Er gehört seit Jahrzehnten in viele Radioprogramme, auf Webseiten und gern auch in der örtlichen Tagespresse als „Service“ deklariert zum Morgenprogramm der Medien. Der „Blitzerwarner“ für jene Autofahrer, die es gern mal zu eilig haben oder sich grundsätzlich wenig um ihre Geschwindigkeiten und Mitmenschen scheren. Seit einigen Wochen tobt nun auch eine Debatte in Leipzig darum, ob die mediale Warnung vor Blitzern wirklich ein Beitrag zur Verkehrssicherheit ist oder nur zu kurzzeitig angepasstem Fahren an den vorab bekannten mobilen Kontrollstellen führt. Seit einer Antwort aus dem Ordnungsdezernat steht nun auch infrage, ob die Warnungen überhaupt korrekt sind.
Die Berliner Polizei hat die Weitergabe von mobilen Radarstandorten an die Presse bereits eingestellt. Die Begründung der Hauptstadtbeamten: es sei kein Nutzen im Bereich Verbesserung der Verkehrssicherheit erkennbar. Und seitdem ist die Lage für Raser und eilige Mobilisten in Berlin noch ein wenig unübersichtlicher geworden, man darf vermuten, so mancher Führerschein ist zukünftig schneller weg als bislang.Zahlen gibt es in diesem Bereich zwar noch nicht, aber die Berliner Entscheidung zeigt, dass sich ein Umdenken andeutet. Die Logik: Wer sich gern und ganz grundsätzlich zu schnell in Städten und auf Landstraßen bewegt, hat ein besonderes Auge auf die Warnungen, welche vorab via Radio oder Netz verbreitet werden. Und schlüpft so deutlich länger durch das Radarnetz, als ohne Vorankündigungen. Weshalb auch einige Radiostationen in Deutschland, darunter ebenfalls Berlin, solche Warnungen von sich aus eingestellt haben.
Beim Ordnungsamt Leipzig sieht man dies anders und verweist stets auf einen ARD-Bericht und damit verbundene Masterarbeit, die methodisch fragwürdig und in den Ergebnissen ambivalent ist. Die Abschlussarbeit des Absolventen der „Deutschen Hochschule der Polizei“ Münster, Mario Sormes, soll beweisen, dass die Warnungen einen erzieherischen Effekt auf das Fahrverhalten bezüglich der Geschwindigkeit haben, so die Stadtverwaltung Leipzig auf wiederholte Anfragen. Zuletzt auch auf die seitens der LZ.
Kern seiner Erkenntnisse, so Heinz Albert Stumpen, Professor und Erstkorektor von Sormes Masterarbeit gegenüber ARD.de 2016: „Es kommt darauf an, dass vor einem Kindergarten die höchstzulässige Geschwindigkeit eingehalten wird. Eine Ankündigung etwa im Radio, in der Presse oder auf speziellen Internetseiten trägt dazu bei, wie in der Masterarbeitsstudie nachgewiesen wurde. Dass dann auch der rücksichtslose Fahrer nicht erwischt werden kann, muss man in Kauf nehmen. Laut der Studie ist es sogar gut, wenn vor ,Blitzern‘ gewarnt wird, da die Autofahrer dann nicht nur an diesen Stellen, sondern insgesamt langsamer unterwegs sind.“
Abgesehen davon, dass sich somit eine Leipziger Ordnungsbehörde für ihre Pro-Warnungsphilosophie auf eine einzige Quelle aus dem Jahr 2015 stützt und noch nie eine eigene Messreihe in der Großstadt Leipzig aufgelegt hat, ist diese Aussage mehr als fragwürdig.
