In einer Demokratie muss man manchmal auch damit leben, dass Parteien in Parlamenten auftauchen, mit denen man nicht so gern über bestimmte Themen spricht – etwa die Jugendhilfe. Aber der Ausweg ist tatsächlich nicht, dass diese dann auch keinen Sitz in den entsprechenden Ausschüssen bekommen. So wie 2019 passiert bei der Besetzung des Leipziger Jugendhilfeausschusses. Der Stadtrat muss das jetzt korrigieren.

„Im Zuge der Neuwahl des Leipziger Stadtrates im Jahr 2019 wurden in dessen konstituierender Sitzung am 18.09.2019 verschiedene Gremien der Ratsversammlung neu gebildet. Darunter der Jugendhilfeausschuss“, stellt jetzt Oberbürgermeister Burkhard Jung in einer Vorlage fest, die diesen Fehler von 2019 korrigieren soll. Denn laut Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist ein solcher Ausschluss einer Fraktion aus einem Ausschuss nicht zulässig.„In Bezug auf die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII fand keine Einigung auf die in der Beschlussvorlage VII-DS-00177 vorgeschlagene Besetzung statt. Deshalb wurde eine geheime Wahl durchgeführt. In deren Ergebnis erzielte die AfD-Fraktion keinen Sitz im Jugendhilfeausschuss. Dagegen unternahm sie rechtliche Schritte.“

Sie zog bis vors Oberverwaltungsgericht in Bautzen, das der AfD in diesem Fall recht gab.

„Mit Beschluss vom 26. Januar 2021 – 4 B 421/20 – hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht auf die Beschwerde der AfD-Fraktion den Stadtrat der Stadt Leipzig im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, einen Teil des Jugendhilfeausschusses vorläufig neu zu bilden, weil die vom Stadtrat beschlossene Besetzung des Ausschusses insoweit rechtswidrig gewesen sei“, stellt jetzt der OBM fest.

Insgesamt besteht der Jugendhilfeausschuss aus 29 Mitgliedern, darunter auch Vertretern der freien Jugendhilfe, der Polizei und beratend auch aus dem Jugendparlament. Der Stadtrat selbst stellt acht Mitglieder im Ausschuss. SPD, Freibeuter und CDU entsenden jeweils einen Vertreter, die Linke zwei. Die Grünen sind derzeit mit drei Stadträt/-innen vertreten, müssten jetzt aber einen Sitz abgeben, der rechtlich der AfD zusteht. So schlägt es auch das Schema des OBM vor.

„Es bestehen keine förmlichen Rechtsmittel gegen den Beschluss des SächsOVG, dieser ist somit für den Stadtrat der Stadt Leipzig, der Antragsgegner ist, bindend. Der Jugendhilfeausschuss ist damit in Bezug auf die acht nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII zu wählenden Mitglieder und ihre Stellvertreter unverzüglich neuzubilden. Die nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII aus den Reihen der Freien Träger zu wählenden Mitglieder sind von dem Beschluss nicht betroffen“, betont der Oberbürgermeister in seiner Vorlage. „Die Neubesetzung sollte auf Grundlage der Rechtsauffassung des OVG durchgeführt werden. Nach aktuellem Erkenntnisstand kann nur so derzeit eine rechtmäßige Besetzung des Jugendhilfeausschusses gewährleistet werden.“

Das Hauptsacheverfahren beim OVG in Bautzen steht zwar noch aus. Aber die Entscheidung vom 26. Januar deutet schon darauf hin, dass das Ergebnis dann kein anderes sein wird.

Leipzigs Stadtrat täte also gut daran, die Entscheidung von 2019 zu revidieren und Stadträt/-innen aus allen Fraktionen entsprechend deren Stärke zu entsenden.

„Sollte das Hauptsacheverfahren zu keinem anderen Ergebnis führen, würde der Jugendhilfeausschuss voraussichtlich in der Zusammensetzung der jetzigen Neubildung bestehen bleiben. Sollte das Hauptsachverfahren jedoch zu einem anderen Ergebnis führen, wäre der Jugendhilfeausschuss voraussichtlich erneut neu zu besetzen“, betont die Vorlage des OBM.

