Am 24. März ging im Leipziger Stadtrat eine lange Debatte zu Ende: Wie geht die Stadt mit dem Ansinnen der Firma Papenburg um, ihren Kiesabbau bis vor die Haustüren des Ortsteils Rückmarsdorf auszudehnen? Kann sie den Kiesabbau verhindern oder auch nur den Verkauf der eigenen Flächen, was mit dem deutschen Bergrecht schwer zu vereinbaren ist? Zuletzt wurde auch mit unfairen Mitteln gekämpft, denn der seit 2016 andauernde Kampf der Bürgerinitiative Rückmardsorf gegen den Aufschluss des neuen Kiestagebaus fand auch Gegner, die aber nicht unbedingt mit offenem Visier kämpften.

Dies merkte Stadtrat Bert Sander (Grüne) in der Stadtratsdebatte am Mittwoch, 24. März, noch einmal deutlich an und betonte den Mut der Rückmarsdorfer Bürgerinitiative. Es soll sogar während der Rückmarsdorfer Kiesdebatte zu Koteinbringungen in einem Briefkasten eines Mitgliedes gekommen sein.Im Stadtrat selbst stand dann nicht mehr der von seiner Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen eingebrachte Antrag zur Abstimmung, der sämtliche Grundstücke aufzählte, die die Stadt auf keinen Fall verkaufen dürfte.

Denn inzwischen hatte man auch im Grundstücksverkehrsausschuss und im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau des Stadtrates intensiv diskutiert. Denn natürlich ist das Ansinnen der Rückmarsdorfer nur zu berechtigt, dass der Kiesabbau den auch im Regionalplan für Westsachsen von 2008 und im Entwurf von 2017 festgelegtem Mindestabstand zur Wohnbebauung einhält.

„Der Antrag verfolgt das Ziel, dass der infrage stehende 300-m-Abstand nicht durch juristische Manöver/Volten (Umwandlung der einstigen Zielvorgabe in lediglich Grundsatz) unterlaufen werden kann. Die Stadt Leipzig hatte bereits in der Stellungnahme vom Januar 2018 zum Antrag der Firma GP Günter Papenburg AG auf Zielabweichung für einen ,Neuaufschluss Kiessandtagebau Rückmarsdorf‘ auf einen Abstand von 300 m zu Wohnsiedlungen bestanden“, hatten die Grünen formuliert.

Und so ging es eigentlich in den Ausschüssen darum, einen Kompromiss zu finden, mit dem auch die Firma Papenburg leben kann, ohne dass es zwischen Stadt und Antragsteller noch zu teuren juristischen Auseinandersetzungen kommt.

Am Ende – so meinte Sander – habe man wohl einen Weg gefunden, der allen Interessen entgegenkommt: Die Stadt betont ihren Willen, dass die Grundstücke innerhalb der 300-Meter-Zone vor Rückmarsdorf in städtischem Besitz bleiben und deswegen auch nicht Teil von eventuellen Verkaufsverhandlungen werden.

So formulierte es dann das Planungsdezernat auch im Verwaltungsstandpunkt, den Bert Sander im Namen der Grünen-Fraktion dann auch zur Abstimmung stellte.

„Die im Eigentum der Stadt Leipzig befindlichen Flurstücke bzw. Flurstückteile im Bereich des geplanten Kiessandtagebaus Rückmarsdorf, die sich außerhalb des 300 m Abstands zum Siedlungsbereich befinden, stehen für einen Verkauf zur Verfügung. Der Verkauf dieser Flächen erfolgt unter der Bedingung, dass eine Standortvereinbarung geschlossen wird“, heißt es darin.

Wobei SPD-Stadtrat Andreas Geisler hier eine noch genauere Formulierung forderte. Denn von Verkauf kann noch gar nicht die Rede sein. In mögliche Verkaufsverhandlungen will die Stadt erst eintreten, wenn es mit der Papenburg AG eine gemeinsame Standortvereinbarung gibt, die alle gegenseitigen Erwartungen in Schriftform bringt – darunter auch den Bau eines Lärmschutzwalls in Richtung Wohnbebauung.

Der zweite Beschlusspunkt lautet nun: „In der Standortvereinbarung für den geplanten Kiessandtagebau Rückmarsdorf soll zwischen der GP Papenburg AG bzw. einer Tochtergesellschaft und der Stadt Leipzig festgelegt werden, dass ein Kiesabbau innerhalb des 300 m Abstands zum Siedlungsbereich ausgeschlossen wird. Darüber hinaus erfolgen Regelungen insbesondere zu den Themen landschaftsplanerisches Gesamtkonzept zur Rekultivierung der ausgekiesten Tagebauflächen sowie einer Nachnutzungsbetrachtung mit einer Untersuchung, inwieweit Teilbereiche und Restflächen gegebenenfalls baulich entwickelt werden können.“

Dafür gibt es im Grunde auch schon die Zustimmung der Papenburg AG, wie die Vorlage des Planungsdezernats betont: „Vor diesem Hintergrund hat die GP Papenburg AG mit Schreiben vom 22.10.2020 ihre Kaufabsichten dahingehend präzisiert, dass nunmehr nur Flächen außerhalb der 300 m Zone erworben werden sollen. Der Abbau würde ausschließlich auf den Flächen im Anschluss an die 300 m Zone erfolgen. Ein Verkauf der entsprechenden Grundstücke mit mehr als 300 m Abstand zum Siedlungsbereich könnte also zu einem beiderseitigen Interessenausgleich führen.“

Da der Verwaltungsstandpunkt im Grunde das Abstimmungsergebnis aus den Ausschüssen darstellt, war dann nach einem kurzen Meinungsaustausch ein klares Ergebnis auch zu erwarten.

Bis auf eine Enthaltung stimmten die 61 anwesenden Stadträtinnen und Stadträte dem Kompromiss zu. Wenn die Standortvereinbarung mit Papenburg steht, könnten also die Verkaufsverhandlungen für jene Flächen beginnen, die außerhalb der 300-Meter-Zone für Kiesabbau zur Verfügung stehen.

Innerhalb der 300-Meter-Grenze kann die Stadt dann die landwirtschaftliche Nutzung sichern und einige Teilflächen – wie vorgesehen – auch zur Waldmehrung nutzen.

25. März, Update

Die Stellungnahme der BI Rückmarsdorf zur Stadtratsentscheidung

Der Stadtrat von Leipzig hat heute mit nur einer Enthaltung gegen den Verkauf von Grundstücken in Leipzig Rückmarsdorf entschieden. Hierbei handelt es sich um städtische Grundstücke, die im Bereich von 300m zwischen Wohnbebauung und Abbruchkante des geplanten Kiesabbaus liegen.

Damit kann der Kiesabbau in Rückmarsdorf nur mit einem Mindestabstand zur Wohnbebauung von 300m erfolgen und nicht, wie ursprünglich von der Fa. Papenburg geplant, auf 75m an die Häuser der Anwohner heranreichen.

Die Vorlage zu diesem Beschluss reichten die Fraktionen, der Grünen, der Linken und der SPD gemeinsam ein.

Die Bürgerinitiative Rückmarsdorf „Mit uns ist kein Kies zu machen!“ sieht diese Entscheidung als klaren Erfolg ihrer nun schon mehr als 4 Jahren dauernden, intensiven Arbeit gegen den geplanten Kiesabbau. Wir bedanken uns bei Allen, die diesen ersten, aber riesigen Erfolg, möglich gemacht haben.

Detlev Ducksch

BI “Rückmarsdorf” – Mit uns ist kein Kies zu machen!

Die Debatte am 24. März 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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