Klarer Widerspruch aus der Bundesanstalt für Straßenwesen
Zudem kennt das Leipziger Ordnungsamt die Veröffentlichungen der „Bundesanstalt für Straßenwesen“ (BASt) offenbar nicht. Auf LZ-Nachfrage übersendet die Forschungsstelle des Bundes eine fünfseitige Ausführung zu einem Test in den Großstädten Bremen, München, Hamburg und Hannover (Auszug, PDF) mit dem Hinweis: „Die Erkenntnisse der Berichte in Bezug auf die Fragestellung sollten auch heute noch weitestgehend Gültigkeit besitzen.“
Zwar sind diese Testergebnisse aus den Jahren 1996 und 2001, doch da sie sich um die psychologischen Effekte von bekannten und vorab unbekannten Geschwindigkeitskontrollen drehen, sind diese Studienergebnisse zumal aus vier Großstädten bis heute relevant. Und hierin kommt das beauftragte „Institut für angewandte Verkehrs- und Tourismusforschung e. V.“ auf ein glasklares Ergebnis, wenn es um Warnungen vor mobilen Blitzern geht.
Unter anderem heißt es (zur Behauptung des Ordnungsamtes, es gäbe kein Interesse an den Kontrollergebnissen), dass das Fahrverhalten auch davon abhänge, ob man subjektiv den Eindruck habe, dass die meisten Temposünder (oder alkoholisiert fahrende) erwischt würden. In der Kombination aus der subjektiv empfundenen Entdeckungswahrscheinlichkeit und Kenntnis über entsprechende Konsequenzen („Aufklärungsquote“) liege ein präventiver Schlüssel. Also ein Berichterstattungsfeld für Medien.
An dieser Stelle ist anzumerken: Dass die subjektiv empfundene Entdeckungswahrscheinlichkeit bei amtlich und medial bekannt gegebenen mobilen Blitzerstellen steigen würde, ist wohl ausgeschlossen. Sie sinkt eher, da man sich sicher wähnt.
Kurz gesagt, so die Studienmacher, ist die zeitliche und räumliche Ungewissheit einer Kontrolle das zentrale Kriterium für präventive Effekte bei allen Autofahrer/-innen. Dabei kommt es eher darauf an, möglichst oft die Zeiten und Stellen der Kontrollen zu verändern, um die Wirkung zu verstärken. Darüber hinaus empfiehlt die Publikation mehr über die Folgen (also die Strafhärten) zu informieren und auch, dem Thema Tempoüberschreitung den Status des „Kavaliersdeliktes“ zu nehmen.
An keiner Stelle wird hier von den Wissenschaftlern empfohlen oder auch nur angeraten, vorab „Raser“ und andere Eilige auch noch über mobile Messstellen in Kenntnis zu setzen. Eher regen sie weitere empirische Forschungen dazu an, wie sich zeitliche rasche und bei wiederholten Übertretungen härtere Bestrafungen nach der Entdeckung auf zukünftiges Fahrverhalten auswirken könnten.
Maßgebliche Störfaktoren in der „Studie“ von Sormes
Und auch die vom Ordnungsamt wie ein Feldherrenbanner hochgehaltene Masterarbeit von Mario Sormes gibt die Schlussfolgerungen des Amtes nicht her.
Man tritt der 30.000-Einwohnerstadt Sangerhausen in Sachsen-Anhalt sicher nicht zu nahe, wenn man es als Kleinstadt mit entsprechend geringer Varianz bei den täglichen Verkehrsteilnehmern im Vergleich zu einer Touristenhochburg oder eben einer Großstadt wie Leipzig bezeichnet. In seiner Masterarbeit (hier im Netz abrufbar) schildert Sormes, wie er im Frühjahr 2015 in der Kleinstadt im Südharz vorging.
Erst erhob er drei Wochen lang mittels Radarmessungen an drei der Bevölkerung offenbar seit Jahren bekannten Standorten ein sogenanntes „Grundniveau“, also das Tempo, mit dem im Schnitt und ohne Warnungen in der Presse, also scheinbar ohne Messungen in Sangerhausen gefahren wird.
Hier bereits beginnen die Probleme im Versuchsaufbau.
Wie er diese drei Wochen andauernde Baselinemessung in der Öffentlichkeit vor der örtlichen Bevölkerung wirksam verheimlicht haben will, führt Sormes nicht aus. Bereits hier jedoch könnten alle seine Ergebnisse am Ende nutzlos sein – egal, welcher Richtung sie sich in der Auswertung zuneigen.
