Vielleicht hรคtte Leipzig ja tatsรคchlich gut daran getan, eine eigene Baufirma zu grรผnden, als Finanzbรผrgermeister Torsten Bonew das vor einigen Jahren mal in seiner trockenen Art vorschlug. Da ging es noch um das gerade angeschobene riesige Schulbauprogramm der Stadt, das unter denselben Problemen leidet wie alle anderen BaumaรŸnahmen der Stadt auch. Seit diesem Tag wurde das Thema โ€žinvestive Ausgabenresteโ€œ immer brennender.

Investive Ausgabenreste sind eigentlich keine Reste, sondern die Summe aller vom Stadtrat schon genehmigten Investitionen, die meisten davon Bauvorhaben, die aber innerhalb des geplanten Haushaltsjahres nicht fertiggestellt und auch nicht abgerechnet wurden.Und genau in dem Moment, in dem Oberbรผrgermeister Burkhard Jung freudestrahlend steigende Investitionsbudgets in Leipzig verkรผndete โ€“ gern mit Extra-Pressekonferenz zum Jahresauftakt im Zoo und einer schรถnen dicken 1 vor der Summe, also der bis dato in Leipzig nicht erreichten 1 Milliarde an Investitionen im Stadthaushalt und bei den Kommunalbetrieben, ging die Schere auseinander.

Das genehmigte Investitionsbudget der Stadt รผberschritt ab 2013 regelmรครŸig das abgerechnete Gesamtvolumen, es kam zu ersten โ€žAusgaberestenโ€œ, also Geldern, die ins nรคchste Jahr transferiert werden mussten, weil die Projekte ja alle genehmigt waren.

Und es dauerte leider eine ziemlich lange Zeit, bis die Stadtverwaltung zugestand, woran es zu einem gewichtigen Teil lag: Es fehlten schlicht die Planer โ€“ im Verkehrsbau genauso wie im Schulbau, die die geplanten Projekte rechtzeitig zur Bau- und Antragsreife entwickeln konnten. Und wer die sรคchsische Fรถrderpolitik kennt, weiรŸ, dass auch dort die Budgets knapp sind und es oft Jahre dauern kann, bis eine Kommune ein Projekt bis zur Fรถrdergeldbewilligung bringt.

In den letzten Jahren kam noch hinzu: Da sich die Fรถrdermodalitรคten verbesserten, die Kommunen fรผr viele Projekte hรถhere Anteile an Fรถrderung vom Freistaat bekamen, schmolz das Budget fรผr Leipzig, so seltsam das klingt. Aber zuerst wurde es bei Investitionen fรผr Radwege und Sportanlagen deutlich, dass die sรคchsischen Fรถrderbudgets nicht reichen, nun hat es auch die WaldstraรŸenbrรผcke erwischt, fรผr die es keine Fรถrdergelder vom Freistaat gibt. Und die einzige Mรถglichkeit fรผr Leipzig: Alles selbst finanzieren, sonst ist auf Jahre nicht damit zu rechnen, dass ein Fรถrderbescheid aus Dresden kommt.

Und der letzte Engpass bestimmt endgรผltig, wie viel in Leipzig gebaut werden kann: die vollen Auftragsbรผcher der Bauunternehmen, die beileibe nicht daran denken, ihre Kapazitรคten aufzustocken. Dazu haben sie alle zu viele schlechte Erfahrungen mit den Schweinezyklen in der sรคchsischen Investitionspolitik gemacht. Lieber baut man an der Kapazitรคtsgrenze, aber รœberkapazitรคten wird wohl niemand aufbauen. Auch deshalb nicht, weil auch die Baubranche mittlerweile unter einem spรผrbaren Personalmangel leidet.

Entwicklung der investiven Ausgabereste im Leipziger Haushalt. Grafik: Stadt Leipzig
Entwicklung der investiven Ausgabereste im Leipziger Haushalt. Grafik: Stadt Leipzig

Ergebnis ist: Leipzig wird noch auf Jahre hinaus nicht investieren kรถnnen, was die Stadt eigentlich investieren muss.

Auch wenn Torsten Bonew jetzt in seiner neuesten Aufstellung zu den investiven Ausgaberesten darauf hinweist, dass er mit Schreiben vom 29. November 2019 zum Haushaltsvollzug 2020 unter anderem regelte, โ€ždass die geplanten Ansรคtze fรผr InvestitionsmaรŸnahmen vollstรคndig freigegeben werden. Klare Zielstellung war, die Umsetzung der Investitionsprojekte zu beschleunigen und damit auch einen Abbau der Ermรคchtigungsรผbertragungen weiter zu forcieren. Es bleibt jedoch auch fรผr das Haushaltsjahr 2020 festzustellen, dass die Freigabe noch nicht die erhoffte Wirkung hatte. Obwohl sich die Hรถhe der investiven รœbertragungen von 2020 nach 2021 um 34,2 Millionen Euro auf nunmehr 350 Millionen Euro verringert haben, entspricht das Volumen der Ermรคchtigungsรผbertragungen mehr als dem Doppelten des investiven Haushaltsansatzes von 2021.โ€œ

Wobei er eher zurรผckhaltend auch zugesteht, dass sich Leipzigs Planer richtig bemรผht haben, mรถglichst viele der genehmigten Projekte auch umzusetzen. โ€žIm Finanzhaushalt 2020 standen fรผr die Investitionstรคtigkeit Zuschรผsse von insgesamt ca. 485 Millionen Euro zur Verfรผgung, davon ca. 384,2 Millionen Euro aus รผbertragenen Ansรคtzen des Jahres 2019. Mit Stand zum 28.02.2021 sind ca. 134,4 Millionen Euro in Anspruch genommen worden. Somit wurden geplante bzw. veranschlagte Ansรคtze in Hรถhe von ca. 350,4 Millionen im Haushaltsjahr 2020 nicht verbraucht. Tatsรคchlich wurden ca. 350,0 Millionen Euro in das Folgejahr 2021 รผbertragen.โ€œ

Und da die neu geplanten Investitionen weiter stiegen, steht 2021 eine neue Rekordsumme von 509 Millionen Euro zur Verfรผgung. โ€žDiese sind rein rechnerisch durch die Summe der noch nicht in Anspruch genommenen Kreditermรคchtigung des Haushaltsjahres 2020 (208,9 Mio. โ‚ฌ) und der fรผr 2021 geplanten Kreditaufnahme (324 Mio. โ‚ฌ) gedeckt.โ€œ

Das mit der neuen Kreditaufnahme sah zwar die Landesdirektion bei ihrer Freigabe des Leipziger Doppelhaushaltes am 2. September sehr kritisch und mahnte schon mal eine neue Strategie fรผr den Schuldenabbau an. Aber es ist absehbar, dass Leipzig auch 2021 nicht alle genehmigten Investitionen abarbeiten wird. Dafรผr sorgt allein schon die sehr spรคte Genehmigung des Doppelhaushalts. Da wird so manches fรผr 2021 eingeplante Projekt kaum noch am Markt platziert werden kรถnnen.

Da aber nicht alles Geplante auch gebaut wurde, blieb eben auch faktisch ein โ€žAusgabenrestโ€œ. Was dazu fรผhrt, dass Leipzig am Jahresende 2020 kein Minus zu verzeichnen hat. Mit den Worten des Finanzdezernats: โ€žDie nicht verbrauchten Ansรคtze entlasten das Haushaltsjahr 2020 bezรผglich des Liquiditรคtsabflusses und tragen zu einem positiven Rechnungsergebnis 2020 bei.โ€œ

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