ und als „Alternativvorschlag“ gekennzeichnet hatte. Über einen reinen Sachstandsbericht hätte der Stadtrat nicht extra abstimmen müssen, über einen Alternativvorschlag aber muss er es.

Unpassende Vorwürfe: 2019 wurde schon alles diskutiert

Was nicht nur Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek als ziemlich überflüssig und nicht notwendig bezeichnete. Denn der Inhalt war auch schon im entsprechenden Verkehrsausschuss bekannt gegeben worden. Und auch wenn es die LVB bis 2020 nicht geschafft haben, konkret für Engelsdorf und Mölkau eine Lösung vorzulegen, wird eben daran doch gearbeitet, wie das Verkehrsdezernat in der Vorlage schildert.

„Das Nahverkehrsangebot für die Ortslagen Mölkau (mit Zweinaundorf) sowie Baalsdorf, Kleinpösna, Hirschfeld und Althen wird in der aktuellen Überprüfung des Busnetzes der LVB mit betrachtet. Dabei wird auch die Möglichkeit der Einführung von ‚Flexa‘ bewertet und darüber entschieden“, hatte es die Sachlage zusammengefasst.

Danach wurde ausführlicher erläutert: „Der Untersuchungsauftrag ist bereits erfolgt, weil es wünschenswert ist, das On-Demand-Verkehrsangebot ‚Flexa‘ als zusätzliches Angebot der LVB auch in weiteren Teilräumen mit signifikanten Defiziten in der Erschließung einzuführen. – Der Alternativvorschlag wurde vor dem Hintergrund der notwendigen Vorab-Überprüfung des gesamten LVB-Busnetzes (Untersuchungsauftrag aus dem Nahverkehrsplan mit dem Ziel einer Umsetzung Ende 2024) formuliert. In diesem Kontext wird das Leistungsangebot in allen äußeren Ortsteilen auf den Prüfstand gestellt. Dies wird auch für die Ortsteile Engelsdorf, Althen-Kleinpösna (inkl. Hirschfeld), Baalsdorf und Mölkau (inkl. Zweinaundorf) gelten.“

Darüber war im Verkehrsausschuss schon berichtet worden. Die Vorwürfe, die Marius Beyer in den Raum stellte, waren also mehr als unpassend.

„Wo genau ‚Flexa‘ oder ein optimierter Busverkehr das Mittel der Wahl sein werden, bleibt den anstehenden Planungen vorbehalten, in jedem Fall werden die betreffenden Ortschaftsvertretungen hierbei beteiligt“, hatte das Verkehrsdezernat betont.

„Dabei ist zu beachten, dass in Teilen von Engelsdorf zwar noch Erschließungsdefizite bestehen, die Ortsteile jedoch überwiegend gut mit dem Bus angebunden sind und im Nahverkehrsplan nicht grundhaft als schlecht erschlossen oder als unterversorgt im Sinne der Mindeststandards deklariert sind. – Bei einer etwaigen Flexa-Einführung müssten auch Anpassungen im Busnetz erfolgen. Aufgrund dieser Wechselwirkungen empfiehlt sich die Betrachtung für Mölkau und Engelsdorf nur im Kontext zur beschriebenen Gesamtnetzoptimierung. Eine Beurteilung zum heutigen Zeitpunkt ist für die genannten Gebiete daher noch nicht möglich.“

Klare Ablehnung auch für den Verwaltungsstandpunkt

Es ist also schon Verwaltungshandeln – auch wenn es länger dauert und wesentlich mehr Anpassungsbedarf bedeutet als nur den Einsatz von ein paar Flexa-Fahrzeugen in Mölkau und Engelsdorf.

Der Stadtrat hätte also auch nicht über den Verwaltungsstandpunkt abstimmen müssen, wie Jürgen Kasek extra betonte. Und gerade über die Ortsteile im Leipziger Osten sei vor zwei Jahren im Stadtrat intensiv diskutiert worden. Man könne also einfach zur Kenntnis nehmen, dass die Verwaltung das macht, was vor zwei Jahren vom Stadtrat beschlossen wurde.

Burkhard Jung beharrte aber darauf, dass abgestimmt wurde. „Sie haben es in der Hand.“ Und das Ergebnis war wie zu erwarten: Der Verwaltungsstandpunkt bekam keine Mehrheit, sondern wurde mit 21:37 Stimmen abgelehnt. Was natürlich nicht bedeutet, dass die Verwaltung nicht weiter arbeiten und bis 2024 eine Lösung vorlegen muss. Denn der Nahverkehrsplan – in den das Thema ja nun einmal gehört – von 2019 gilt ja weiter.

Es bedeutet nur, dass wieder 24 Minuten sinnlos diskutiert wurde über etwas, was die Verwaltung schon macht. Und natürlich letztlich über einen sinnlosen Antrag der AfD-Fraktion, die hier wieder so tun konnte, als würde sie sich ganz besonders um ein lokales Thema kümmern.

Womit dann auch all die Vorwürfe aus dieser Fraktion, andere Fraktionen würden zu viele Anträge stellen, ad absurdum geführt wurde. Denn nichts ist überflüssiger als Anträge, die schon bestehende Beschlüsse noch mal in neuer Verpackung aufs Tapet zu bringen versuchen.

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