Den Klimanotstand hat Leipzig schon im Herbst 2019 ausgerufen. Seitdem war auch klar, dass sich sämtliche Vorlagen für die Ratsversammlung ändern müssen, denn künftig muss bei jeder Vorlage stehen, welche „abschätzbare Klimawirkung“ jedes Projekt hat. Aber fehlt da nicht was, fragte sich die Linksfraktion?

Denn es ist ja gut und schön, dass man nun mit der Beschlussvorlage erfahren kann, welche Auswirkungen das Projekt z. B. auf Energieverbrauch, CO2-Emissionen oder Wasserhaushalt haben wird. Aber dann? Das kann es doch nicht sein, das hatte man vorher ja eigentlich auch, auch wenn es einem die Vorlagen nicht gleich als Zahlen aufs Auge drückten.

Aber um wenigstens in Leipzig künftig so zu arbeiten, dass das Klima nicht weiter geschädigt wird, müsste dort doch noch etwas anderes stehen.

Die Verwaltung freilich hat sich ganz an den Beschluss von 2019 gehalten, meint sie. Der habe sie ja genau so beauftragt: „Die beantragte Vorlagenprüfung hinsichtlich der abschätzbaren Klimawirkungen erfolgt innerhalb der Vorlagensystematik sowie im strategischen Zielsystem des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes Leipzig 2030 (INSEK) unter besonderer Berücksichtigung der Sozialverträglichkeit. Die abschätzbare Klimawirkung einer Vorlage ist so darzulegen, dass die Folgen und ihre Ausmaße im Falle eines Beschlusses ersichtlich werden. Hierzu wird seitens der Verwaltung ein Vorschlag bis zum II. Quartal 2020 vorgelegt, der sich an dem derzeit in Erarbeitung befindlichen Vorschlag des Deutschen Städtetages (DST) orientiert.“

Aber das genügt nicht ganz, findet die Linksfraktion. Auch wenn das Schema wohl in manchen Ämtern einen Denkprozess in Gang setzen wird, ob man Vorlagen eigentlich noch im alten Stil erarbeiten kann oder so manches Vorhaben nicht gründlich umgearbeitet werden muss, damit es bei Umsetzung eben das Klima verbessern hilft und nicht weiter schädigt.

Und es steht zu vermuten, dass das schon schwerfallen wird, weil es letztlich auf ein völlig anderes Denken über den verfügbaren Stadtraum hinauslaufen muss. Mit Betonung auf muss, auch wenn die Vorlage der Verwaltung so klingt, als wäre das Ganze erst einmal nur ein bisschen Umstellung der Arbeitsschritte beim Schreiben einer Vorlage.

Denn wenn die Dezernate solche Vorlagen schreiben und der vorgeschlagene Kasten erhebliche Wirkungen auf Klima und Umwelt zeigt, was dann? Muss dann der Stadtrat extra noch einen Änderungsantrag beschließen, wie die Stadt diese Verschlechterung wieder auszugleichen hat?

Eine nicht ganz unwichtige Frage, was die Linksfraktion jetzt in ihrem Änderungswunsch formuliert hat:

„In das vorgeschlagene Prüfschema ,Klimawirkung durch den Beschluss der Vorlage‘ wird zusätzlich zu den drei Stufen ein Feld ,Ausgleich- und Kompensation‘ eingefügt, welches für Vorlagen gilt, die in der 2. Stufe die zentralen energie- und klimapolitischen Beschlüsse nicht berücksichtigen oder in der 3. Stufe eine erhebliche Klimarelevanz besitzen.“

Das von der Verwaltung vorgeschlagene Prüfschema zur Klimawirkung von Vorlagen. Grafik: Stadt Leipzig
Das von der Verwaltung vorgeschlagene Prüfschema zur Klimawirkung von Vorlagen. Grafik: Stadt Leipzig

Denn es geht ja nicht nur darum, die ganzen Prozesse an Entgrünung, Wasserverlust, Artenverlust usw. irgendwie ein bisschen zu bremsen – und übers Bremsen ist Leipzig noch lange nicht hinausgekommen. Sie müssten eigentlich sämtlich auch ausgeglichen werden. Wofür ja bekanntlich oft der Platz fehlt.

„Der Deutsche Städtetag und das Deutsche Institut für Urbanistik (DIfU) unterbreiten mit der ,Orientierungshilfe für die Prüfung klimarelevanter Beschlussvorlagen (PkB) in kommunalen Vertretungskörperschaften‘ einen sinnvollen Vorschlag, wie die Klimawirkung von Vorlagen eingeschätzt werden kann“, begründet die Linksfraktion ihren Antrag.

„Da es nicht ausreicht, eine negative Klimawirkung lediglich festzustellen, sondern da es bekanntlich darum gehen muss, diese zu vermeiden, wird vom Deutschen Städtetag und dem DIfU vorgeschlagen, eine Prüfung des Optimierungspotenzials durchzuführen sowie die Benennung von Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen zu benennen. All dies fehlt bisher in dem vorgeschlagenen Vorlagenmanagement der Stadt Leipzig.“

Behandelt werden soll die Vorlage der Verwaltung zum künftigen Vorlagenmanagemt am 20. Januar im Stadtrat. Und nicht nur da dürfte die Frage nach ausreichenden Kompensationen für alle künftigen Vorhaben der Stadt eine Rolle spielen.

Ob das gewählte Prüfschema so funktioniert, soll dann nach einem Jahr überprüft werden, so die Verwaltung: „Das Verfahren wird nach einem Jahr evaluiert. Die Erfahrungen der Fachämter werden in einem strukturierten Prozess einbezogen. Das Ergebnis bekommt der Stadtrat im I. Quartal 2022 zur Kenntnis. In Abstimmung mit dem Stadtrat können Anpassungen vorgenommen werden.“

Der Stadtrat tagte: Klimareferat soll jetzt aller zwei Jahre über die Erfolge seine Arbeit berichten + Video

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