In drei Wochen sprechen sich bei damals 28.000 Einwohnern Sangerhausens auch ganz andere Kleinigkeiten wie beispielsweise neue Paare oder Sonderangebote beim lokalen Einzelhändler herum. In einem Artikel von 2016 berichtet die Mitteldeutsche Zeitung zudem von einem aktiven Automobilclub in der Stadt – stets auch eine Infozentrale für lokale Verkehrsentwicklungen.
Dass also in Sangerhausen irgendwer irgendetwas drei Wochen lang an zuvor bekannten Messpunkten gemessen hat, dürfte aufgefallen sein. Und Sormes selbst räumt in seiner eigenen Fehleranalyse ein, genau über diese Bekanntheit der Messungen in der Baseline keine Beobachtungen zu haben.
Ob demnach die Baseline korrekt gemessen wurde oder nicht, da bereits eine angepasste Fahrweise aufgrund der Bekanntheit der Messpunkte vorhanden war, ist offen. Lag diese jedoch vor, würde allein dadurch höchst fragwürdig, was die späteren Presse-Warnungen eigentlich noch für Effekte außerhalb zufälliger Unterschiede wie zum Beispiel einer zufällig in einem der beiden Zeitpunkte mit überhöhter Geschwindigkeit durchfahrenden Autokolonne haben sollten?
Was er also in den ersten drei Wochen genau gemessen hat, wird in der Arbeit nicht ausreichend analysiert. Wie groß die Störvariablen in Mario Sormes` Endergebnis eingewirkt haben, ist auch durch ihn selbst nicht zu aufzuklären.
Nicht grundlos räumt Sormes in seiner Arbeit methodisch korrekt ein, dass „der Einfluss von Störvariablen bei Feldversuchen allerdings sehr wahrscheinlich und kaum vermeidbar“ ist. Und derer hat er viele mehr.
Mario Sormes schreibt dazu selbst, dass „unkontrollierbare Störvariablen“ eventuelle „Radarwarner“ in Pkws, das Wetter, die Radiostationen der Region und Warnungen mittels Handzeichen und Lichthupe der Fahrer/-innen auch während seiner Grundmessung (Baseline) eine Rolle gespielt haben dürften. Da er in der Baseline- und in der Messphase seine Radarstellen offenbar nicht mit eigenen Augen beobachtete, kann er zu diesen Vorgängen keine Aussagen treffen und somit auch genau diese „Ad Hoc-Warnungen“ später nicht herausrechnen.
Auch über das Warnverhalten der durch ihn nicht in den Versuch eingebundenen Radiostationen, welche gern dann warnen, wenn Hörer sie informieren, kann Sormes keine Aussagen treffen. Ob also genau jene medialen Warnungen, deren Effekt er messen will, in der Baselinephase erfolgten, kann sein Versuchsaufbau nicht wirklich klären. Sein Effekt bezieht sich maximal auf die im Gebiet Sangerhausen reichweitenstärkste Zeitung – die Mitteldeutsche.
Diese brannte in den fünf Wochen dann ein regelrechtes Artikelfeuerwerk zum Thema „Achtung, es wird gemessen“ ab.
Im, an die Grundmessung anschließenden, 5-wöchigen Untersuchungszeitraum mit Pressebekanntmachungen misst Sormes dann – um nur die lokale Bevölkerung zu erfassen – erneut nur im Stadtgebiet Sangerhausen an den gleichen drei Messstellen. Dafür hat er nach eigenen Angaben die drei „Seitenradarmessgeräte in den Straßen, wo bereits regelmäßig kommunale Geschwindigkeitsmessungen stattfanden und auch weiter stattfinden sollten“, installiert.
Was auf den ersten Blick ein richtiges Vorgehen scheint, um den Unterschied zwischen Warnung in der Presse und Nichtwarnung in der Presse zu messen, beinhaltet gleichzeitig das bereits angedeutete Problem. Damit schließt Sormes’ Versuchsaufbau die jahrelange Gewöhnung der örtlichen Bevölkerung an die drei Messstellen ein – in seine Baselinemessung und nun in der Folge auch in die Messungen der kommenden fünf Wochen.
