Gerade in der letzten Ratsversammlung war es ein Schwerpunktthema, auch weil – mal wieder – über Leipzigs Baumschutzsatzung diskutiert wurde, die sich im Rahmen der jüngeren Stadtentwicklung immer mehr als zahnloser Tiger entpuppt. So richtig ernst nimmt Leipzigs Verwaltung die massiven Baumverluste im Stadtgebiet jedenfalls nicht, stellt die Grünen-Fraktion im Stadtrat fest – und formuliert einen neuen Antrag.

Zum Tag des Baumes am Montag, 25. April, reichte die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen einen neuen Antrag ein, der darauf abzielt, dass künftig bei Bauprojekten der Stadt prioritär zu prüfen ist, ob bestehende Bäume umgepflanzt werden können, bevor es zu Ausgleichsmaßnahmen kommt. So fordert die Fraktion, dass die Stadt ein Verfahren dafür erarbeitet und zeitnah dem Stadtrat vorlegt.

Jürgen Kasek: Baumumsetzungen standardmäßig prüfen

„Die letzten Anfragen haben noch einmal deutlich gezeigt, dass wir in Leipzig Bäume in Größenordnungen verlieren – und zwar ersatzlos. Oft genug wird auch bei Bauprojekten zuerst gefällt und dann ein Ausgleich gesucht“, formuliert Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, das Problem.

„Neupflanzungen brauchen aber Jahre, bis sie die Ökoleistungen von bestehenden Bäumen erreichen können. Deswegen wollen wir eine Regelumkehr schaffen. Zukünftig muss das Hauptaugenmerk bei neuen Bauprojekten deutlich stärker auf den Erhalt des bestehenden Grüns ausgerichtet werden und auch Baumumsetzungen, wie sie jetzt im Einzelfall schon durchgeführt werden, standardmäßig geprüft werden.“

In der letzten Ratsversammlung ging es ja nicht nur um eine punktuelle Schärfung der Baumschutzsatzung, sondern auch um Baumfällungen in Kleingartenanlagen und um die Frage, ob die Stadt überhaupt Zahlen hat zu Baumfällungen mitten in der Brutsaison. Eine Anfrage, die dann im Nichts endete. Was aber mehr als deutlich machte, wie unwillig sich die zuständigen Ämter mit dem Baumschutz in Leipzig beschäftigen. Es fehlt an Kontrollen, die Strafzahlungen sind wirkungslos. Und an Flächen für Ersatzpflanzungen fehlt es im ganzen Stadtgebiet immer stärker.

Wenn eine Baumschutzsatzung den Baumverlust nicht aufhält

„Es ist bitter, dass die Stadt zudem einräumt, dass Bußgelder bei illegalen Baumfällungen bei privaten Baumaßnahmen meist keine Wirkung haben, wie unsere Anfrage zutage gefördert hat. Da es auch an Kontrollen mangelt, ist dies für viele Baufirmen quasi eine Einladung, Bäume auch in der Brutsaison und ohne Genehmigung zu fällen“, kommentiert Jürgen Kasek diese durchaus besorgniserregenden Zustände.

„Dies berichten auch viele Bürger/-innen der Stadt. Hier muss die Verwaltung stärker kontrollieren und konsequenter durchgreifen. Wir haben inzwischen eine Biodiversitätskrise in einem erheblichen Ausmaß und vielen ist das offenbar nicht bewusst. Auch in den anstehenden Haushaltsverhandlungen werden wir das Thema zur Sprache bringen“, kündigt Kasek an.

Dass die in der Baumschutzsatzung geregelten Ersatzpflanzungen gar nicht ausreichen, den Baumverlust zu kompensieren, erläutert der Antrag ebenfalls: „Zwar sehen die geltenden Ausgleichsregelungen Neupflanzungen der gleichen Anzahl vor, jedoch werden dabei der erhebliche Verlust der CO₂-Bindungskapazität sowie des Verschattungspotentials ausgewachsener Bäume außer Acht gelassen. Hinzu treten die Bedeutung größerer Bäume für die Artenvielfalt und nicht zuletzt der ideelle Wert kronenreicher Bäume. Wird dies in die Kosten-Nutzen-Betrachtung einbezogen, können Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die oft gegen Umpflanzungen vorgebracht werden, anders ausfallen.“

Der Antrag der Grünen-Fraktion zum Umpflanzen der Bäume.

Ein Umdenken ist notwendig

Es geht also um ein Umdenken, weg vom ungenügenden Ausgleich eines wertvollen Altbaumes durch einen neu gepflanzten Jungbaum. Hin zum Erfassen des ganzen wertvollen Baumbestandes, der auch möglichst komplett gerettet werden sollte.

Und dass das mit einigen Bäumen durchaus geht, habe die Stadt ja schon gezeigt, betont der Antrag: „Vereinzelt werden mittlerweile bei kommunalen Bauvorhaben entsprechende Umpflanzungen vorgenommen, wie zum Beispiel am Otto-Runki-Platz. Dies geschieht jedoch im Einzelfall, ohne dass regelmäßig geprüft wird, ob eine Umpflanzung sinnvoll ist oder unter welchem Aufwand eine Baumfällung komplett verhindert werden kann. Mit dem vorliegenden Antrag soll eine Regelumkehr vorgenommen werden, nach der eine Umpflanzung grundsätzlich einer Fällung und Neupflanzung vorzuziehen ist.“

Die Diskussion in der Ratsversammlung kann spannend werden.

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