Zuletzt hat Leipzigs Verwaltung im Jahr 2019 alle Mitarbeiter/-innen zu ihrer Zufriedenheit mit ihrer Arbeit, dem Klima und der Führung befragt. Von Dezember 2021 bis Januar 2022 gab es nun die neue Befragung, die auch zeigte, dass die Beschäftigten im Rathaus durchaus sehen, dass die Befragung nicht überflüssig ist. Die Rücklaufquote der Fragebögen erhöhte sich von 43 auf 48 Prozent.

Ulrich Hörning, Bürgermeister und Beigeordneter für Allgemeine Verwaltung, und Claudia Franko, Leiterin Personalamt, stellten die wesentlichen Ergebnisse der Befragung am Dienstag, 29. März, der Presse vor. 250 Einzelauswertungen gehen jetzt auch in sämtliche Verwaltungseinheiten von Amt bis Abteilung.

Die Pandemie hat vieles auf den Kopf gestellt

Und Ulrich Hörning fand die Ergebnisse dann doch sehr bemerkenswert. „Uns stecken jetzt zwei Jahre Pandemie in den Knochen“, sagte er am Dienstag. Und das hat natürlich auch in der Verwaltung vieles auf den Kopf gestellt – nicht nur, dass alle Corona-Maßnahmen organisiert werden mussten und fast 200 Rathausmitarbeiter/-innen völlig neue Aufgaben zugewiesen bekamen.

Hunderte waren – und sind – ja auch noch im Homeoffice, Team-Konferenzen fanden und finden vor allem im Video-Format statt. Das beeinträchtigt natürlich auch das Klima in einer Abteilung und die Nähe zum Führungspersonal. Aber augenscheinlich kommen die meisten Abteilungen im Rathaus ganz gut damit zurecht. Denn der Zufriedenheitswert liegt mit Note 2,58 recht nah an dem hochgerechneten Wert von 2019, als es 2,5 waren. (Damals hatte der Fragebogen mit einer Fünfer-Skala gearbeitet, diesmal konnten Noten bis zur Sechs gegeben werden).

Und dabei gab es mindestens eine Abteilung, wo die Beschäftigten die Durchschnittsnote 1,9 gaben, und eine andere, wo die Benotung deutlich über 4 lag.

Probleme müssen auf Abteilungsebene angegangen werden

Das heißt: Auch wenn der Großteil der Rathausmitarbeiter/-innen mit seinem Arbeitsumfeld recht zufrieden ist (am zufriedensten übrigens mit Arbeitszeitregelung und Familienfreundlichkeit), gibt es Abteilungen, wo die jetzt anstehenden Auswertungsgespräche durchaus ernsthafter stattfinden müssen.

Wobei die Gesamtauswertung natürlich nicht verrät, woran es dort hapert und was konkret getan werden kann und muss. Denn nicht alles kann man auf überforderte Führungskräfte schieben, auch wenn die Führungskultur in einigen Bereichen von Claudia Franko durchaus als dringendes Handlungsfeld identifiziert wird. Aber ein anderes scheint noch dringender: die bereichsübergreifende Zusammenarbeit in der Verwaltung, die insgesamt nur eine 3,1 bekam.

Und Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning sieht hier natürlich, dass es auch für die Bürger der Stadt Folgen hat, wenn „Ämter nicht miteinander kommunizieren“. Das merkt folgerichtig auch der Stadtrat, wenn Vorlagen nicht abgearbeitet, Stadtratsbeschlüsse nur zögerlich angepackt werden oder in einem Nirwana verschwinden, von dem man nicht weiß, wer da nun wo keine Lust mehr hatte, im nächsten Büro anzurufen.

Und Handlungsbedarf gibt es auch bei einem Thema, das gerade junge Leute nur zu gut kennen: die Vorbereitung auf kommende Herausforderungen und Veränderungen. Beispielhaft nannte Hörning Digitalisierung und Bürgerbeteiligung.

Veränderung wird zum Normalzustand

Im Grunde hat die Befragung sichtbar gemacht, dass die Botschaft so langsam durchsickert, von Abteilung zu Abteilung, dass Verwaltungsarbeit nicht mehr in den geruhsamen, durchbürokratisierten Abläufen stattfinden kann, die im letzten Jahrhundert noch üblich waren. Dazu verändert sich ringsherum viel zu viel und viel zu schnell – auch die Erwartungen der Bürger an ihre Verwaltung.

