Eigentlich hatte die Freibeuter-Fraktion einen ganz einfachen Antrag gestellt: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Geltungsbereich der Informationsfreiheitssatzung der Stadt Leipzig auch auf Weisungsaufgaben gemäß § 2 Absatz 3 SächsGemO auszuweiten.“ Denn die Geschichte dahinter haben ja alle miterlebt, die den Kampf der kleinen Fraktion um de Abschlepppraxis des Leipziger Ordnungsamtes mitverfolgt haben.
Am Ende ging es nur noch darum, ob das Ordnungsamt die Weisung veröffentlicht, mit der das Abschleppen bzw. Nicht-Abschleppen ordnungswidrig abgestellter Kraftfahrzeuge in der Stadt geregelt ist. Denn das schien lange Zeit eher ein Tohuwabohu gewesen zu sein, ein Wegducken und Nicht-Ahnden des Falschparkens – mit teils desaströsen Folgen für blockierte Straßenbahnen, zugeparkte Fußwege und zugeparkte Radwege.
Seit der Stadtrat sich des Themas annahm, scheint es gerade beim Vorgehen gegen Parkverstöße auf Radwegen etwas StVO-konformer zuzugehen in Leipzig. Bei den gewaltigen Parkproblemen in den Wohngebieten aber ist auch das Ordnungsdezernat bislang noch zögerlich, auch wenn die Ordnungsamtsmitarbeiter/-innen immer wieder in Hauruckaktionen wieder reguläre Zustände herstellen – etwa in Anger-Crottendorf oder in der Erich-Zeigner-Allee.
Das Problem mit internen Weisungen
So recht war also nicht verständlich, warum die zugrunde liegende Weisung nicht wenigstens den Stadtratsmitgliedern zugänglich gemacht wurde. Also beantragte die Freibeuter-Fraktion einfach mal, auch Weisungen mit in die Informationsfreiheitssatzung der Stadt aufzunehmen.
Ergänzt um einen zweiten Passus: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, eine Plattform für die Veröffentlichung aller Anfragen und Antworten nach Informationsfreiheitssatzung, inklusive der durch die Stadt Leipzig freigegebenen Informationen, zu installieren.“
Auch das klingt erst einmal folgerichtig. Denn warum sollte die Öffentlichkeit nicht auch Teil daran haben, wenn sich einzelne Bürger/-innen schon die Mühe gemacht haben, Dinge aus dem sonst uneinsehbaren Innenleben der Stadtverwaltung ans Tageslicht zu bringen?
Aber so einfach ist es nicht, wie jetzt das Rechtsamt recht ausführlich erläutert.
Man darf ja auch nicht vergessen, dass schon die Informationsfreiheitssatzung ein Staatsverständnis spiegelt, das vom Denken her um einige Jahre in der Zukunft liegt, in einer Gesellschaft, in der Verwaltungen schon von sich aus transparent arbeiten und nicht fragen, was das Herausgeben von Informationen verhindern könnte, sondern was die Bürger/-innen tatsächlich alles an Informationen sehen können und dürfen.
Und was auch Missverständnisse ausräumt – wie z.B. eine Weisung an die Mitarbeiter/-innen des Ordnungsamtes zum Umgang mit Falschparkern.
Das Landesgesetz fehlt
Da werden dann mit Garantie auch andere Transparenzregelungen getroffen. Aber da sind wir noch nicht, denn es sind einige Bundes- und Landesgesetze, die genau das untersagen, was die Freibeuter-Fraktion beantragt hat.
„Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO können die Gemeinden die weisungsfreien Angelegenheiten durch Satzung regeln. Die Satzungskompetenz für die weisungsfreien Angelegenheiten ist Ausfluss des verfassungsrechtlich durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts. Die Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO ist damit eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Regelung des Informationszugangs in weisungsfreien Angelegenheiten“, formuliert das Rechtsamt.
Aber Weisungen fallen nicht darunter. Denn: „Weisungsaufgaben können nach § 4 Abs. 1 Satz 3 SächsGemO aber nur dann durch Satzung geregelt werden, wenn ein Gesetz hierzu ermächtigt. Eine solche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage besteht für die Stadt Leipzig bislang weder auf Bundesebene noch auf Landesebene. Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) gilt nur für Bundesbehörden und enthält keine Regelung bezüglich der Gemeinden. Der Freistaat Sachsen hat bislang noch kein Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz beschlossen, sodass auch keine landesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage besteht.“
Die Verwaltung würde sich strafbar machen
Was dann eben auch heißt, dass die Verwaltung sich strafbar macht, wenn sie Weisungen dann trotzdem veröffentlicht: „Im Bereich der Weisungsaufgaben gilt ein sogenannter Vorbehalt des Gesetzes, d.h. die Stadt darf den Informationszugang für den Bereich der Weisungsaufgaben nicht von sich aus regeln, sondern muss warten, bis der Gesetzgeber sie entweder hierzu ermächtigt oder den Informationszugang in eigener Kompetenz für die Gemeinden verpflichtend regelt.“
Leipzig könnte also schon wollen, darf aber nicht, solange der Freistaat Sachsen diesen Teil des obrigkeitlichen Denkens nicht auflöst.
Warum nicht alles veröffentlichen?
Verständlicher ist, wenn sich die Verwaltung auch auf rechtlicher Grundlage sperrt, alle Ergebnisse von Anfragen auf Grundlage der Informationsfreiheitssatzung öffentlich zu machen, denn in vielen Fällen sind ja tatsächlich Persönlichkeitsrechte und andere Schutzrechte betroffen. Oft nutzen Bürger die Informationsfreiheitssatzung, um ganz persönliche Anliegen und Streitfälle zu klären.
Das Rechtsamt dazu: „Die Frage, ob ein Informationsfreiheitsantrag und die freigegebenen Informationen auf einer Transparenzplattform in zulässiger Weise veröffentlicht werden dürfen, kann daher nur im konkreten Einzelfall und nicht generell für sämtliche Anträge entschieden werden. Eine solche Veröffentlichung müsste zudem zwingend sicherstellen, dass keine personenbezogenen Daten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenbart werden, da andernfalls das Risiko einer kostenpflichtigen Abmahnung und der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zulasten der Stadt Leipzig besteht.“
Und weiter heißt es: „Gegenüber der bisherigen Vorgehensweise wäre die Ressourcenauslastung der Stadtverwaltung zusätzlich erhöht, da gegenüber der Informationsweitergabe gegenüber einer Einzelperson bei einer dauerhaften Veröffentlichung dieser Informationen ein strengerer und damit auch zeitaufwendigerer Prüfmaßstab anzulegen wäre.“
Nicht alles ist so einfach, wie es scheint
Das Problem steckt hier auch im Umfang der Dokumente, die einige Antragsteller bei der Stadt auf Grundlage der Satzung anfordern. Viele davon gespickt mit Daten, bei denen die Verwaltung bei einer Veröffentlichung mit Abmahnungen zu rechnen hat. Der Antrag der Freibeuter ist also viel zu allgemein formuliert.
Über das Thema muss also noch einmal gründlich nachgedacht werden. Denn da die Gesetzeslage fehlt, wäre auch ein Stadtratsbeschluss rechtswidrig und würde nichts bringen. Was man anfangs ja nicht gedacht hätte: Es klang so simpel und einfach …
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