Seit 2012 hat Leipzig eine Informationsfreiheitssatzung. So lange schon, könnte man sagen. Denn der Freistaat Sachsen hat es bis heute nicht geschafft, ein Transparenzgesetz zu verabschieden, dass den Bürger/-innen einen besseren Zugang zu staatlichen Informationen gibt. Jüngst war die Informationsfreiheitssatzung ja wieder mal Thema im Stadtrat. Denn ein Antrag, auch Weisungen zu veröffentlichen, stößt auf die Grenzte des gesetzlich erlaubten.

Eine Kommune wie Leipzig kann auch bei einer Informationsfreiheitssatzung nicht über das hinausgehen, was der Gesetzgeber als Spielraum definiert hat. Und der Spielraum ist eng, gerade dort, wo es um staatliches und verwaltungsinternes Handeln selbst geht. Das merken nicht nur Bürger und Vereine, wenn sie herausbekommen wollen, warum Ämter in Leipzig so entscheiden und handeln, wie sie das tun.Zum Beispiel das Leipziger Ordnungsamt beim Umgang mit Falschparkern, was ja jahrelang für heftige Diskussionen auch im Stadtrat gesorgt hat, weil schlicht nicht nachvollziehbar war, warum das Ordnungsamt bei Falschparkern in Leipzig einfach nicht rigoros durchgriff.

Da gibt es natürlich immer Ermessensspielräume, die eine Verwaltung dann meist als Einzelfallprüfung deklariert. Aber es betrifft ja nicht nur das Handeln der Ordnungsämter, auch wenn Anträge auf Grundlage der Informationsfreiheitssatzung zumeist die Arbeit des Leipziger Ordnungsamtes betrafen, wie jetzt der aktuelle Bericht des Dezernats Allgemeine Verwaltung zur Informationsfreiheitssatzung ausweist.

Nicht alle Anträge werden auch bearbeitet

Wobei nicht alle Anträge auch bearbeitet wurden. „Ausweislich der Erfassungsbögen der zuständigen Fachämter und Referate wurde exakt ein Drittel der gestellten Anträge abgelehnt. Es ist ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Leipzig anhängig“, heißt es im Bericht.

Was nicht ganz zu den veröffentlichten Zahlen passt. Denn von 24 eingereichten Anträgen im Jahr 2020 werden nur 13 als bearbeitet angegeben. Die Diskrepanz könnte in dieser Erklärung stecken: „Die gestellten Anträge dienten teilweise der Verwaltungskontrolle und Informationsbeschaffung im öffentlichen Meinungsbildungsprozess. Einige Anträge wurden aber auch vor dem Hintergrund von privaten Unstimmigkeiten eines Bürgers mit einem Dritten gestellt, sodass die Stadt hier als Auskunftsstelle von Informationen über den Dritten in Anspruch genommen wurde.“

Freilich stellt der Bericht auch fest: „Die Evaluierung zeigte, dass Anträge nach der Informationsfreiheitssatzung in relativ geringer Anzahl gestellt wurden. Dieser Umstand deckt sich mit Beobachtungen anderer Kommunen. Der Einwohneranfrage kommt damit eine deutlich höhere Bedeutung zu als dem Informationsfreiheitsantrag. Die Zahl der jährlich gestellten Anträge nach der Informationsfreiheitssatzung war in den letzten drei Jahren gleichwohl ansteigend. Am häufigsten wurde der Zugang zu Informationen des Amtes für Jugend und Familie und des Ordnungsamtes begehrt. Die Antragstellung erfolgte fast ausschließlich beim Stadtbüro, das sich als Posteingangsstelle für Anträge nach der Informationsfreiheitssatzung bewährt hat.“

Ist die Informationsfreiheitssatzung deshalb überflüssig?

Wohl eher nicht. Das steckt ja auch in der Formulierung „Verwaltungskontrolle und Informationsbeschaffung im öffentlichen Meinungsbildungsprozess“. So war der Beschluss des Stadtrates von 2012 ja auch gedacht.

Warten auf das sächsische Transparenzgesetz

Und nicht alle Informationsbegehren der Bürger/-innen beziehen sich wirklich auf (umfangreiche) Verwaltungs-Interna. Weshalb – auch der Geschwindigkeit wegen – viele Leipziger/-innen eine andere Auskunftsmöglichkeit bevorzugen: „Zum Vergleich ist anzumerken, dass im Ratsinformationssystem 246 Einwohneranfragen für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2020 hinterlegt sind.“ Diese Einwohneranfragen werden dann in der Regel in der nächtsfolgenden Ratsversammlung beantwortet, wo die auskunftsuchenden Bürger/-innen dann auch Rückfragen stellen können.

Beide Instrumente ergänzen sich also, auch wenn die Informationsfreiheitssatzung in vielen Fällen noch nicht greift. Aber das könnte sich mit dem lang erwarteten Transparenzgesetz des Freistaats Sachsen bald ändern, stellt das Dezernat Allgemeine Verwaltung fest: „Die Sächsische Staatsregierung hat am 31.08.2021 beschlossen, den vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung erarbeiteten Referentenentwurf eines Sächsischen Transparenzgesetzes zur Verbändeanhörung freizugeben. Nach § 4 Abs. 2 des Referentenentwurfs steht es den Gemeinden frei, ob sie durch Satzung be­schließen, sich dem Sächsischen Transparenzgesetz als transparenzpflichtige Stellen zu unterwerfen oder nicht.“

Was dann auch Folgen für die weitere Wirksamkeit der Leipziger Informationsfreiheitssatzung hat: „Die Zukunft der Informationsfreiheitssatzung der Stadt Leipzig hängt jedenfalls davon ab, welche Regelungen letztlich mit dem Sächsischen Transparenzgesetz beschlossen werden.“

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