„Es ist uns bewusst, dass die Gründung einer neuen Arbeitsgemeinschaft nicht unbedingt für Begeisterungsstürme sorgen wird“, schreibt die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen zu ihrem jüngsten Stadtratsantrag: „Gründung einer Arbeitsgruppe Strategisches Personalmanagement“. Aber ist das Personalmanagement nicht Hoheitsgebiet des OBM? Auch dessen sind sich die Grünen bewusst und geben es auch zu. Wären da nicht die seltsamen Personallöcher der vergangenen Jahre gewesen.
Denn nachdem es immer wieder erstaunliche Ausreden gegeben hatte, warum gerade Investitionsprojekte in Leipzig immer so lange brauchten oder über Jahre nicht angepackt wurden, stellte sich zumeist heraus, dass das benötigte Planungspersonal fehlte, ganze Abteilungen – wie bei den Planungen zum Radverkehr oder zum ÖPNV – überhaupt nicht existierten.
Es waren dann die Stadtratsfraktionen, die meist mit Anträgen zum Doppelhaushalt die Finanzierung dieser Stellen beantragten und so überhaupt erst einmal die nötigen Planungsstrukturen möglich machten.
Und das durchaus auch mit scharfen Tönen in der Ratsversammlung, denn solange es keine klare Ansage aus der Verwaltung gab, dass tatsächlich die entsprechenden Personalstellen fehlten, konnte der Stadtrat auch nicht reagieren oder bestenfalls mahnen und auffordern.
Gerade an dem Punkt, an dem es um das Umsetzen von Stadtratsbeschlüssen geht, existiert die Grenze zum Handlungsbereich des Verwaltungschefs eigentlich nicht mehr.
Jedenfalls sehen es die Grünen so: „Viele der Prozesse und Entscheidungen tangieren den Stadtrat in Einzelentscheidungen. Besetzung von Stellen leitender Bediensteter, der Stellenplan der Stadtverwaltung oder die begleitende Beratung zu Organisationsstrukturen und neuen Anforderungen an die Verwaltung beschäftigen immer wieder verschiedene Gremien des Rates. Der zuständige Fachausschuss, der sich mit einer großen Themenbreite zu beschäftigen hat, ist bereits jetzt schon mit sehr vielen Themen befasst.“
Aus Mitarbeiterbefragungen lernen
Und dazu kommt: Die Verwaltung muss sich ändern, muss lernen, völlig andere Aufgaben zu lösen – wie beim Thema Klimaschutz und bei der Mobilitätswende deutlich wurde. Auch hier war der Stadtrat Treiber. Aber wirklich verlässliche Strukturen bekommt man nur, wenn die Ratsfraktionen und die Verwaltung zusammenarbeiten, sich abstimmen und auch in den Ausschüssen gemeinsam Wege suchen, wie das Problem gelöst werden kann.
„Außerdem gilt es bestehende Strukturen und Prozesse im Personalbereich (auch ämterübergreifend) zu prüfen und ggf. neu zuzuordnen. Hier möchte der Stadtrat aktiv in Diskussionen einbezogen werden und den OBM bei seiner Entscheidungsfindung zu Aufgabenzuordnungen in der Verwaltung unterstützen“, betonen die Grünen.
„Der Stadtrat hat die Mitarbeiterbefragung am Ende der letzten Legislatur zur Kenntnis genommen. Der Oberbürgermeister sollte den Stadtrat bis Ende 2020 zum Stand der aus dieser Befragung abgeleiteten zentralen Maßnahmen informieren, was bis dato aussteht.“
Zu den Ergebnissen dieser Mitarbeiterbefragung gehörte zum Beispiel:
„Die Befragten erhalten im Durchschnitt nur teilweise regelmäßige Rückmeldung von ihren Vorgesetzten. Dafür waren Mitarbeiter, die regelmäßig Feedback von ihrer direkten Führungskraft bekamen, auch mit anderen wichtigen Arbeitsaspekten zufriedener.
