In Leipzig könnte es für einige Gruppen bald ein 365-Euro-Jahresticket für den ÖPNV geben. Die Weichen dafür hat der Stadtrat am Mittwoch, dem 21. April, gestellt. Ob Leipzig-Pass-Besitzer/-innen und Personen bis 27 Jahren ein solches 365-Euro-Ticket bald nutzen können, hängt aber von der Zustimmung bestimmter Gremien und einem erfolgreichen Förderantrag ab. Im Stadtrat gab es zudem Kritik an der Entscheidung: Zur Verkehrswende würde der Beschluss nichts beitragen.
Daran, dass das 365-Euro-Ticket schon seit Jahren in Leipzig in der Diskussion ist – unter anderem in diversen Wahlkämpfen –, erinnerte Franziska Riekewald (Linke) zu Beginn ihrer Rede. Gemeinsam mit der SPD hatte ihre Fraktion beantragt, dieses nun für einige Gruppen einzuführen: unter anderem für Leipzig-Pass-Besitzer/-innen, Personen bis 27 Jahren und Angestellte der Verwaltung. Die Finanzierung soll aus Mitteln des Bundes erfolgen.Christopher Zenker (SPD) ergänzte, dass das Ticket in weiter Ferne schien, nachdem die Einnahmen für Kommune und LVB wegen der Coronakrise eingebrochen waren. „Aber die Verwaltung hat das nicht als Vorwand genommen, das Ticket zu beerdigen.“ Genau wie Riekewald begründete er den Fokus auf junge Menschen damit, dass dort die Lücke zwischen Azubi- beziehungsweise Semesterticket und teurem LVB-Jahresabo gefüllt werden könnte.
Dass mehr Leipziger/-innen den ÖPNV nutzen und das Auto stehen lassen, entspreche den Mobilitätszielen der Stadt, erklärte Grünen-Stadträtin Kristina Weyh. Ihre Fraktion hatte einen Änderungsantrag eingereicht, den Weyh jedoch zurückzog, nachdem die Stadt diesen im Verwaltungsstandpunkt weitgehend übernommen und die Linksfraktion erklärt hatte, den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung zu stellen.
Ein weiterer Änderungsantrag kam von der Freibeuter-Fraktion. Diese wollte auch Senior/-innen ein 365-Euro-Ticket anbieten – im Gegenzug sollten diese ihren Führerschein abgeben. An diesem Vorschlag gab es unter anderem von Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) Kritik. Freibeuter-Stadtrat Thomas Köhler verwies auf eine ähnliche Aktion in Augsburg, wo Senior/-innen ihren Führerschein abgeben können und dafür ein kostenloses ÖPNV-Abo erhalten. Altersdiskriminierung sei das nicht.
Sein Fraktionskollege Sven Morlok kritisierte zudem, dass die geplanten Maßnahmen nichts zur Verkehrswende beitragen würden, sondern nur „Sozialpolitik für wenige“ seien. Genau wie Siegrun Seidel (CDU) forderte er, dass Leipzig zunächst in die Infrastruktur, beispielsweise am Stadtrand, investieren müsse. Erst dann würden Preissenkungen dazu führen, dass mehr Menschen vom Auto zum ÖPNV wechseln.
Oberbürgermeister Jung gab abschließend zu, dass es sich um eine sozialpolitische Maßnahme handle – aber um eine mit umweltpolitischem Ansatz. Er verwies auf die niedrigen Einkommen in der Stadt, die so etwas nötig machen würden. Gleichzeitig wolle man die Infrastruktur ausbauen. „Ziel bleibt ein 365-Euro-Ticket für alle“, sagte Jung.
Während der Freibeuter-Antrag keine Mehrheit fand, gab es für den Verwaltungsstandpunkt 44 Ja- und 22 Nein-Stimmen. Sollten die Gremien des MDV zustimmen und der Bund zahlen, soll das Projekt ein Jahr nach der Einführung evaluiert werden.
Die Debatte vom 21. April 2021 im Stadtrat
Video: Livestream der Stadt Leipzig
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafür.
Keine Kommentare bisher