„Wenn ein Mann die Hälfte eines Tages in den Wäldern aus Liebe zu ihnen umhergeht, so ist er in Gefahr, als Bummler angesehen zu werden; aber wenn er seinen ganzen Tag als Spekulant ausnützt, jene Wälder abschert und die Erde vor der Zeit kahl macht, so wird er als fleißiger und unternehmender Bürger geschätzt“, zitieren die Grünen sogar Henry David Thoreau, um Leipzig zum Waldpflanzen aufzufordern.
„Als wenn eine Gemeinde kein anderes Interesse an ihren Wäldern hätte, als sie abzuhauen!“, hatte Henry David Thoreau schon 1854 gestöhnt. Denn als zeitweiliger Aussteiger konnte er ja beobachten, wie die wertvollen Wälder bei Concord in Massachusetts einfach um des schnellen Profits wegen abgeschlagen wurden. Ein Profitdenken, das auch hinter den meisten heutigen Waldverlusten steht, die freilich inzwischen auch noch deutlich zur Klimaerwärmung beitragen.
Leipzig braucht Kühlung
Wälder kühlen aber nicht nur die Atmosphäre, sie sind auch die kühlende Lunge der Großstädte. Und um den kommenden Hitzezeiten standzuhalten, wird Leipzig deutlich mehr Waldfläche brauchen.
Aber hat die Stadt einen Plan, wie sie das schaffen will? Bis jetzt noch nicht. Weshalb die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen jetzt einen Antrag geschrieben hat, mit der Forderung: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, bis zum 1. Quartal 2023 ein Konzept zu erstellen, um das Ziel der Erhöhung des Anteils der Waldfläche in Leipzig auf 10 % mittelfristig umzusetzen. Als Teil dieses Konzepts ist auch die Stärkung des Grünzuges und die Verbindung von Grünflächen jenseits des Leipziger Auwalds aufzunehmen. Dazu werden Gespräche mit Waldeigentümer/-innen, dem Freistaat Sachsen und der Stiftung Wald für Sachsen aufgenommen und eine Bürgerbeteiligung durchgeführt.“
Mit dem Auwald hat Leipzig zwar schon eine grüne Lunge, die in heißen Sommern auch zur Kühlung eines Teils des Stadtgebietes beiträgt. Aber die Fläche dieses Waldgebietes ist nicht groß genug, stellen die Grünen fest.
„Leipzig wird aufgrund des zentrumsnah verlaufenden Auwaldes von vielen als sehr grüne Stadt wahrgenommen. Dabei beträgt der Anteil der Waldfläche im Stadtgebiet Leipzig lediglich 6,5 %. Im Schnitt sind 10 % der Gemeindeflächen im Bundesgebiet Wald“, gehen die Grünen auf das nicht sofort sichtbare Missverhältnis ein.
„Auf der Seite der Stadt Leipzig ist dazu festgehalten, dass der Leipziger Stadtwald mit 2.100 ha zu den wichtigsten Erholungsräumen in Leipzig und Umgebung gehört und dies trotz seines relativ geringen Anteils an der gesamten Stadtfläche.“
Tatsächlich liegt nur ein Teil des Stadtwaldes auch auf Leipziger Stadtgebiet. Das „Statistische Jahrbuch“ gibt ganze 1.952 Hektar an. Das ist deutlich weniger als die 3.604 Hektar, die von Verkehrsflächen eingenommen werden.
Ein Konzept fehlt
„Auch nach der politischen Wende gab es trotz vieler Neuaufforstungen in Leipzig und Umgebung keine wesentliche Änderung an dem relativ geringen Waldanteil. Somit gehört das Territorium der Stadt Leipzig und die unmittelbare Umgebung immer noch zu den waldärmsten Regionen des Freistaates Sachsen“, stellen die Grünen fest. „Obwohl sich die Stadt das Ziel gesetzt hat, den Anteil der Waldflächen zu vergrößern, ist aktuell aufgrund des bestehenden Baudruckes eine gegenteilige Entwicklung spürbar.“
Und augenscheinlich fehlt auch hier wieder der Wille, die Sache auch planerisch in Angriff zu nehmen.
Denn, so die Grünen-Faktion: „Die im INSEK 2030 festgehaltene Zielstellung, dass es einer deutlichen Stärkung des Biotopverbundes bedarf, ist bislang kaum angegangen worden. Dabei schreibt die Stadt wiederum als eigenen Arbeitsauftrag dazu, dass ein funktionstüchtiger Biotopverbund für den Naturschutz und Biodiversität sowie für das langfristige Überleben der Tier- und Pflanzenpopulationen in der Stadt unabdingbar ist. Da der Biotopverbund auch im Bereich des Auwaldes, entlang des Elsterbeckens zwischen Hans-Driesch-Straße und Jahnallee empfindlich gestört ist, bedarf es auch weiterer Anstrengungen, um den Biotopverbund zu stärken und Grünbrücken zu schaffen, um der heimischen Tier- und Pflanzenwelt Wachstumspotentiale zur Verfügung zu stellen.“
Waldfläche verzweifelt gesucht
Dabei suche dich die Stadtverwaltung ständig nach Flächen, wo Wald angepflanzt werden könnte, hatte diese den Grünen mitgeteilt: „Die Stadtverwaltung sucht und prüft ständig nach Flächen, die im Rahmen der gültigen Vorgaben (Sächsisches Waldgesetz, Sächsisches Naturschutzgesetz, FFH- und SPA-Managementpläne, Stadtratsbeschlüsse usw.) zur Anlage von neuen Waldflächen geeignet sind und sich im Eigentum der Stadt Leipzig befinden. Weiterhin bestehen Bestrebungen, solche Flächen anzukaufen. Außerdem wird versucht, auch private Grundstückseigentümer zur Anlage von Wald zu überzeugen.“
Aber so eine richtige zielstrebige Arbeit an der Waldmehrung im Stadtgebiet scheint das aus Sicht der Grünen-Fraktion nicht zu sein.
