So massiv, wie die Bundesregierung seit 2005 die notwendige Energiewende ausgebremst hat, ist das zwar auf kommunaler Ebene in Leipzig nicht passiert. Aber auch Leipzig hängt bei der Senkung seiner CO2-Emissionen deutlich hinterher. Und bei der Erfüllung der 2014 verkündeten Klimaziele ebenfalls. Die Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat erhöht jetzt den Druck beim Thema Wärmewende. Denn noch heizt Leipzig fast ausschließlich fossil.

Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hat deshalb einen Antrag „Kommunaler Wärmeplan für eine klimaneutrale Wärmeversorgung in Leipzig“ sowie eine Anfrage „Beteiligungsprozess und Leitlinien Energie- und Klimaschutzprogramm 2030“ in den Stadtrat eingereicht.Mit Beschluss des Leipziger Klimanotstands vom Oktober 2019 gibt es klare Zielstellungen für den kommunalen Klimaschutz: Bis 2035 soll die Stadtverwaltung, bis möglichst 2040 die Energieversorgung und bis spätestens 2050 ganz Leipzig klimaneutral sein.

„Das bahnbrechende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz verleiht dem Klimaschutz Rückenwind“, betonen die Grünen. „Was wir jetzt brauchen, sind klare Maßnahmen und ein konkreter Fahrplan. Das Leipziger Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 soll bis zum 4. Quartal dieses Jahres vorgelegt werden. Im Vorfeld dazu ist die Beteiligung des erweiterten Beirats des Forums Nachhaltiges Leipzig sowie einer interessierten Öffentlichkeit vorgesehen.“

Da die Zeit läuft, erkundigt sich die Grünen-Fraktion in einer aktuellen Stadtratsanfrage zum Zeitplan des Beteiligungsprozesses am Klimaschutzprogramm. „Denn Beteiligung erfordert Zeit! Gerade bei dem Thema Klimaschutz ist es wichtig, die Bürger/-innen mitzunehmen.“

Darüber hinaus fragen die Grünen freilich auch, an welchen Leitlinien das neue Energie- und Klimaschutzprogramm ausgerichtet wird und welche Treibhausgasminderungsziele kurz-, mittel- und langfristig angestrebt werden. Maßgeblich ist auch, wie man den Begriff „Klimaneutralität“ definiert.

Bislang zielt Leipzigs Verwaltung auf einen Wert von 2 Tonnen CO2 pro Jahr und Einwohner. Aktuell liegt der Wert bei rund 5,6 Tonnen, aber das auch nur auf das Leipziger Stadtgebiet berechnet. Die Emissionen etwa aus dem Kraftwerk Lippendorf oder des Flughafens Leipzig/Halle fließen nur anteilig in die Leipziger Bilanz ein.

„Diese Grundprämissen bestimmen schließlich die gesamte Ausrichtung des Energie- und Klimaschutzprogramms und müssen frühzeitig transparent diskutiert werden“, betonte Grünen-Stadträtin Sophia Kraft am Freitag, 11. Juni, als FFF wieder zur Rad-Demo aufrief.

„Zu Recht geht die Leipziger Klimabewegung heute wieder auf die Straße, weil die Leipziger Bürgerinnen und Bürger viel zu wenig bei diesem uns alle betreffenden Thema Klimaschutz mitgenommen werden!“

Und wie heizen die Leipziger künftig?

Parallel zur Anfrage hat die Grünen-Fraktion einen Antrag zur Erstellung eines kommunalen Wärmeplans eingereicht. Während der Stromsektor häufig im Zentrum der Debatte um Erneuerbare Energien steht, tritt der Wärmebereich in den Hintergrund. Dabei ist er für über 50 Prozent des gesamten deutschen Energieverbrauchs verantwortlich und basiert zu 85 Prozent auf fossilen Energien. So kommt auch die Leipziger Fernwärme vorerst noch aus dem Kohlekraftwerk Lippendorf, erst ab 2023 soll beim Thema Fernwärme der Kohleausstieg beginnen.

„Es ist uns ein zentrales Anliegen, dass Leipzig auch in der Wärmeversorgung der Schritt in die Klimaneutralität gelingt“, betont Kraft.

Zwar läge ein Zukunftskonzept Fernwärme der Stadtwerke Leipzig vor, das aber hauptsächlich auf die zentralen Versorgungsstrukturen, die bisher leider noch auf Erdgas basieren, ausgerichtet ist. Die Stadtwerke stellen zwar künftig grünen Wasserstoff als Energieträger zentraler Erzeugungseinheiten in Aussicht, doch ist dieser mittelfristig wegen des schleppenden Ausbaus Erneuerbarer Energien noch knapp und wird vorrangig für Schwertransporte sowie in der Chemie- und Stahlindustrie wegen fehlender Alternativen gebraucht werden.

„In Leipzigs Wärmeplanung müssen wir deshalb auch dezentrale Wärmequellen in den Fokus rücken, z. B. die Nutzung von Abwärme, Wärmepumpen oder Solarthermie sowie die Schaffung von Wärmespeichern“, beschreiben die Grünen das Handlungsfeld. „Für die Wärmewende muss Erzeugung und Netzinfrastruktur (u. a. Niedrigtemperatur- und Kältenetze) zusammengedacht werden – dafür soll nun ein ganzheitliches Konzept der Stadt, den Stadtwerken, dem Netzbetreiber und zentralen Akteuren der Wohnungswirtschaft erarbeiten werden.“

„Es gehört zur kommunalen Daseinsvorsorge der Stadt Leipzig auch eine klimaneutrale Wärmeversorgung für die Leipziger/-innen auf den Weg zu bringen“, erklärt Sophia Kraft, die auch die energiepolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist. „Wir müssen jetzt einen konkreten Fahrplan aufstellen, der nicht nur auf zukünftige Heilsbringer wie Wasserstoff setzt, sondern auch auf dezentraler Erzeugung und Abwärmenutzung fußt.“

Der perspektivisch steigende CO2-Preis werde sich auch auf die Wohnnebenkosten auswirken, da Wärme in den meisten Leipziger Gebäuden noch immer hauptsächlich mittels fossiler Brennstoffe erzeugt wird.

„Gerade in der Mieterstadt Leipzig müssen wir darauf achten, dass Heizkosten bezahlbar bleiben. Weil Mieter/-innen nicht selbst über eine Nahwärmeversorgung ihres Haushalts entscheiden können, ist es besonders wichtig, dass die Stadt jetzt die Wärmewende aktiv angeht“, fordert Dr. Tobias Peter, Fraktionsvorsitzender und wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion.

„Klimaneutrales und bezahlbares Wohnen sind kein Widerspruch. Wir müssen zum einen die Weichen für eine umfassende energetische und ökologische Sanierung des Gebäudebestands stellen. Zum anderen müssen jetzt die Voraussetzungen für eine klimaneutrale Wärmeinfrastruktur geschaffen werden. Unser Ziel ist es, dass Wohnnebenkosten berechenbar bleiben und Mieter/-innen von einer Erneuerbaren Wärmeversorgung profitieren.“

Bis zum dritten Quartal 2022, so beantragen die Grünen, soll der Oberbürgermeister „einen kommunalen Wärmeplan als zentrales Werkzeug zur Gestaltung des Handlungsfelds klimaneutrale Wärme 2040“ vorlegen. Und der sollte – so fordern die Grünen – unbedingt paris-konform sein.

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