Die kommende Bundestagswahl dürfte spannend werden – auch in den beiden Leipziger Wahlkreisen. Etwas mehr als einen Monat vor der Wahl hat sich die LEIPZIGER ZEITUNG mit Kandidat/-innen aus dem südlichen Wahlkreis 153 zum Gespräch getroffen. Im zweiten Teil des Interviews mit Nadja Sthamer spricht die SPD-Kandidatin über ihre bevorzugte Koalition, Olaf Scholz und den Wahlkampf im Leipziger Süden.

Kommen wir zu einigen Fragen, die Ihre Position innerhalb der SPD betreffen. Haben Sie vor vier Jahren für die Große Koalition gestimmt?

Nein.

Warum nicht?

Ich bin damals schon Vorsitzende des Ortsvereins im Leipziger Südosten gewesen. Wir hatten eine Pressemitteilung herausgegeben, dass wir mit der Groko nicht einverstanden sind, weil sie eine Fortsetzung von Stillstand bedeutet, für den die Union steht. Wenn man eine neue Koalition eingeht, sollte es ja eigentlich darum gehen, eigene Punkte umzusetzen, und nicht nur darum, den Status Quo abzusichern. Am Ende haben wir das Beste herausgeholt, was möglich war, aber ich kann mir bessere Bündnisse für die SPD vorstellen.Laut aktuellen Wahlumfragen scheinen gerade viele Bündnisse möglich, unter anderem Jamaika, Ampel und Rot-Rot-Grün. Gibt es eine Koalition, die Sie bevorzugen würden?

Ich bin für das progressive Miteinander und das heißt für mich: Rot-Rot-Grün ist die Variante, mit der ich möglichst viele Punkte umsetzen könnte, die mir wichtig sind.

Haben Sie vor zwei Jahren bei der Wahl des SPD-Vorsitzes für den heutigen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz gestimmt?

Nein, ich habe für Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gestimmt.

Warum nicht für Olaf Scholz?

Naja, ich finde, dass man Kanzlerschaft und Parteivorsitz voneinander trennen sollte. Olaf Scholz ist ein erfahrener Politiker und zeigt gerade, dass er für die Kanzlerkandidatur geeignet ist. Um die Partei intern neu zu strukturieren, war es aber gut, dass eine Person wie Saskia Esken antritt, die vorher politisch noch nicht so präsent war wie Olaf Scholz. Es gibt jetzt viele offene Foren, mehr Beteiligungsprozesse, viele junge Kandidierende – das ist eine gute Entwicklung.

Im südlichen Wahlkreis gibt es die Situation, dass sich Linke, Grüne und SPD möglicherweise gegenseitig Stimmen wegnehmen und die CDU deshalb das Direktmandat gewinnt. Ist es – vor dem Hintergrund Ihrer Positionierung für Rot-Rot-Grün – ein Dilemma, auch gegen Linke und Grüne Wahlkampf führen zu müssen?

Ich führe lieber Wahlkampf miteinander, um eben für dieses progressive Bündnis zu werben. Ich bin mir bewusst, dass es dieses Dilemma gibt, aber ich glaube, Sören Pellmann, Paula Piechotta und ich haben jeweils eigene Stärken, und ich bringe einige Dinge mit, die sie nicht mitbringen.

Was sind Stärken, die Sie haben, aber die beiden anderen nicht?

Ich will daraus kein Gegeneinander machen. Meine Stärken liegen darin, die junge Generation zu repräsentieren und mich stark für Familienpolitik und soziales Miteinander einzusetzen. Als junge Mutter kann ich da eine andere Perspektive einbringen. Dass wir inhaltlich andere Schwerpunkte haben, finde ich total wichtig und bereichernd.

Wie sieht Ihre Strategie für die heiße Wahlkampfphase aus?

Ich habe mir eine Gartencouch besorgt, die ich in den Park stellen möchte, um die Menschen zum Gespräch über meine und ihre politischen Vorstellungen einzuladen. In der Pandemie ist es für viele zu kurz gekommen, miteinander zu reden. Intensiven Straßenwahlkampf wird es natürlich auch geben.

Wird die Couch so eine Art Fortsetzung der Küchentisch-Tour von Martin Dulig?

Das Prinzip ist ähnlich. Es geht darum, miteinander ins Gespräch zu kommen. Eine Couch ohne Küchentisch dazwischen finde ich etwas netter und angenehmer.

Nach der Wahl der SPD-Direktkandidat/-innen gab es intern teils heftige Kritik. Fühlen Sie sich vom gesamten Stadtverband im Wahlkampf unterstützt?

Ich nehme wahr, dass die Leipziger SPD eng zusammensteht und dass mich vor allem die Jusos sehr unterstützen. Wahlkampf ist nicht die Zeit für persönliche Befindlichkeiten. Da geht es darum, die Themen von Partei und Kandidat/-innen voranzubringen.

Den ersten Teil des Interviews können Sie hier nachlesen.

Auf dieser Seite sammeln wir alle Interviews mit den Kandidat/-innen.

In der aktuellen Print-Ausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG finden Sie einen Schwerpunkt zur Bundestagswahl.

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