Da fehlt irgendwie der Plan: „Diese einzelnen Bausteine sind in ein Konzept zu überführen, aus dem deutlich hervorgeht, wie das Ziel der mittelfristigen Waldmehrung auf 10 % der Gebietsfläche geschaffen werden soll. – Gerade auch vor dem Hintergrund des Verschwindens von Brach- und Grünflächen innerhalb der Stadt einerseits und dem Klimawandel andererseits ist hier auch ein deutliches Zeichen von der Stadtverwaltung notwendig, dass man die Zeichen der Zeit verstanden hat und handeln will.“
Und so frisch ist der Begriff Biotopverbund ja auch nicht. Aber mehr als die Niederschrift des Wortes in schönen Broschüren ist bislang noch nicht passiert. Und wenn es mal um dessen Stärkung geht, stehen aus Sicht der Stadt immer irgendwelche anderen Dinge im Weg – so wie am Elsterbecken, wo es um die Belange eines Fußballclubs, um Platz für die Kleinmesse und um Parkplätze für Pkw zu Großveranstaltungen geht. Da war der Biotopverbund auf einmal nur noch unter „ferner liefen“ zu finden.
Und weil das in der ganzen Stadt so ist, kommt die Waldmehrung einfach nicht in Gang.
„Die zunehmenden Proteste um das Verschwinden von Grünflächen in Leipzig machen deutlich, dass auch die Bevölkerung diesen Handlungsbedarf sieht und Handlungen erwartet“, mahnen die Grünen.
Und da Wald Zeit braucht, um zu wachsen, drängt eigentlich auch die Zeit. Wobei das 1. Quartal 2023 bestimmt sportlich ist. Denn parallel will die Stadt ja das Auenentwicklungskonzept vorlegen, in dem Waldmehrung eigentlich auch eine Rolle spielen sollte.
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Es gibt 2 Kommentare
Das ist ja ein besonders steiler (und lustiger, wenns nicht so traurig wäre…) Gipfel der Heuchelei, den die Grünen hier hier zu erklimmen versuchen, hier auf lokaler Ebene (zur Zeit kommen sie ja auch überall mit Slogans wie Frieden schaffen mit möglichst vielen Waffen…, Waldabhacken für Windindustrieanlagen… Schwächung des Artenschutzrechts und der Bürgerrechte für die Windenergieindustrie… die Aufzählungen könnte ich hier weiter führen…).
In Leipzig waren sie schon immer sehr treue Partner der Forstwirtschaft gewesen, Zustimmung zu allen Forstwirtschaftsplänen, garantiert! Aufreißen der klimatisch so wichtigen Kronendächer durch massive Altdurchforstungen und (Klein)Kahschläge. Geschenkt, die Förster wissen am besten, was gut ist für den Wald… Und wir wollen ja den Holzbau fördern…
B-Pläne, die mit massiven Verlusten an Wald und alten Baumbeständen verbunden sind, das verlässliche Ja der Grünen im Stadtrat ist garantiert. 2 ha Wald weghacken an der Prager Spitze. Gerne, ist doch für einen guten Zweck. Das Abhacken aller alten Bäume auf dem Leuschnerplatz, Bitteschön! Ist doch für ein ökologisches Leuchtturmprojekt!
Und 8 ha Waldabhacken auf der ehem. Deponie Seehausen (ein Biodiversitäts-Hotspot in Leipzig) für das fast vollständige Zupflastern mit PV-Anlagen, gegen die Schutzbemühungen des Ortschaftsrates. Supertoll, ist doch für die Energiewende! Der Wald wird überschätzt…
Für wie blöd hält eigentlich die Fraktion der Leipziger Grünen die Leipziger Bevölkerung?
Ein bißchen befremdlich für mich, dass Ralf Julke (den ich mit vielen Artikeln durchaus schätze) das auch so kritiklos übernimmt in diesem Artikel hier.
PS: Das Foto zeigt übrigens keine Waldmehrung, sondern das Anlegen einer monotonen Kiefernplantage (vermutlich mit Verstoß gegen artenschutzrechtliche Bestimmungen), die nicht einmal zur Holzerzeugung tauglich ist (da das Vertrocknen nahezu garantiert ist). Es zeigt aber dafür sehr gut das Verständnis der Grünen für den Wald…
Waldfläche(n)dringend gesucht. Das nennt man Geschwurbel. Die Stadt ist EIGENTÜMER etlicher Flächen mitten im Auwald welkche sie perpachtet hat, verpachtet für knallharte nichtbiologische Landwirtschaft, also mit dem ganzen chemischen Zeugs- was man nicht wirklich im Naturschutz-und/oder Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald haben möchte.
Meine Idee Pachtverträge kündigen- Wald anpflanzen, am besten natürlich keine Försterbäume !