Das hรคtte eigentlich flott gehen kรถnnen am 21. Juli in der Ratsversammlung, als der Antrag der Linksfraktion โ€žDie Wiederbelebung der Innenstadt qualifiziert und kooperativ umsetzen - City- und Stadtteilmanager/-in beauftragenโ€œ zur Abstimmung stand. Denn eigentlich ging es dabei nur noch um die Frage: geht die Stelle wie geplant in die LTM oder ins Amt fรผr Wirtschaftsfรถrderung?

Und man konnte im Lauf einer durchaus emotional gefรผhrten Diskussion merken, dass auch Grรผne und SPD-Fraktion ihre Bauchschmerzen haben damit, die Stelle in die ja tatsรคchlich zuerst touristisch aufgestellte LTM zu geben. Und erst ganz am Ende der Diskussion erlรคuterte OBM Burkhard Jung (der ja in Person auch das Wirtschaftsdezernat leitet) dann, das diese Zuordnung vor allem ein Wunsch der Leipziger City-Gemeinschaft war, also jener Hรคndler in der Leipziger Innenstadt, die ja mit dieser City-Managerin oder diesem City-Manager zusammenarbeiten mรผssen. Oder vielmehr: wollen.

Das Drama der Innenstรคdte ist nichts Neues

Denn das Drama der deutschen Innenstรคdte ist ja lรคngst entbrannt, und das nicht erst seit Corona, wie auch Burkhard Jung betonte, als er vor der Einbringungsrede von Marianne Kรผng-Vildebrand (Die Linke) die Informationsvorlage erlรคuterte, mit der Leipzig im ersten Schritt 1 Million Euro zur Verfรผgung stellt, um den Hรคndlern beim Weg aus der Corona-Krise zu helfen.

Tatsรคchlich stammt der erste Antrag, ein Programm zur Rettung des Innenstadthandels aufzulegen, aus dem Jahr 2018, damals eingebracht von der SPD-Fraktion, wozu diesmal SPD-Stadtrat Andres Geisler Stellung nahm, der sich dann freilich auch wunderte darรผber, dass die Verwaltung jetzt so viele Punkte aus dem damaligen Antrag รผbernahm, obwohl zwischendurch immer nur einzelne Punkte befรผrwortet wurden.

COVID-19 als Katalysator

Aber natรผrlich hat der Ausbruch der COVID-19-Pandemie eine Entwicklung beschleunigt, die vorher schon im Gange war und allen Hรคndlern โ€“ nicht nur denen in den Innenstรคdten โ€“ zusehends das Wasser abgegraben hat. Corona hat den Zugriff der Online-Hรคndler nur verstรคrkt und die Umsรคtze noch viel radikaler umverteilt.

Und Jung ist sich โ€“ auch mit den Informationen aus dem Stรคdtetag โ€“ sicher, dass die Innenstรคdte in Zukunft vรถllig anders aussehen werden als heute. Es sind ja nicht nur klassische Hรคndler, die ihre Geschรคfte im Lockdown geschlossen haben. Vor allem haben viele der groรŸen Filialbetreiber reihenweise ihre Innenstadtfilialen dicht gemacht.

Ihr Geschรคftsmodell funktionierte als allererstes nicht mehr im Wettbewerb mit den Online-Hรคndlern. Andererseits, so Jung, sei Leipzig noch relativ glimpflich durch die Krise gekommen, weil es eben nicht nur die Hรคndler sind, die die Besucher anlocken, sondern Leipzigs City auch mit Kultur, Wohnen und Aufenthaltsqualitรคt punktet. Ein Punkt, den auch CDU-Stadtrรคtin Sabine Heymann betonte.

