Wie hilft man eigentlich den Leipziger Einzelhändlern nach den ganzen Lockdowns in Leipzig, nach deren Ende wieder auf die Beine zu kommen und jetzt auch erst einmal zu überleben? Mit der Frage beschäftigten sich gleich mehrere Änderungsanträge zum Doppelhaushalt. Denn einig waren sich in der Debatte am Mittwoch, 31. März, alle. Die Bundes- und Landesmittel werden da allein nicht helfen.
Aber werden die Vorschläge helfen, die die Fraktionen da vorbrachten? Auch die AfD-Fraktion hatte ja beantragt, wie vor einem Jahr für die Solo-Selbstständigen diesmal ein städtisches Unterstützungsprogramm in Höhe von 1 Million Euro für die Einzelhändler aufzulegen.„Einrichtung eines Hilfsfonds für kleine und mittelständische Leipziger Einzelhandelsbetriebe zur Existenzerhaltung und Unterstützung ihrer Handelstätigkeit. Dieser lokale Wirtschaftshilfsfonds wird für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 mit jeweils 1.000.000 EUR untersetzt“, lautete ihr Antrag.
Die Summe klingt zwar erst einmal groß, beträgt aber, so rechnete SPD-Stadtrat Christopher Zenker vor, am Ende nur 170 Euro pro Einzelhändler. Das Problem stand eigentlich die ganze Zeit im Raum: Die Mittel, wirklich effektiv zu helfen, hat Leipzig nicht, schon gar nicht in einem so von Corona geprägten Doppelhaushalt und Steuerausfällen von mehreren hundert Millionen Euro. Deswegen ist eigentlich auch der Antrag, den SPD und CDU gemeinsam einreichten, nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Er legt den Fokus etwas anders. Ursprünglich hatte die SPD den Antrag allein gestellt: „In den Haushalt der Stadt Leipzig werden für 2021 und 2022 jeweils 250.000 EUR für die Umsetzung des Innenstadtkonzepts zur Verfügung gestellt, das aktuell im Amt für Wirtschaftsförderung erarbeitet wird.“
Aber es geht ja nicht nur um die Innenstadt, die jetzt droht nach Corona gerade das zu verlieren, was sie so unverwechselbar macht. Und das sind nicht die großen Handelsketten mit ihren Filialen (auch wenn diese ebenfalls unter dem Öffnungsverbot leiden), sondern die vielen regionalen Einzelhändler, die der Innenstadt ihr Flair geben.
Im Ursprungsantrag hatte die SPD-Fraktion das Dilemma schon geschildert: „Die derzeitige Pandemie-Lage hat einen Prozess beschleunigt, der sich durch den Trend zum Einkauf im Internet und durch die stärkere Verbreitung großer Filialisten bereits seit einigen Jahren schleichend manifestiert: Die Innenstädte verlieren an Attraktivität und Individualität. Um dem entgegenzuwirken, erarbeitet die Stadtverwaltung gerade ein Konzept zur Belebung der Innenstadt. Neben einem Konzept bedarf es auch finanzieller Mittel, um die Umsetzung zu ermöglichen.“
„Im April 2019 hat der Rat die Verwaltung mit einem Konzept beauftragt, das unter anderem Vorschläge machen soll, wie die Einzelhandelsvielfalt durch kleine Läden erhöht werden kann. Um das zu schaffen und innovative Ideen zu fördern, die sonst vielleicht am Mietniveau in der Innenstadt scheitern würden, müssen entsprechende Gelder zur Verfügung stehen. Denkbar wäre, dass Geschäfte mit ähnlichen Zielgruppen in räumlicher Nähe zueinander untergebracht werden und so bspw. Handwerkerpassagen oder Manufaktur-Straßen entstehen, was auch für kleine Innenstadtstraßen, die bislang wenig beachtet werden, eine Entwicklungsmöglichkeit wäre, weil damit Besucherströme besser gelenkt werden könnten.“
Das Problem, das immer mehr Umsatzvolumen an die (us-amerikanischen) Online-Händler verloren geht, haben auch sämtliche Einzelhändler an den gerade mühsam wieder in Schwung gebrachten Magistralen und in den Stadtteilzentren. Logisch, dass das noch unbedingt mit in den Antrag musste. Das brachte die CDU-Fraktion mit ein. Denn nichts ist letztlich so langweilig wie eine Stadt, wo – neben den Online-Händlern – nur noch die großen Filialisten existieren. Das sorgt dann auch dafür, dass ganze Stadträume ihre Aufenthaltsqualität verlieren.
