Eigentlich hätte ein T-Shirt mit der Botschaft „Mein Freund, der Baum“, besser gepasst, als Linke-Stadtrat Michael Neuhaus am 31. März den mit Jürgen Kasek (Grüne) gemeinsam geschriebenen Antrag einbrachte, in dem sie vier zusätzliche Stellen im Amt für Umweltschutz beantragten, um Leipzig wieder eine fachliche Kontrolle der Baumschutzsatzung zu ermöglichen. Aber er hatte ein anderes Motiv auf dem T-Shirt, dass für einen kleinen Aufruhr sorgte.

Was natürlich trotzdem irgendwie passte an diesem Tag, an dem der Stadtrat eben nicht nur über den Doppelhaushalt 2021/2022 zu entscheiden hatte, sondern auch über eine Latte von Änderungsanträgen der AfD, die gleich reihenweise demokratischen Einrichtungen und Initiativen in Leipzig den Geldhahn zudrehen wollte.Das nutzten andere Stadträt/-innen, indem sie in ihren Einbringungsreden oder in Gegenrede zur AfD klarmachten, für wie perfide sie diese Vorgehensweise halten. Denn gerade durch diese scheinbar von biederem Bürgersinn eingebrachten Anträge machte die Leipziger AfD-Fraktion diesmal sehr deutlich, was sie von demokratischer Vielfalt, Offenheit und gar allem, was sie als „links“ versteht, hält.

Und während sich die meisten Stadträt/-innen aufs Reden beschränkten, zog Michael Neuhaus wieder mal ein T-Shirt an. Er hatte schon einmal für Aufruhr gesorgt, als er in der Vergangenheit ein T-Shirt mit dem Aufdruck „FCK AFD“ trug. Diesmal zeigte er Flagge mit dem T-Shirt „Antifaschistische Aktion“. Gegen wen das gerichtet war, war eigentlich deutlich.

Dennoch waren es Karsten Albrecht und Jessica Heller aus der CDU-Fraktion, die an den OBM appellierten, Neuhaus deshalb zu rügen. Und der wieder musste mehrmals erklären, dass das Motiv des T-Shirts keinen Grund für einen Ordnungsruf abgäbe. Er habe das prüfen lassen und könne auch nur an Neuhaus appellieren, auf solche Provokationen lieber zu verzichten.

Wer den aktuellen Wikipedia-Artikel aufruft, sieht dort, dass die AfD auch im Bund versucht, die Antifa zu inkriminieren.

Aber Burkhard Jung bezog sich auf die in diesem Umfeld entstandene Definition des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, der den Begriff „Antifa“ 2018 als „Oberbegriff für verschiedene, im Regelfall eher locker strukturierte, ephemere autonome Strömungen der linken bis linksextremen Szene“ definierte.

Es steckt also alles Mögliche drin in Antifa. Aber der Kampf gegen Faschismus ist allen darunter lose zu versammelnden Gruppen gemeinsam.

Dabei ging es im Antrag, den Michael Neuhaus als umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion und Jürgen Kasek als umweltpolitischer Sprecher der Grünen geschrieben hatten, tatsächlich um Baumschutz. Und zwar um das im Amt für Umweltschutz fehlende Personal, die Baumschutzsatzung auch zu kontrollieren. Am Wilhelm-Leuschner-Platz habe das zu einem „Versagen mit Ansage“ geführt, erklärte Neuhaus. Und da war die Leipziger Baumschutzsatzung noch gar nicht wieder in Kraft. Das geschah ja erst im März.

Aber das Agieren der Naturschutzbehörde am Wilhelm-Leuschner-Platz zeigte deutlich, dass im zuständigen Amt die fachliche Kompetenz fehlt, schützenswerte Bäume überhaupt zu identifizieren. Das musste erst der NABU tun. Und der Vorgang machte deutlich, wie blank das zuständige Amt eigentlich dasteht, wenn es jetzt auch noch um den Schutz wertvoller Baumbestände und Gehölze auf Privatgrundstücken geht. Überall wird gebaut und verdichtet. Eigentlich müssten die amtlichen Baumschützer überall unterwegs sein, um die Zerstörung unersetzlicher Biotope zu verhindern.

Ursprünglich hatte die Linksfraktion nur zwei Stellen beantragt: „Für das Amt für Umweltschutz werden Mittel für 2 VzÄ für gewachsene Aufgaben in den Bereichen Biodiversitätsschutz, Landschaftsüberwachung und Ahndung von Naturschutzdelikten sowie für die fachliche Begleitung von langfristigen Prozessen wie INSEK, Mobilitätsstrategie, Stadtklima bereitgestellt (für 2021 in Höhe von 50.000 Euro und für 2022 in Höhe von 120.000 Euro).“

Das war noch im Januar. Mit Wiedereinsetzung der Baumschutzsatzung aber werden die Prüfaufgaben deutlich zunehmen. Also schrieben Kasek und Neuhaus den Antrag um auf vier Vollzeitstellen.

Aber die Verwaltung wollte das so nicht mit in den Doppelhaushalt übernehmen. Am Mittwoch in der Ratsdebatte meldete sich dann SPD-Stadtrat Christopher Zenker zu Wort und beantragte erst einmal nur eine zusätzliche Stelle einzurichten.

„Da können wir mitgehen“, meinte daraufhin für die Grünen deren Fraktionsvorsitzender Tobias Peter. Und meinte, Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal hätte schon angedeutet, dass auch vier Stellen möglich wären. Der erklärte dann zumindest, dass eine zusätzliche Stelle zur Durchsetzung der Baumschutzsatzung ganz in seinem Sinne wäre.

Im Dezernat müsse man jetzt sowieso prüfen, wie man der Baumschutzsatzung wieder zur Durchsetzung verhilft. Da sind wohl auch Umsetzungen schon existierender Stellen im Gespräch.

Und fast beiläufig widersprach er auch Sven Morlok, der es völlig unmöglich fand, dass der Staat nun auch noch Kontrolleure anstellen muss, um die Einhaltung der Gesetze durch den Staat (also in diesem Fall die Stadt) zu kontrollieren.

Ein Einwurf, der verständlich wird, wenn man sich erinnert, dass es die CDU/FDP-Regierung war, die vor zehn Jahren durch die Änderung des Sächsischen Naturschutzgesetzes die Baumschutzsatzungen der Kommunen außer Kraft gesetzt hatten. Mit der Folge, dass gerade auf privaten Grundstücken tausende Bäume ohne Kontrolle gefällt wurden. Aber tatsächlich stellte Morlok damit ja geradezu fest, dass es ohne Kontrolle eben nicht geht und auch staatliche Ämter dazu neigen, Gesetze zu missachten, wenn niemand fachlich deren Einhaltung kontrolliert.

Und so bekommt Leipzig jetzt endlich wieder Baumschutzkontrolleure, anfangs erst einmal einen oder eine. Dagegen stimmten nur 22 Stadträt/-innen. Die Mehrheit fand den von der SPD eingebrachten Kompromiss gut.

Die Debatte vom 31. März 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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