Als hätte es Anna Kaleri geahnt, sprach sie am Donnerstag, 24. Juni, in ihrer Einbringungsrede zum Antrag, der in Leipzig eine Würdigung für die im KZ Ravensbrück ermordete Pädagogin Maria Grollmuß wünscht, von „Anzügen und Bärten“, also jenen seltsam geschichtsbewanderten Herren aus dem konservativen Teil der Ratsversammlung, die ihre Reden im Stadtrat gern dazu nutzen, gewaltige Ausflüge in die Geschichte zu machen. Und dabei oft genug Quatsch erzählen, wie diesmal der AfD-Abgeordnete Marius Beyer.

Der brachte es tatsächlich fertig, die Pädagogin und Publizistin Maria Grollmuß, die mit ihrem sorbischen Namen Marja Grólmusec hieß, in die Ecke des KPD-Rotfront-Kämpferbundes zu stellen und eine geradezu wilde Linie bis zur heutigen Antifa zu ziehen. Da hatte er weder den ausführlichen Wikipedia-Beitrag gelesen noch die Würdigung von Maria Grollmuß auf der Homepage der Stadt.Und als er gar noch sein seltsam verhaspeltes Bedauern über den Tod von Maria Grollmuß im KZ zum Ausdruck brachte und von „unerklärlichen Sachen“ redete, fühlte sich auch OBM Burkhard Jung animiert, nachzufragen, wie er das meinte. Ob er damit die Ermordung der gerade einmal 48-Jährigen irgendwie verharmlosen wolle.

Dass Maria Grollmuß am Ende als SPD-Mitglied ermordet wurde, das musste dem Geschichtskenner von Rechtsaußen dann erst einmal die grüne Faktionsvorsitzende Katharina Krefft erklären.

Mandy Gehrt erläuterte dann für die Linksfraktion, warum aus dem ursprünglichen Antrag der Grünen-Fraktion ein gemeinsamer Antrag von Grünen und Linken geworden war. Denn beiden ist wichtig, dass es nicht nur eine einfache Gedenktafel wird, die an die schon 1934 von den Nazis verhaftete Journalistin erinnert, die in der Haft an Krebs erkrankte und auch nach Haftverbüßung nicht freigelassen wurde.

„Dazu wird ein zeitgemäßes Erinnerungsformat entwickelt und umgesetzt. In die Entwicklung und Realisierung wird der Beirat Kunst im öffentlichen Raum einbezogen. Zur Finanzierung werden u. a. Partnerschaften gesucht“, heißt es im nunmehr gemeinsamen Antrag, und auch zwei öffentlich zugängliche Standorte im Stadtbezirk Leipzig Mitte wurden schon zur Prüfung vorgeschlagen: „Alexanderstraße mit Fokussierung auf ihren Ausgang Richtung Käthe-Kollwitz-Str., Westplatz/Freiflächendreieck an der Friedrich-Ebert-Str. gegenüber Straßenbahn-Haltestelle Westplatz.“

Am Ende gab es ein mehr als klares Votum der Ratsversammlung für diese Würdigung. 47 Stadträt/-innen stimmten dem Antrag zu. Nur die AfD-Fraktion stimmte mit sechs Stimmen dagegen.

Die Debatte vom 24. Juni 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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