Diese Anfrage der Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat kam eindeutig zu früh. Verständlicherweise, denn der Ukraine-Krieg hat klargemacht, dass Deutschland schnellstmöglich aus der Abhängigkeit von russischem Erdgas und Erdöl herausmuss. Und das geht nur mit einem deutlichen Ausbau der alternativen Energieerzeugung. Aber welches Potenzial hat Leipzig da eigentlich?

Immerhin geht es ja auch um die Versorgungssicherheit der Stadt mit Strom und Wärme, ein Thema, das OBM Burkhard Jung ja schon zuvor in seiner Stellungnahme zur aktuellen Wärmeversorgung in Leipzig angesprochen hatte. Und aktuell ist sie noch sicher, auch weil sich Leipzigs Stadtwerke rechtzeitig und ausreichend mit Vorräten versehen haben.

Wie viel Leistung können Leipzigs Anlagen künftig liefern?

Aber das ist noch nicht die Lösung für die Zukunft. Auch Leipzig wird zusehen müssen, jede mögliche Fläche im Stadtgebiet zum Ausbau von Wind- und Solaranlagen zu nutzen. Bei Solar schwelt ja nach wie vor die Diskussion um die einstige Deponie Seehausen, die mit dem Bau eines großen Solarfeldes zu „Energieberg“ werden soll.

Aber bei Windkraft war Leipzig an seine Grenzen gekommen, weil die bisherigen sächsischen Regelungen nicht mehr Anlagen im Stadtgebiet ermöglichten.

„Derzeit gibt es 10 WKA im Stadtgebiet von Leipzig im Stadtbezirk Südwest. Für diese Anlagen besteht ein theoretisches Potenzial für Repowering. Weitere 4 Anlagen befinden sich auf dem Betriebsgelände des BMW-Werkes. Die Zulässigkeit des Repowering muss im Rahmen der erforderlichen Antragsverfahren, auch unter Berücksichtigung der Abweichung von den Abstandsregeln, geklärt werden“, hatte das Dezernat Stadtentwicklung und Bau auf die Grünen-Anfrage zum Bestand geantwortet.

Wie viel Leistung dahinter steckt, konnte Baubürgermeister Thomas Dienberg am 15. März noch nicht sagen. Das hätte Grünen-Stadtrat Tobias Peter schon noch gern gewusst. Denn wenn die Anlagen für ein Repowering – also den Ersatz durch wesentlich leistungsstärkere Anlagen – infrage kommen, ist schon wichtig zu erfahren, wie viel mehr Strom die Windräder dann produzieren können.

Höchste Zeit für die Energiewende

Die anderen Fragen konnte das Baudezernat beim besten Willen noch nicht beantworten, denn weder ist die neue sächsische Bauordnung mit ihrer völlig aus der Zeit gefallenen 1.000-Meter-Abstandsregel schon vom Landtag beschlossen, noch liegen die neuen Rahmensetzungen durch das Bundesenergieministerium vor, die wahrscheinlich die neuen sächsischen Regelungen gleich wieder außer Kraft setzen, weil jetzt Tempo gemacht werden muss, damit jedes einzelne Bundesland mindestens 2 Prozent seiner Landesfläche für Windkraft zur Verfügung stellt.

Denn nur mit unabhängiger alternativer Energieerzeugung schafft Deutschland seine Klimaziele und löst sich endlich auch aus der extremen Abhängigkeit von Energieimporten aus einem kriegslüsternen Land wie Russland.

Und weil das alles noch nicht klar ist, gibt es auch im Regionalen Planungsverband Westsachsen, zu dem Leipzig gehört, noch keine Vorstellungen darüber, wo künftig überall der Bau von Windkraftanlagen möglich sein wird.

„In diesem Zusammenhang wird perspektivisch das Potenzial für weitere Vorrang- und Eignungsgebiete für WKA, auch unter Berücksichtigung der neuen Abstandsregelungen, im Stadtgebiet von Leipzig im Rahmen der Fortschreibung des Regionalplanes untersucht werden“, formulierte das Planungsdezernat.

Fazit: Nichts Genaues weiß man nicht

„Daher können zum jetzigen Zeitpunkt keine genaueren Angaben zur Anzahl der Anlagen, Leistung und Energieertrag gemacht werden. Dies hängt auch davon ab, wie die Sächsische Bauordnung, insbesondere auch die angekündigte Experimentierklausel, letztendlich ausgestaltet und wie die Stadt Leipzig sich zur Abweichung von der Abstandsregel positionieren wird. Angesichts der aktuellen geopolitischen Entwicklung sind zudem bundesgesetzliche Vorgaben zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien zu erwarten, welche ebenfalls zu berücksichtigen sein werden, derzeit aber in ihrer Ausgestaltung noch nicht abschätzbar sind.“

Wahrscheinlich wäre die Frage sogar im Sommer noch zu früh gestellt, denn um diese Potenziale zu erschließen, müssen sich auch erst einmal die Mitglieder im Planungsverband einigen, von denen einige in den letzten Jahren lieber Bremser waren, als dass sie den Raum Westsachsen zum Vorreiter beim Ausbau der Windenergie in Sachsen gemacht hätten.

Die Debatte vom 15. März

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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