Mit 500.000 Euro sollen – so das Anliegen der beiden Fraktionen – die Wünsche der Einzelhändler selbst unterstützt werden, nach Corona mit eigenen Ideen und Konzepten wieder um Kunden zu werben und sie zum Einkaufen in ihren Straßen und Zentren zu gewinnen.
Dazu schrieben dann noch die Grünen einen Änderungsantrag: Sie wollten dazu ein Konzept haben, wie diese 500.000 Euro verwendet werden sollen. Für sie schwebte im Hintergrund auch noch das Problem, dass die Verwaltung – in diesem Fall das Wirtschaftsdezernat – auch schon seit zwei Jahren an einem Innenstadtkonzept arbeitet, in dem diese Probleme der City schon aufgegriffen sind.
Das Konzept ist mehr oder weniger fertig, erklärte Baubürgermeister Thomas Dienberg, und werde jetzt in die Fachausschüsse gehen.
Und auch der dringende Wunsch der Grünen, endlich die Beschlüsse zur Umgestaltung der Gottschedstraße und des Brühl umzusetzen, sei ihm bewusst. Dazu gäbe es bis Ende des 2. Quartals ein Konzept.
Aber die Stadtratsmehrheit sah es dann so wie CDU-Stadträtin Sabine Heymann: Der Grünen-Antrag ist zwar wichtig, gehört für die Mehrheit aber nicht in den SPD/CDU-Antrag, sollte also auch extra behandelt werden.
Dass über den AfD- und den SPD/CDU-Antrag gleichzeitig debattiert wurde, hatte Christopher Zenker beantragt. Es sei dasselbe Thema, da brauche es nicht zwei extra Debatten.
Der AfD-Antrag fand am Ende keine Mehrheit, sondern bekam nur die 9 Stimmen der AfD-Fraktion.
Der Grünen-Antrag wurde zwar von der Linksfraktion unterstützt, bekam aber nur 26:36:1 Stimmen.
So kann sich die Verwaltung jetzt auf das konzentrieren, was SPD- und CDU-Fraktion beantragt hatten. Denn mit den Worten von CDU-Stadtrat Falk Dossin „braucht es jetzt clevere Ideen“, den Tiefschlag durch Corona im Einzelhandel irgendwie wieder auszugleichen. Aber diese Ideen sollen nicht als Konzept durch die Verwaltung erarbeitet, sondern von den Gewerbetreibenden selbst entwickelt werden. Sie wissen am ehesten, was sie tun können, um die Kunden wieder in ihre Geschäfte und Gaststätten zu hohlen.
Die Stadt soll nur in der Lage sein, solche Ideen und Projekte dann auch ohne großen Vorlauf unterstützen zu können. Es ginge ganz und gar nicht um neue Sitzbänke oder neue Bäume, wie in der Debatte immer wieder angedeutet wurde. Eher um mehr Digitalisierung und Ideen zur Attraktivitätssteigerung der Stadtteilzentren und Magistralen, wie SPD-Stadtrat Andreas Geisler betonte.
Der gemeinsame Antrag bekam dann auch eine klare Mehrheit von 37:12:12 Stimmen. Jetzt kann man eher gespannt sein, welche Ideen die betroffenen Händler und Gastronomen entwickeln werden.
Der Mitschnitt Stadtrat 31. März 2021
Video: Livestream der Stadt Leipzig
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