Während nun die örtliche Presse, also die Mitteldeutsche Zeitung, der „Wochenspiegel“ und weitere vorab vor den Messstellen warnen, hat sich beim Warnverhalten der lokalen Facebookgruppe, den „Radarwarnern“ in Pkws und den regionalen Radiostationen in beiden Phasen wenig bis nichts geändert.
Formal richtig, Ergebnis null
Der polizeiliche Hochschul-Absolvent Mario Sormes kann auf seine Masterarbeit sicher eine gute Note erhalten haben, in den formalen Anforderungen an eine solche Arbeit hat er alles richtig gemacht: von Experimentanordnung über die Berechnungen bis zur Fehlerdiskussion ist alles enthalten. Nur ändert all das nichts an der von ihm selbst festgestellten Einwirkung für ihn als Durchführer des Experimentes nicht ausschließbarer Störfaktoren. Und eben diese zerstören sein Ergebnis selbst und machen die Schlussfolgerungen, dass Warnungen vor Blitzern wirksam und womöglich sogar nachhaltig auf das Fahrverhalten von Autofahrern einwirken, unbrauchbar.
Dass dabei neben den möglichen und wahrscheinlichen Radiowarnungen aufgrund von Fahrerhinweisen an die nicht eingeweihten Radios in der Baseline-Phase die aktive lokale Facebookgruppe natürlich eine Rolle für die hochinteressierten Schnellfahrer gespielt hat, darf man als sicher und deutlich ergebnisverfälschend ansehen.
Wer überhaupt mit den Pressewarnungen – hier also Print und Online – an den im Ort Sangerhausen zudem bekannten Messstellen erreicht wurde, spielt eine ebenfalls so kleine Rolle bei seinen Ergebnissen, dass nicht die Masterarbeit schlecht, sondern das Ergebnis schlicht nicht ermittelbar ist. Die Unterschiede in den Ergebnissen mit und ohne Pressewarnung vor den Blitzern sind zudem zu klein, um als signifikant gesteigert oder abfallend durchzugehen.
Was den eigentlich erwünschten Langzeit- oder Erziehungseffekt, nämlich ein durchgehend angemessenes Fahren an Gefahrenstellen wie Kindergärten und Schulen, schwierigen Kreuzungslagen oder engen Straßen in Sangerhausen oder anderswo betrifft, sagt die Masterarbeit hingegen gar nichts.
Dafür hätte Mario Sormes wohl einen Monat oder später noch einmal zum Nach-Messen kommen müssen. Oder von Beginn an eine Stelle wählen, wo in Sangerhausen zuvor noch nie gemessen wurde, die Radiostationen mit einbeziehen und zudem die Facebookgruppenadmins um Stille bitten müssen. Abermals in einer Kleinstadt wohl etwas, was sich herumgesprochen hätte.
Demgegenüber steht die Jedermann-Logik: Wo ein/e Verkehrsteilnehmer/-in mittels Messungen oft erwischt wird, weil die Messstelle unangekündigt zuschlägt, umso schneller gefährdet genau jene Gruppe Menschen, die keine Lust auf vorausschauendes Fahren oder Rücksichtnahme hat, niemanden mehr.
Weil in der Konsequenz am Ende die Fahrerlaubnis fehlt.
Mediales Desinteresse an den Kontrollergebnissen?
Ob sich das Leipziger Ordnungsamt und der Leipziger Stadtrat mit all diesen leicht erkennbaren Kritikpunkten an der Arbeit von Mario Sormes befasst haben, kann man wohl mittlerweile ausschließen. Dies jedenfalls legen die Antworten nahe, die der Leipziger Stadtrat von der Verwaltung mit Verweis auf das eher oberflächliche Interview der ARD im Jahr 2016 erhielt. Und so hinnahm, zumindest was die Fraktionen der CDU, AfD und Teile der SPD betraf.