„Die jetzige Neubildung des Jugendhilfeausschusses erfolgt daher in diesem Sinne lediglich vorläufig bis zur abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Dabei ist aktuell davon auszugehen, dass das Sächsische Oberverwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren die Berufung zulassen und in der Hauptsache nicht anders entscheiden wird, als in seinem Beschluss im vorläufigen Rechtsschutz. Es ist daher davon auszugehen, dass das Oberverwaltungsgericht nach seiner Auffassung mit der jetzigen Neubesetzung vermeidet, dass nach der Hauptsacheentscheidung der Jugendhilfeausschuss wiederum teilweise neu besetzt werden muss und alle bis dahin getroffenen Entscheidungen gegebenenfalls angreifbar wären.“

Die Entscheidung, wer dann künftig für die Ratsfraktionen im Jugendhilfeausschuss sitzt, sollte dann im März auf dem Tisch liegen, so der OBM: „Das weitere Vorgehen im Hauptsacheverfahren wird aktuell geprüft, insbesondere hinsichtlich der Erfolgsaussichten. Es ist derzeit geplant, der Ratsversammlung hierzu einen Entscheidungsvorschlag in der Sitzung am 25.03.2021 zu unterbreiten.“

Und es wäre auch gut, wenn dann am 25. März eine rechtskonforme Besetzung des Ausschusses gelingt. Denn die Vorlage betont auch extra, dass eine nicht rechtsgültige Besetzung alle im Ausschuss gefassten „Beschlüsse daher gegebenenfalls angreifbar“ macht.

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Zur gelebten Demokratie gehört auch, dass man sich mit ungeliebten und sehr ungeliebten Parteien, die aber gewählt wurden, an einen Tisch setzt.

Es ist ein wenig billig, gewisse Parteien mit Verfahrenstricks und anderen Scharmützeln quasi ausbooten zu wollen. Den Grünen ist es in ihrer Gründungszeit genauso ergangen – in heutigen Tagen von Schwarz-Grün will sich anscheinend keiner daran erinnern…

Es ist wirklich billig, weil man so an politischer Bildung sparen kann, insbesondere an den Schulen und durchaus auch in den Nachrichtenmedien. Gerade Sachsen ist bundesweit dafür bekannt, dass es gerade in Sachen Politischer Bildung an Schulen und für Vereine panische Ängste bekommt. Lieber dann wieder Astronomie einführen, da ist man viele Lichtjahre von der Politik entfernt.

Ja, man kann auch über politische Angelegenheiten strukturiert diskutieren wie über viele andere Dinge, und auch lernen, seinen eigenen Standpunkt besser zu verstehen(!) und womöglich ein wenig zu revidieren. Oder auch den Diskussionsgegner besser zu verstehen. Es geht nicht ums Rechthaben. Es ist sehr viel gewonnen, wenn man alle Standpunkte besser versteht. Man bricht sich keinen Zacken aus einer Krone, wenn man andere Ansichten “aushält”.

Die selbsternannten “demokratischen” Parteien sollten in meinen Augen sich abermals gut überlegen, weshalb die ungeliebte AfD so erstarkt ist.

Der einfachen Mär vom abgehängten Wendeverlierer oder von H4-Empfängern, die sich schon aufgegeben haben, glaube ich jedenfalls nicht. Dafür sind es schon rein numerisch zuviele Prozente, die die AfD bekommt.

Da ist noch mehr im Argen, aber das scheint den sog. “demokratischen” (was für ein Ausdruck?!) Parteien eher unangenehm zu sein. Wenn es ihnen egal ist, ob sie da nachgraben wollen, bleibt die AfD halt stark. Bitte sehr.

Ich wähle die jedenfalls nicht, und schlimme CDU-Zeiten habe ich auch schon überlebt. Da werde ich die AfD auch überleben. Geht schon.

Und im übrigen: Die REPs und die NPDs sind auch irgendwann wieder aus den Parlamenten verschwunden. Es ist also durchaus möglich, durch eine bessere Politik die Parteienlandschaft weiter zu verändern.

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