Es fühlte sich wie eine Niederlage an nach nun jahrelangen immer neuen Vorstößen des Leipziger Stadtrates, das rechtswidrige Parken in Leipzig zu unterbinden und sanktionieren zu lassen. Es war eine klare Botschaft im Herbst, als der Stadtrat beschloss, Leipzig solle das Abschleppen rechtswidrig geparkter Fahrzeuge zum bevorzugten Mittel machen. Aber da sind ja noch die Tücken des sächsischen Rechts.

Der Vorgang noch einmal in der Übersicht:Gemeinsam mit den Fraktionen Die Linke und Bündnis 90 / Die Grünen hatte die Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat beantragt, den Oberbürgermeister zu beauftragen, gegen den Bescheid der Landesdirektion Sachsen vom 17. November 2020 fristwahrend zu widersprechen. In dem Bescheid stellt die Landesdirektion Sachsen die Rechtswidrigkeit des Stadtratsbeschlusses vom 7. Oktober 2020 fest.

Sie verwies auf die fehlende Zuständigkeit des Stadtrates in der Sache. Ein jüngeres Gutachten zur Rechtmäßigkeit des Stadtratsbeschlusses zum „Abschleppen von verkehrsbehindernd geparkten Kraftfahrzeugen“ des RA Dr. Brüggen empfahl die Rücknahme des Beschlusses wegen Rechtswidrigkeit. Der Empfehlung kam der Stadtrat in der Ratsversammlung am 21. Januar 2021 nach.

Vorausgegangen waren die Beschlüsse auf Antrag der Freibeuter zum bevorzugten Abschleppen verkehrswidrig parkender Fahrzeuge zunächst in der Ratsversammlung am 16. September 2020 und nach Widerspruch des Oberbürgermeisters gegen den Beschluss erneut in der Ratsversammlung am 7. Oktober 2020. Der Oberbürgermeister hatte dagegen wiederholt Widerspruch eingelegt.

In der Online-Ratsversammlung am 21. Januar kam nun die Vorlage der Verwaltung mit diesem Rechtsgutachten zur Abstimmung.

In Bezug auf das Gutachten kam die Verwaltung nun zu der Feststellung: „Die Landesdirektion Sachsen hat mit Bescheid vom 17. November 2020 den Beschluss der Ratsversammlung der Stadt Leipzig VII-A-00898-NF-02 für rechtswidrig erklärt. Gegen diesen Bescheid hat der Oberbürgermeister zunächst fristwahrend Widerspruch eingelegt und hierzu ein externes Rechtsgutachten beauftragt. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Beschluss rechtswidrig ist. Der Widerspruch gegenüber der Landesdirektion Sachsen sollte daher zurückgenommen werden, da er keine Aussicht auf Erfolg hat. Mit der Rücknahme des Widerspruchs wird der Bescheid der Landesdirektion bestandskräftig und der rechtswidrige Beschluss ist aufzuheben.“

Was eigentlich Thomas Köhler aus der Freibeuter-Fraktion hätte ärgern können. Aber er ärgerte sich gar nicht. Denn das von der Rechtsanwaltskanzlei Georg Brüggen erstellte Gutachten bezog sich vor allem auf die Stellungnahme der Landesdirektion, brachte aber auch einige Hinweise darauf, wie die Stadt Leipzig unter dem gegebenen sächsischen Kommunalrecht so einen Beschluss fassen kann, ohne dabei gegen die Kommunalrechtsverfassung zu verstoßen.

Da die Lage auf diese Weise endlich etwas übersichtlicher wurde, stimmte die Stadtratsmehrheit am Donnerstag, 21. Januar, der Rücknahme des Widerspruches gegen den Beschluss des Stadtrates zum Abschleppen verkehrswidrig parkender Fahrzeuge als bevorzugte Maßnahme zu.

Gleichzeitig beauftragt die Ratsversammlung – auf Antrag von Sven Morlok (FDP) – am 21. Januar 2021 den Oberbürgermeister mit der Veröffentlichung eines weiteren älteren Gutachtens von Professor Dr. Müller als eine Rechtsauffassung, die das Abschleppen in verkehrsbehindernden Situationen im Straßenverkehr mit Verweis auf § 12 (3) StVO stützt.

„Nach langem Ringen um die Veröffentlichung des ersten Gutachtens zur Rechtmäßigkeit des Abschleppens verkehrswidrig parkender Fahrzeuge endlich die Zusage des Oberbürgermeisters. Das Gutachten Professor Müllers wird aus dem Giftschrank geholt. Das von Bürgermeister Rosenthal als Arbeits- und Schulungsmaterial beschriebene Gutachten für das Ordnungsamt scheint seine Wirkung bisher verfehlt zu haben. Endlich kann sich die Öffentlichkeit davon selbst ein Bild machen“, kommentiert Piraten-Stadtrat Thomas Köhler, der für die Freibeuter im Fachausschuss Umwelt, Ordnung und Klima sitzt, diesen Schritt, bei dem die Freibeuter auch verbale Unterstützung durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden Christopher Zenker bekamen.

Dieser appellierte an den OBM, dass das Problem des Falschparkens auf Radwegen endlich auch von der Verwaltung ernst genommen würde. Etwas anderes wolle der Stadtrat ja gar nicht, die entsprechende Willensbildung sei ja nun einmal unübersehbar.

Womit er auch noch einmal klarmachte, dass es bei dem Streit nicht gegen die Landesdirektion und ihre Rechtsauffassung geht, sondern um Leipziger Verwaltungshandeln, das gerade beim Thema Falschparken schlicht nicht den Regeln der StVO genügt.

Immerhin sagte Burkhard Jung: „Die Botschaft ist angekommen.“

Die Fraktion Freibeuter kündigt zudem einen neuen, rechtskonformen Antrag unter Berücksichtigung des jüngsten Gutachtens von RA Dr. Brüggen an.

„Der Wunsch der Mehrheit des Stadtrates, gemeinsam mit der Stadtverwaltung und dem Oberbürgermeister eine rechtskonforme Regelung, die alle Verkehrsteilnehmer schützt, zu erarbeiten, ist nachdrücklich gegeben. Besonders im Fokus stehen für uns die Schulwegsicherheit, die Sicherheit für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen – eben die schwächsten Verkehrsteilnehmer“, sagt Köhler.

Die Debatte am 21. Januar 2021 im digitalen Stadtrat

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