Antworten, die sich auch auf Nachfrage der Leipziger Zeitung nicht änderten. Man verweist seitens des Ordnungsamtes auf die Pro-Warnungs-Antworten an den Stadtrat mit dem Zusatz: „An den dortigen Darstellungen hat sich nichts geändert.“
Mittlerweile hat der Stadtrat im Februar dieses Jahres entschieden, sich mehrheitlich der Meinung des Ordnungsamtes Leipzig anzuschließen und weiterhin vor Blitzern in Leipzig zum Beispiel via LVZ warnen zu lassen. Warnungen, die man offenbar bei der LVZ gut findet – einem Ticker ähnlich werden jeden Tag, wo ein Fax aus dem Ordnungsamt kommt, alle Blitzerstandorte auf der Webseite dieser Zeitung für Vor- und Nachmittag dargestellt.
Auf leipzig.de findet man diese Warnungen nicht, an die L-IZ.de / Leipziger Zeitung hat das Ordnungsamt in den vergangenen 15 Jahren ein solches Fax noch nie versandt. Dabei werden die Hinweise, welche wohl vorrangig eher die Rücksichtslosen interessieren, auch bei der LVZ als Beitrag zur Verkehrssicherheit in Leipzig bezeichnet.
Dass dies die Polizei in Berlin anders sieht und über die Behauptungen in Mario Sormes Masterarbeit hinaus keine Belege dafür vorliegen und die BASt dies schon 2001 anders sah, stört scheinbar nicht. Parallel dazu versucht die Lokalzeitung in letzter Zeit verstärkt durch Berichte über aufgegriffene Raser in der Region darzustellen, dass eben diese ja dennoch gefunden würden.
Auswertungen, was die einzelnen – unter Vorwarnungen durchgeführten – Radarmessungen im Stadtgebiet genau ergeben haben, fehlen hingegen bis heute. Ein Vergleich zwischen Vorwarnungen und überraschenden Kontrollen selbstredend auch. Hierbei verwies das Amt in der Vergangenheit darauf, dass für die Ergebnisse der Kontrollen angeblich kein öffentliches Interesse bestünde.
Auf LZ-Anfrage unter Auflistung aller Messpunkte, was die vorab bekannt gegebenen Messungen am 2. März 2021 im Leipziger Stadtgebiet ergeben hätten, folgt die Bitte, sich bis spätestens 26. März 2021 zu gedulden. Die Zwischeninformationen gegenüber LZ jedoch ergeben erste Indizien, dass bei der jetzigen Kontroll-Praxis eine methodische Klärung, ob Vorwarnungen via Presse nun verkehrssichernd sind oder nicht, in Leipzig kaum gelingen wird.
Verschiedene Strecken wurden am 2. März 2021 entgegen der vorherigen Ankündigungen des Amtes via Presse gar nicht kontrolliert. Mangelnde Möglichkeiten der Radarfallenaufstellungen seien die Gründe, wie auch krankheitsbedingte Mitarbeiterausfälle oder ein Versagen der Technik.
Angekündigt hatte die LVZ nach Informationen des Ordnungsamtes für den 2. März vorab 43 Messpunkte. Absolviert hat das Ordnungsamt laut Auflistung der Stadtverwaltung gegenüber LZ an diesem Tag ganze acht davon. Was diese Messungen an Tempo-Verstößen ergeben haben, will man unserer Redaktion noch bis Ende März mitteilen.
Bleibt also die Frage offen, ob die aktuelle Praxis des Leipziger Ordnungsamtes und der Vorabveröffentlichungen nun diejenigen Verkehrsteilnehmer schützt, denen das Leben anderer egal ist oder nicht. Und dies, wie das Ordnungsamt selbst ausführt, an Punkten in der Stadt, wo es unter anderem um „besonders schützenswerte Bereiche (bspw. Kita, Schule, öffentliche Einrichtungen)“ geht.
Die Anzeichen stehen derzeit wohl eher für ein raserfreundliches Ordnungsamt, welches sich hinter einer mehr als fragwürdigen Masterarbeit versteckt. Zumindest kann das Amt das Gegenteil derzeit nicht beweisen und widerspricht mit seinen medial verbreiteten Warnungen den Erkenntnissen der Bundesanstalt für Straßenwesen.