Nur 49 Prozent der Mitarbeiter der Stadtverwaltung stimmten der Aussage zu, dass ihr Vorgesetzter eine Vorbildfunktion für sie habe, 26 Prozent gaben an, dass dies eher nicht oder überhaupt nicht zutreffe. Deutlich wurde auch, dass die Stadtverwaltung mehr für die Personalentwicklung tun sollte. Nur etwas mehr als ein Drittel der Befragten gaben an, mit den beruflichen Perspektiven bei der Stadt zufrieden zu sein.“
Das sind schon Befunde, die aufhorchen ließen. Und die die Grünen auch ernst genommen wissen wollen.
Mehr Weitsicht im Personalmanagement
„Es ist wichtig, ein gutes und weitsichtiges Personalmanagement zu betreiben. Wenn es aufgrund langer Vakanzen keine Staffelübergabe von den vorhandenen zu den neuen Mitarbeitern gibt, geht sehr viel Wissen verloren. Das können wir uns nicht leisten. Hier möchte der Stadtrat die Stadt unterstützen, geeignete Maßnahmen und Konzepte zum Wissenstransfer zu erarbeiten und einzuführen“, stellen sie fest.
„Der Stadtrat, der die grundsätzlichen Beschlüsse auch für den Stellenplan und die Haushaltsmittel auch für die Personalentwicklung zu fassen hat, sollte eng, natürlich unter strenger Beachtung der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten und des Datenschutzes, in diese Prozesse eingebunden werden.“
Und natürlich betonen sie vorsichtshalber: „Die Organisationshoheit des OBM nach SächsGemO wird hiervon nicht beeinträchtigt, sondern schafft Transparenz und Verständnis in den Ratsfraktionen.“
Aber eine Arbeitsgruppe „Strategisches Personalmanagement“ würde beiden Seiten helfen und vielleicht auch das ewige Rätselraten beenden, warum Beschlüsse nicht umgesetzt werden. Oder warum sich nichts ändert, obwohl Mitarbeiterbefragungen deutlichen Handlungsbedarf sichtbar gemacht haben.
AG Hauptsatzung könnte AG Strategisches Personalmanagement werden
Manchmal sind es ja wirklich die Ämterstrukturen, die nicht richtig funktionieren. Manchmal sind auch installierte Amts- und Abteilungsleiter/-innen zwar fachlich bestens geeignet, aber ihnen fehlt das Charisma einer Führungsperson. Wie geht man mit solchen Konstellationen um, ohne die Personen zu schädigen?
Es ist schon ein gewisser Anspruch, den die Grünen mit ihrem Antrag deutlich machen: „Die Arbeitsgruppe soll auch die Umsetzung des vom Stadtrat beschlossenen Personalentwicklungskonzepts evaluieren.“
Und natürlich laden sich damit auch die Stadträt/-innen mehr Arbeit und mehr Verantwortung auf. Weshalb eigentlich auch keine neue Arbeitsgruppe gegründet werden müsste, so die Grünen-Fraktion: „Die Arbeitsgruppe – beispielsweise könnte die frühere AG Hauptsatzung damit fortgeführt werden – soll dem Personalmanagement als Stadtratsgremium begleitend zur Seite stehen.“
Die schon bestehende AG würde also schlichtweg mehr Aufgaben bekommen und könnte für OBM Burkhard Jung und Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning auch ein jederzeit nutzbares Beratungsgremium werden, mit dem Personalpolitik im Rathaus abgestimmt werden könnte.
Und dann kann ja auch der Satz: „Es ist uns bewusst, dass die Gründung einer neuen Arbeitsgemeinschaft nicht unbedingt für Begeisterungsstürme sorgen wird. Deshalb schlagen wir vor, die AG Hauptsatzung umzubenennen und als AG Strategisches Personalmanagement fortzuführen.“
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