Fraktionsรผbergreifendes Lob fรผr die Verwaltung

So viel Lob fรผr eine Vorlage hat auch Leipzigs Verwaltung in letzter Zeit nicht aus den unterschiedlichsten Fraktionen bekommen, wie an diesem Mittwoch. Denn daran, dass  Leipzigs City ein Management braucht, das enge Verbindungen zwischen City-Gemeinschaft, Vermietern und Wirtschaftsfรถrderung knรผpft, zweifelt auch die Linksfraktion nicht.

Es war nicht wirklich nur Klein-Klein, wenn sie extra abgestimmt haben wollte, das Management ins Amt fรผr Wirtschaftsfรถrderung zu packen. Und auch Jung gestand zu, dass man die Sache sehr genau beobachten mรผsste und die Verwaltung regelmรครŸig Bericht erstatten sollte, ob die Sache so klappt.

Denn spรคtestens nach der Rede von SPD-Stadtrat Heiko Bรคr, der daran erinnerte, dass der Ursprungsbeschluss zum Unterstรผtzungspaket von 2019 stammte, war klar, dass der Linke-Antrag selbst keine Mehrheit finden wรผrde und stattdessen der Verwaltungsstandpunkt zu Beschluss werden wรผrde. Vielleicht hรคtte es die halbstรผndige Diskussion sogar รผberflรผssig gemacht, wenn die Verwaltungsvorlage gleich erklรคrt hรคtte, dass die Anbindung des / der City-Manager/-in an die LTM ein Wunsch der City-Gemeinschaft war.

โ€žDie LTM ist ein bewรคhrter Partnerโ€

In der Vorlage stand dazu nur: โ€žOrganisatorisch soll die Funktion in der LTM GmbH angebunden werden. Die LTM GmbH ist ein bewรคhrter Partner, der schon รผber komplementรคres Know-How verfรผgt und ein Netzwerk zu Handel, Hotels und Gastronomie sowie zur Verwaltung pflegt. Die Hochlaufphase wรคre mit diesem erfahrenen Partner kurz. Die LTM GmbH hat sich bereit erklรคrt, eine Person als Citymanager/-in anzustellen. Der City Leipzig Marketing e. V. unterstรผtzt diesen Vorschlag ausdrรผcklich. Das CM soll selbststรคndig auftreten, direkt ansprechbar sein und eigenstรคndig von den weiteren Aktivitรคten des LTM agieren kรถnnen.โ€œ

Manchmal stolpert eben auch die Verwaltung รผber ihre angelernte Schรถnwettersprache.

Die Zukunft ist offen

Ob die Sache gelingt, ist vรถllig offen, denn niemand weiรŸ, wie sehr auch die Nach-Corona-Zeit die Innenstรคdte und Stadtteilzentren trifft, ob die Stรคdte noch viel mehr dafรผr tun mรผssen, dass die Bรผrger wieder vor Ort in ihren Stรคdten einkaufen gehen und nicht den Internet-Giganten das teure Geld รผberlassen.

Die Abstimmung jedenfalls war mit 46 Ja-Stimmen und den 14 Enthaltungen aus der Linksfraktion sehr deutlich. Das City-Management kann starten.

Die Debatte vom 21. Juli 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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Ich habe bereits jetzt die miese Erfahrung gemacht, dass Firmen mit hohem Anteil am Onlineverkauf ihre รถrtlichen Filialen nur noch als Lagerverkauf fรผr Restposten benutzen.

Man kann also nicht mehr die Produkte vor Ort begutachten und vergleichen.

Ist aber vielleicht nicht ganz schlecht, wenn die Filialisten sich aus den Innenstรคdten zurรผckziehen. Denn dann ist wieder Platz fรผr ortsansรคssige Einzelhรคndler. Die Gewerbemieten werden im Unterschied zu Wohnungsmieten zwangslรคufig wieder fallen mรผssen.

(Gut, man kรถnnte aus den Ladengeschรคften neue Wohnungen machen, aber in Ladengeschรคften zu wohnen, ist nicht jedermanns Sache, auch wenn es im Moment hipโ€ฆ)

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