Thomas Kรถhler, Stadtrat der Piratenpartei und Mitglied der Freibeuter-Fraktion, bleibt hartnรคckig. Immerhin sollte am Mittwoch, 8. Dezember, endlich der neue Antrag der Freibeuter zur Informationsfreiheitssatzung im Stadtrat zur Abstimmung kommen. Seit dem veritablen Streit um die Weisungen des Ordnungsamtes zum Abschleppen widerrechtlich geparkter Fahrzeuge geht es ja um die Urfrage in der Stadt: Darf oder muss gar eine Verwaltung auch Weisungen รถffentlich machen, wenn Bรผrger per Informationsfreiheitssatzung anfragen?
Bisher lautete die Antwort konsequent: Nein. Denn natรผrlich sind Kommunen im Fall von Weisungsaufgaben auch nur nachgeordnete Behรถrde des Staates, mรผssen als Kommunalbeamte umsetzen, was Landes- und Bundesgesetze vorschreiben โ wie eben im ruhenden Verkehr.Aber der Streit entzรผndete sich ja bekanntlich um die Frage, welche Ermessensspielrรคume das Leipziger Ordnungsamt hat und ob diese Spielrรคume durch interne Weisungen abgedeckt sind. Ein Thema, das ja auch zu dem Gerรผcht fรผhrte, das Ordnungsamt wรผrde prinzipiell nicht abschleppen lassen, wenn Autobesitzer ihr Fahrzeug falsch abstellen.
Thomas Kรถhler, der den Antrag fรผr die Freibeuter-Fraktion erlรคuterte, erwรคhnte nicht zu Unrecht, dass eine transparente Informationspolitik an so einer Stelle auch den Gerรผchten einen Riegel vorschieben wรผrde.
Die Verwaltung mรผsste also nur โ wie sie es bei Antrรคgen im Rahmen der Informationsfreiheitssatzung ja sowieso schon tut โ prรผfen, ob die abgefragten Inhalte herausgegeben werden dรผrften oder nicht. Einfach nur eine Verweisung darauf, dass man zu Weisungsaufgaben keine Auskรผnfte geben dรผrfe, sei zu wenig.
Aber die Lage ist juristisch wohl doch etwas komplizierter. Was dann Verwaltungsbรผrgermeister Ulrich Hรถrning in seiner Stellungnahme noch einmal versuchte deutlich zu machen. Denn noch immer hat Sachsen kein Informationsfreiheitsgesetz. Der Spielraum der Kommunen, die eigene Informationsfreiheitssatzung auszuweiten, ist also denkbar beschrรคnkt und eine Annahme des Antrags, so OBM Burkhard Jung, kรถnnte die Stadt dazu zwingen, in Widerspruch gehen zu mรผssen.
Wobei Hรถrning auch andeutete, dass die Neufassung des Freibeuter-Antrags auch aus Sicht der Verwaltung begrรผรenswert wรคre. รberhaupt sah er im Vorstoร der Freibeuter einen โwichtigen Impulsโ. Denn natรผrlich schafft mehr Transparenz auch in der Informationspolitik der Stadt mehr Verstรคndnis und Akzeptanz bei den Bรผrgern.
Sein Vorschlag zur Gรผte war dann, dass die Verwaltung selbst bis Ende 2022 einen Vorschlag zur Informationsfreiheitssatzung vorlege, der dann auch juristisch geprรผft wรคre und womรถglich mit dem dann vielleicht endlich vorliegenden Informationsgesetz des Freistaats Sachsen kompatibel wรคre.
Wobei FDP-Stadtrat Sven Morlok seinen Fraktionskollegen Kรถhler darin unterstรผtzte, den Antrag jetzt zur Abstimmung zu stellen. Denn Hรถrnings Stellungnahme habe ja gezeigt, dass er eigentlich umsetzbar wรคre.
Vรถllig daneben war dann die Wortmeldung des AfD-Stadtrats Roland Ulbrich, der gleich mal ein Konstrukt von โKompetenzordnungโ aufbaute und meinte, Bรผrgeranfragen zu Weisungsaufgaben hรคtten auf kommunaler Ebene gar nichts zu suchen, die sollten an die staatliche Ebene allein gerichtet werden. Was schon ein erstaunliches Verstรคndnis von kommunaler Selbstbestimmung und Bรผrgernรคhe an den Tag legte.
Aber diese Wortmeldung spielte in der Diskussion รผberhaupt keine Rolle, denn selbst SPD und CDU-Fraktion signalisierten, dass ihnen das Anliegen des Freibeuter-Antrags durchaus wichtig ist. CDU-Stadtrรคtin Andrea Niermann war es dann, die den Wunsch von OBM Burkhard Jung aufnahm, eine Vertagung des Antrags zu beschlieรen und ihn lieber in die Januar-Ratsversammlung zu schieben. Auch weil Jung versprach, zur Neufassung des Antrags einen kompetenten Verwaltungsstandpunkt erarbeiten zu lassen.
Entsprechend gemischt waren dann logischerweise auch die Gefรผhle im Saal der Kongresshalle und man merkte in der Abstimmung schon, dass so manche Fraktion am liebsten gleich den Antrag abgestimmt hรคtte, aber doch lieber die juristischen Bedenken ernst nahm. Und so gab es ein durchaus buntes Abstimmungsergebnis mit 27 Stimmen fรผr die Vertagung des Antrags, 18 Gegenstimmen und 17 Enthaltungen.
Womit die Verwaltung jetzt noch einmal vier Wochen Zeit hat, den von Jung versprochenen โkonstruktiven Vorschlagโ vorzulegen.
Die Debatte vom 8. Dezember 2021 im Stadtrat
Video: Livestream der Stadt Leipzig
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