Und Hörning zeigte am Ende auch noch eine Statistik, die die Leipziger Ausgaben zur Personalentwicklung ins Verhältnis setzt zu dem, was in der freien Wirtschaft üblich ist. Und er zeigte dabei auch Dankbarkeit gegenüber dem Stadtrat, der durch seinen Beschluss von 2020 eine Verdoppelung der Gelder für Personalentwicklungsmaßnahmen auf 2,3 Millionen Euro überhaupt erst ermöglicht hat.

Vorher gab die Verwaltung nur 130 Euro pro Mitarbeiter und Jahr für die Qualifizierung aus. Dieser Wert hat sich auf 260 Euro verdoppelt, liegt damit aber trotzdem noch unter den durchschnittlich 418 Euro, die im öffentlichen Dienst in Deutschland die Norm sind. Und erst recht unter den 974 Euro, die sich die freie Wirtschaft ihre Mitarbeiterschulung jährlich kosten lässt.

Ein Thema, das ja erst so richtig an Brisanz gewinnt, denn längst leidet auch Leipzigs Verwaltung unter dem Problem, dass qualifiziertes Personal immer schwerer zu finden ist. Und so stimmt natürlich auch der Vergleich: Auch die Verwaltung ist ein Unternehmen, das im Wettbewerb um die besten Leute in direkter Konkurrenz mit der freien Wirtschaft steht. Und zwar besonders beim Führungspersonal, weshalb der Löwenanteil der Gelder für Personalentwicklung besonders in die Qualifizierung und das Training der Führungskräfte geflossen ist.

Effekte wird man erst später sehen

Diese Schulungen aber begannen erst im letzten Jahr. Die Effekte wird man erst später sehen können, so Hörning. Aber eins wird jetzt schon deutlich: Ein guter Teil des Drucks in der Verwaltung entsteht eben auch durch den Veränderungsdruck von außen. Nun kam noch der Ukraine-Krieg hinzu, der auch die Leipziger Verwaltung mit neuen Aufgaben konfrontiert. Das heißt: Aufatmen ist nicht. Selbst Corona ist nicht zu Ende. Omikron sorgt aktuell wieder für massive Arbeitsausfälle auch in der Verwaltung.

Mit den Mitarbeiter/-innen sollen jetzt von April bis Juni Gespräche geführt werden. Was es nicht geben werde, so Franko, seien jetzt zentrale Maßnahmen aus dem Hauptamt heraus, die irgendwie das Gesamtsystem verbessern sollen. Denn die Befragung zeigt eben auch, dass Probleme sich tatsächlich auf einzelne Abteilungen konzentrieren. Und dass sie wohl auch so unterschiedlich sind, dass die Betroffenen selbst nach Lösungen suchen müssen.

Wobei Hörning wohl auch mit Recht auf die Bürgerbefragungen verwies, in denen die Leipziger/-innen der Verwaltung durchschnittlich eine hohe Dienstleistungsqualität bescheinigen. Hier spielt natürlich eine Rolle, dass gerade im Bürgerservice schon seit Jahren daran gearbeitet wurde, mehr Kundenfreundlichkeit zu etablieren.

Die Bürger merken, wenn es in der Verwaltung klemmt

Es hat dafür einige Jahre mehr gebraucht, auch zu verstehen, dass die Bürgerfreundlichkeit nicht in den Bürgerämtern aufhört, sondern dass Dienstleistung auch zum Alltag der gesamten Verwaltung werden muss und dass die Ratsfraktionen genauso wie die Bürger/-innen eben doch merken, wenn Ämter nicht kommunizieren und Führungspersonal überfordert ist und damit wichtige Herausforderungen nicht angepackt werden.

Denn nicht nur Corona, Digitalisierung und Bürgerbeteiligung erzwingen anderes Verwaltungsdenken. Man vergisst ja geradezu, dass Mobilitätswende, Klimanotstand, Schulbau, Klimaanpassung und Artenschutz genauso auf der Tagesordnung stehen. Alles Themen, wo viele Ämter und Dezernate zusammenarbeiten müssen.

Fühlen sich also die Verwaltungsmitarbeiter/-innen überfordert? Augenscheinlich nicht: Die meisten sind mit dem Zuschnitt der eigenen Arbeitsaufgaben zufrieden (Note 2,2), finden das Arbeitsklima gut (Note 2,5) und schätzen die Bewältigung des täglichen Arbeitspensums mit Note 2,7 ein. Da ist noch Luft nach oben. Aber Ulrich Hörning ist auch ganz froh, dass die zwei Pandemie-Jahre sich nicht negativ auf die Stimmung in der Verwaltung ausgewirkt haben.

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