Dass Leipzigs Baumschutzsatzung nicht wirklich aktuell ist, hat damit zu tun, dass sie zehn Jahre lang praktisch auf Eis gelegt war durch das 2010 vom Sächsischen Landtag beschlossene „Gesetz zur Vereinfachung des Landesumweltrechts“, das nicht wirklich für Vereinfachung gesorgt hat. Aber für ziemlich viele gefällte Bäume, die auch im Leipziger Stadtgebiet keinen Ersatz gefunden haben. Inzwischen haben kommunale Baumschutzsatzungen in Sachsen wieder ihre volle Wirkung. Aber die Leipziger ist auf dem Stand von 2002.
Noch 2020 hatten die Grünen höchst besorgt eine neue Baumschutzsatzung beantragt, wurden aber von der Verwaltung beruhigt – die alte Satzung sei in allen Belangen weiter in Kraft. Aber spätestens die ausgerechnet vom Amt für Umweltschutz genehmigten Fällungen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz Ende Januar machten mehr als deutlich, dass an dem Instrument doch was zu aktualisieren ist.
Das macht jetzt die Linksfraktion zum Inhalt eines Stadtratsantrages. Dabei geht es auch um zwei Punkte, die beide den Ausgleich für die Baumfällungen betreffen. Denn die Antragsteller haben bislang zwei Möglichkeiten, wenn sie den Baumbestand auf ihrem Baugrundstück nicht erhalten wollen – was eigentlich das Hauptziel einer wirklich wirksamen Baumschutzsatzung sein müsste.
Entweder bieten sie Ersatzpflanzungen an einem anderen Ort an oder – wenn sie diesen Ersatzort selbst nicht haben – Ausgleichszahlungen für die gefällten Bäume, sodass die Stadt zumindest den Geldwert für neu zu pflanzende Bäume bekommt.
Neupflanzung – in der Praxis nicht so einfach
Das könnte man auch Ablasshandel nennen. Was die Linksfraktion so nicht nennt. Aber schon seit Jahren zeigt sich, dass Stadt und Bauherren kaum noch Ersatzflächen im Stadtgebiet finden, wo entsprechende Ersatzpflanzungen stattfinden könnten. Denn während gewachsene Baumbestände verschwinden, wurden auch viele bislang begrünte Flächen zu Straßen, Wegen und Neubaugebieten gemacht.
Und mit dem amtlichen Nachvollzug, wann und ob die Ersatzpflanzungen überhaupt erfolgt sind, hapert es auch. Oft liegen zwischen Fällung und beabsichtigter Neupflanzung Jahre.
Vegetationsschutz hat auch mit Mikroklima zu tun
Das geht so nicht, findet die Linksfraktion und begründet ihren Antrag auch entsprechend: „Mit dem Beschluss zur Änderung in § 9 Abs. (1) Satz 2 der Baumschutzsatzung müssen künftig Grundstückseigentümer für genehmigungspflichtige Bauvorhaben, bei denen keine geschützten Bäume vorhanden oder geschädigt werden sollen, die entsprechende Erklärung zur Sachlage auf dem Baufeld durch geeignete Nachweise wie Lichtbilder belegen.
Und weiter: „Der Schutz bestehender Vegetation ist ein wichtiger Beitrag zum Kleinklima in der Stadt. Wenn Baumfällungen und Beräumungen aufgrund vorläufiger Baugenehmigungen zur Baufeldberäumung erfolgen, werden oftmals die erforderlichen Ersatzpflanzungen oder auch Ausgleichszahlungen mit erheblichen Verzögerungen geleistet.“
Weitere Baumverluste kann sich die Stadt nicht leisten
Was also tun in einer Zeit, da die Klimaerwärmung auch in Leipzig längst spürbar geworden ist und die drei Dürrejahre 2018 bis 2020 gezeigt haben, wie schnell da auch das kostbare Grün in der Stadt verdurstet? Leipzig kann sich eigentlich weitere Baumverluste nicht leisten. Und wenn dann schon Bäume weichen müssen, weil die Bauherren keinen Blick dafür haben, wie wertvoll die gewachsenen Baumbestände auf dem Grundstück sind, dann dürfen nicht noch Jahre vergehen, bis wieder neue Bäumchen gepflanzt werden.
„Die vorliegende Änderungssatzung zur Baumschutzsatzung zielt mit den Änderungen in § 10 Abs. (1) Satz 1 darauf, dass künftig bei vorgezogenen Baufeldberäumungen bzw. vorläufigen Baugenehmigungen zeitnah die Ersatzpflanzungen bzw. die Ausgleichszahlungen durchgeführt werden müssen“, betont die Linksfraktion dieses Anliegen.
Schonende Bauweise wäre zeitgemäß
Und fordert gleichzeitig, dass in der Baumschutzsatzung neue Kostensätze festgelegt werden, die den aktuellen Kosten für Baumpflanzungen entsprechen: „Die bisher geltenden Bezugswerte für Ausgleichszahlungen stammen aus der letzten Anpassung und sind mit Blick auf die Entwicklung der Preisindizes seitdem nicht angepasst worden. Dies soll nun umgesetzt werden.“
Zeitgemäßer wäre freilich ein Bauen in der Stadt, das alle gewachsenen Gehölze auf den Baugrundstücken möglichst schont. Nicht nur als CO2-Speicher, sondern auch als Schattenspender, Kühlung und Biotop für Tiere und Insekten. Denn bis neu gepflanzte Gehölze die Umweltleistungen der abgeholzten Bestände erbringen, vergehen in der Regel Jahrzehnte. Bis dahin fallen sie als Ökosystem in der Stadt praktisch aus.
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