Wenn Leipzig bis 2038 oder noch früher leidlich klimaneutral werden will, muss nicht nur der gesamte Strom in der Stadt grün werden und sich die Mobilität drastisch ändern. Auch die Wärmeversorgung der Stadt muss gründlich umgestellt werden. Ein Thema, das jetzt ein Antrag der Grünen-Fraktion thematisiert, den die Stadtverwaltung begrüßt. Und besondere Zustimmung findet er bei Fridays For Future.
Die Leipziger Ortsgruppe der Fridays for Future Klimagerechtigkeitsbewegung fordert jedenfalls schon mal ein „Ja“ zum „Kommunalen Wärmeplan für eine klimaneutrale Wärmeversorgung in Leipzig“.Auf Antrag der Grünen-Stadtratsfraktion hat die Stadtverwaltung jetzt auch einen Verwaltungsstandpunkt zum kommunalen Wärmeplan für eine klimaneutrale Wärmeversorgung in Leipzig erarbeitet.
FFF Leipzig jedenfalls begrüßt die vorgeschlagenen ambitionierten Klimaziele der Stadt Leipzig und ermutigt den Stadtrat, diesem Antrag zuzustimmen. Auch wenn die aktuellen Klimaziele noch nicht mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar seien, sei es ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt.
Konkret soll – wird der Antrag im Stadtrat angenommen – bis Ende 2023 ein genauer Plan erarbeitet werden, wie die städtische Wärmeversorgung schnellstmöglich auf klimaneutrale Alternativen umgestellt werden kann. Dafür müssen sowohl die Fernwärmeerzeugung als auch die dezentralen Öl- und Gas-Heizungen in überwiegend privaten Haushalten durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden.
Abschied von Lippendorf
Mit dem diesjährigen Ende des Fernwärmeliefervertrages mit dem Braunkohlenkraftwerk Lippendorf stehen die Leipziger Stadtwerke vor der Herausforderung, die benötigte Wärme ab 2023 überwiegend mit eigenen Kraftwerken bereitzustellen. Für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens ist es freilich notwendig, dass die jetzt neu gebauten Gaskraftwerke spätestens 2030 auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden.
Ob der dafür benötigte „grüne Wasserstoff“ dann in ausreichender Menge und zu einem wirtschaftlichen Preis zur Verfügung steht, daran haben nicht nur Wissenschaftler/-innen derzeit Zweifel.
Daher fordert FFF Leipzig parallel zur Umstellung von Gas auf Wasserstoff auch den massiven Ausbau von erneuerbaren Energien wie Solarthermie und Umweltwärme, inklusive einer entsprechenden Anpassung und Erweiterung der Wärmenetze, um die kommunale Wärmeversorgung bezahlbar, versorgungssicher und sauber zu ermöglichen.
Luise Steeck, Pressesprecherin von Fridays for Future Leipzig erklärt dazu: „Nachdem im Oktober 2019 auf unsere Initiative der Klimanotstand ausgerufen wurde, passierte erst mal wenig, so war jedenfalls die öffentliche Wahrnehmung. Dass die Stadtverwaltung jetzt einen so ambitionierten, aber realistischen Vorschlag für die erstmalige Erstellung eines Wärmeplans vorlegt, stimmt uns optimistisch, dass wir in Leipzig der Einhaltung der Pariser Klimaziele näherkommen. Die absehbaren Maßnahmen reichen noch nicht aus, sind aber ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und können entlang des Wegs auch noch nachgebessert werden.“
Eine Herausforderung für private Gebäudeeigentümer
Für den wesentlich größeren Anteil der Leipziger Wohnungen, die dezentral durch Öl oder Gas beheizt werden, ist die Umstellung auf klimaneutrale Wärmeerzeugung eine nicht minder große Herausforderung. In zehntausenden Gebäuden müssen dafür die Erzeugungsanlagen erneuert oder ausgetauscht werden, was aus städtischer Sicht die Kooperation der Hausbesitzer/-innen voraussetzt.
Da die städtischen Mittel kaum ausreichen werden, um eine nachhaltige Förderung der kommunalen Wärmewende zu realisieren, sehen die Klimaaktivisten von FFF Leipzig den Freistaat Sachsen und den Bund in der Verantwortung, die notwendigen Maßnahmen mit Förderprogrammen und weiteren Anreizen zu unterstützen. Auf kommunaler Ebene sei die Stadt gut beraten, schnellstmöglich die notwendigen regionalen Voraussetzungen zu schaffen.
Dazu zählen neben der Schaffung „kalter“ Nahwärmenetze, Umrüstung städtischer Immobilien und Anpassung des Bauplanungsrechts zur verpflichtenden Nutzung erneuerbarer Energien bei Neubauten auch die bestmögliche Vermittlung der Fördergelder an die Hauseigentümer/-innen. Wo der kommunale Einfluss endet, müssten Landes- und Bundesregierung entsprechend unterstützen.
Tom Richter von FFF Leipzig betont:
„Die Stadt Leipzig befindet sich vor den wahrscheinlich größten klimapolitischen Herausforderungen. Inmitten der aktuellen Energiekrise ist es umso wichtiger, diese schnell und konsequent anzugehen, um die Bürger/-innen zu entlasten und die Stadt auf einen Pfad zu bringen, der konform mit den Pariser Klimazielen ist. Mit dem vorgelegten Konzept rückt dieser Pfad entscheidend näher. Die regionale Versorgung mit Erneuerbaren Energien ermöglicht eine Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern und deren Preisanstieg. Wir begrüßen ausdrücklich die Bestrebung der Stadt, eine klimaneutrale Wärmeversorgung schon bis 2035 erreichen zu wollen. Besonders wichtig dabei ist, die Bürger/-innen bestmöglich über die Maßnahmen aufzuklären und die Akzeptanz für die Maßnahmen zu stärken.“
Aus dem vorliegenden Verwaltungsstandpunkt geht auch hervor, dass die Stadt den Stadtrat in jährlichem Abstand über die Umsetzung des Wärmeplans informieren will. Dabei müssen die getroffenen Maßnahmen regelmäßig auf ihre Wirkung untersucht und bei Bedarf verschärft werden. Aufgrund des begrenzten kommunalen Handlungsspielraums erwarten wir von der Stadtverwaltung, dass sie sich bei Land und Bund für entsprechende Verordnungen, Gesetzesänderungen und Förderprogramme einsetzt, die der Erreichung der Pariser Klimaziele zuträglich sind.
Dass die EU am gestrigen Mittwoch die Energieerzeugung mit Atomkraft und Erdgas als „nachhaltig“ eingestuft hat – was wir im Einklang mit Expert/-innen für einen fatalen Fehler halten – darf auch in Leipzig den schnellstmöglichen Ausstieg aus fossilem Erdgas nicht verzögern.
Einladung zur Mahnwache
Fridays For Future Leipzig lädt am heutigen Freitag, 4. Februar, ab 16 Uhr vor dem neuen Rathaus zu einer Mahnwache ein, wo die jungen Klimaaktivisten ausführlich Stellung zum Konzept für den Wärmeplan nehmen und mit Stadträt/-innen aus den verschiedenen Fraktionen ins Gespräch kommen wollen.
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