Das wäre mal eine Idee, die zu Leipzig passt. Anders als der Versuch, die Orte der Friedlichen Revolution in Leipzig zum Weltkulturerbe zu erklären. 2024, so beantragen jetzt die Grünen, könnte Leipzig den Titel UNESCO-Welthauptstadt des Buches anstreben und ein Jahr lang den Blick der Welt auf die alte Buchstadt richten lassen.
„Wenn Leipzig jetzt diesen UNESCO-Titel für das Jahr 2024 anstrebt, könnte das mit den Aktivitäten zum 35. Jahrestag des 9. Oktober 1989 verbunden werden“, sagt Sandra Hoferichter, Vorsitzende des Medienstadt Leipzig e.V., von wo die Initiative an die Grünen-Fraktion Ende des Jahres 2020 herangetragen wurde. „Damals wie heute sind Themen wie Meinungsfreiheit und Zensur Gegenstand der politischen Auseinandersetzungen. Da kann Leipzig einiges zur weltweiten Diskussion beitragen.“
„Mit der Entscheidung für Chemnitz als Kulturhauptstadt eröffnet die Idee für eine Bewerbung Leipzigs als Welthauptstadt des Buches die Chance, Sachsen als Kulturstandort gebührend in den Fokus der internationalen Aufmerksamkeit zu rücken“, heißt es im Antrag der Grünen.
Und: „Wer wenn nicht Leipzig, wer sollte Welthauptstadt des Buches sein?! – Die Ausschreibung für die ,UNESCO – Welthauptstadt des Buches‘ des Jahres 2024 wird im Januar 2022 veröffentlicht. Die Bewerbung muss dann bis zum Juni 2022 eingereicht werden. Wir schlagen vor, 2021 mit der Arbeit zu beginnen und alle relevanten Akteur/-innen einzuladen, an einer attraktiven Bewerbung mitzutun.“
Immerhin ist da ja auch noch die spürbare Veränderung im Medienverhalten der Menschen, die das Buch als großen Wissensspeicher ins Abseits zu verdrängen droht.
„Wir erleben gerade eine hochdigitalisierte Zeit mit all ihren technischen Unzulänglichkeiten, kommunikativen Rohheiten, visuellen Fokussierung und der überfordernden Schnelllebigkeit. Das gedruckte Buch hat vor 570 Jahren die Verbreitung von Ideen beschleunigt, heute tut das das Internet“, begrüßt Katharina Krefft, Fraktionsvorsitzende der Grünen, die Initiative aus der Bürgerschaft.
„Das gedruckte Werk ist resilient und wird grade in der digitalisierten Welt seinen Beitrag zu Humanität und Demokratie leisten – das wollen wir gerne in und aus Leipzig heraus mit der Welt diskutieren. Die Verknüpfung zum 35-jähigen Friedliche Revolutionsgedenken unterstreicht dabei den Freiheits- und Menschenrechtsaspekt.“
Aus Sicht der Initiatoren war Leipzig nicht nur Buchstadt, sondern ist es noch immer, auch wenn es den klassischen „Leipziger Platz“ nicht mehr gibt. „Kleinere und größere und auch viele berühmte Verlage waren und sind hier beheimatet; die Stadt ist reich an Büchereien, Buchhandlungen, Leseformaten und pflegt mit der Buchmesse und dem Leipziger Unikum ,Leipzig liest‘ sein internationales Renommee als Buchstadt. Mit dem Deutschen Literaturinstitut (ehemals Institut für Literatur „Johannes R. Becher“) hat Leipzig eine weit über die Stadtgrenzen wirkende Kultureinrichtung. Das Museum für Druckkunst ist der Geschichte des Buch- und Zeitungsdrucks verpflichtet; die Gutenbergschule widmet sich seit Generationen der Ausbildung von Buchkünstler/-innen.“
Dazu kommt noch: „Die 1912 in Leipzig gegründete Deutschen Bücherei und die 1946 in Frankfurt am Main gegründete Deutschen Bibliothek wurden 1990 zur Deutschen Nationalbibliothek zusammengeführt bzw. die beiden ,Nationalbibliotheken‘ in Ost und West wurden zu einer Institution mit zwei Standorten vereinigt. Ein deutsch-deutscher Brückenschlag!“
Und auch wenn große Verlage nach der Deutschen Einheit ihre Dependancen in Leipzig geschlossen haben, ist Leipzig heute – nach Berlin – noch immer der zweitgrößte Verlagsstandort im Osten, deutschlandweit durch die fleißige Verlegertätigkeit in rund 70 Verlagen immerhin die Nr. 9. Und die Stadt beheimatet nach wie vor Autorinnen und Autoren, die auch deutschlandweit wahrgenommen, gelesen und besprochen werden.
Für Bert Sander, Vorsitzender des Kulturausschusses des Stadtrates, ist das Buch ein Medium, das anhaltend populär ist, auf eine lange Geschichte und gerade in Leipzig auf eine kraftvolle Tradition zurückschauen kann: „Mit Büchern wurde eine selbstbewusste Bürgerschaft in Leipzig ausgebildet, die ihren Stolz gerade auch auf das gedruckte Wort gründete. Geschichte und Gegenwart prädestinieren Leipzig geradezu für diesen Titel. Wer, wenn nicht Leipzig, sollte Weltstadt des Buches heißen?“
„Der UNESCO-Titel würde Leipzig zusätzliche Leuchtkraft geben, basierend auf vielen dem Buch gewidmeten Aktivitäten wie der Buchmesse, dem Haus des Buches, der Deutschen Bücherei, dem Festival ,Leipzig Liest‘, dem Hörspielsommer, zahlreichen Bibliotheken, Verlagen, Druckereien, Museen und Buchhandlungen, dem Deutschen Literaturinstitut oder den Leipziger Buchpreisen,“ betont Hoferichter.
Der Medienstadt Leipzig e. V. hat sich in der Wendezeit 1990 gegründet und hat immer wieder Projekte initiiert, Leipzig als Medienstandort in Deutschland und Europa zu positionieren.
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