Das gesamte Prozedere in Leipzig jedenfalls scheint derzeit weder zielführend noch korrekt begründet.
Nachtrag: Auf eine Übermittlung der Kontrollstellen via Fax will die Stadtverwaltung auch auf LZ-Nachfrage hin nicht verzichten. Ein Versand per Mail, also in digitaler Form, findet auch weiterhin nicht statt.
Vielleicht ja, um wenigstens die höchstwahrscheinlich kontraproduktiven Warnungen wenigstens um jenen Zeitraum zu verzögern, wo das Fax-Papier in den Redaktionen für die Onlineveröffentlichung noch einmal abgetippt werden muss.
In Leipzig wird weiter gewarnt – Die Abstimmung vom 24. Februar 2021 im Stadtrat Leipzig
Video: Livestream der Stadt Leipzig
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Es gibt 3 Kommentare
Blitzerwarnungen sind genauso sinnlos wie Blitzerwarnapps, die spannenderweise ja verboten sind. Wieso wird hier mit zweierlei Maß gemessen?
Da beide keine 100% Datenqualität haben interessieren sie mich nicht.
Die Bezeichnung Ordnungsamt ist in Leipzig wirklich sehr Irreführend! Mir als Autofahrer sind die Blitzmeldungen schon immer egal. Verkehrsregeln gelten schließlich für Alle und sollen auch Allen ausreichend Sicherheit geben! Nach der Logik dieses Amtes solle man bitte schön auch die Kontrollpunkte bekannt geben an Welchen auf Alkohol und andere Drogen kontrolliert wird!
Statt Erfahrungen anderer Großstädte in Bezug auf Verkehrssicherheit aufzugreifen vergleicht man sich in diesem Amt mit Kleinstädten und versendet seine Mitteilungen sogar mit Fax! Da kann ich nur sagen: aufwachen, ihr macht Euch lächerlich und als Leipziger schämt man sich solch eine Verwaltung zu haben!
Der Vollständigkeit halber sei hier noch angemerkt: die Beschilderung von fest installierten Messstellen macht sogar Sinn. Diese Blitzer haben nämlich gar keinen generalpräventiven Effekt, erhöhen also die Verkehrssicherheit nicht pauschal, sondern nur dort wo sie eingesetzt werden. Damit kann man Unfallschwerpunkte gezielt entschärfen. Da sich der Blitz aber sowieso herumspricht, kann man auch Schilder aufstellen und so auch ortsfremde Raser verlangsamen.
Dieser gewünschte Effekt kommt natürlich zum gleichen Preis, wie auch die angekündigte mobile Kontrolle: es wird überall sonst umso mehr gerast, da die Verkehrsteilnehmer sich vor weiteren Kontrollen sicher fühlen (insbesondere direkt hinter der Kontrollstelle).
Dem kann man nur entgegenwirken, in dem man den sog. Flächendruck der Verkehrsüberwachung erhöht. Das gelingt aber nur, wenn jederzeit mit Kontrollen und im Fall der Kontrolle mit hohen Strafen zu rechnen ist, weil es gilt Risiko = Eintrittswahrscheinlichkeit der Entdeckung x Schwere der Konsequenz.
Auf die Höhe der Strafen haben die Kommunen so gut wie keinen Einfluss. Bleibt nur, die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung von Verstößen zu erhöhen. Die tatsächliche Wahrscheinlichkeit kann die Kommune meist aus Haushaltsgrübden nicht erhöhen (kein Geld für Mitarbeiter), also muss die (subjektive) wahrgenommene Entdeckungswahscheinlickeit erhöht werden.
Dies geht am besten, in dem regelmäßig detailliert darüber informiert, dass kontrolliert wurde (aber nicht wo!) und welche Konsequenzen die Übertretungen für die Delinquenten haben. Fahrverbote und MPU wirken hierbei besser als Bußgelder in der Höhe eines Kinobesuchs.