Die Ratsversammlung am 16. Dezember wurde zwar abgesagt, weil zu viele Stadträt/-innen wegen der Corona-Pandemie nicht bereit waren, sich in die Kongresshalle zu setzen. Aber ein paar Entscheidungen fielen am Mittwoch dann doch noch. So zum Beispiel auch das Zugeständnis von OBM Burkhard Jung, gegen den Bescheid der Landesdirektion zum Stadtratsbeschluss zum Falschparken in Widerspruch zu gehen.

Worüber sich natürlich besonders die Fraktion Freibeuter freut, die den Ursprungsantrag gestellt hatte, der dann am 7. Oktober auch die Mehrheit im Stadtrat fand. OBM Burkhard Jung hatte daraufhin die Landesdirektion selbst um Stellungnahme gebeten, denn der Beschluss tangiert zumindest das Hoheitsrecht der Stadt bei der Kontrolle des „ruhenden“ Verkehrs. Die Landesdirektion sah es genauso und forderte die Aufhebung des Beschlusses.

Aber gerade die Fraktionen, die den Antrag unterstützten, sahen das gar nicht ein, egal wie oft die Stadt auf die Einzelfallprüfung und die Ermessensfrage hinwies. Denn dazu wird mittlerweile in Leipzig viel zu oft genau da geparkt, wo nicht nur der Verkehr behindert wird (wie beim Zuparken von Straßenbahngleisen), sondern regelrecht gefährliche Situationen entstehen wie beim Zuparken von Radwegen, Fußwegen, Übergängen.

Nun gab es im digitalen Meinungsaustausch des Leipziger Stadtrates am Mittwoch, 16. Dezember 2020, die Zusage des Oberbürgermeisters der Stadt Leipzig, Burkhard Jung, gegen den Bescheid der Landesdirektion Sachsen fristwahrend in Widerspruch zu gehen.

Darüber hinaus wird der Oberbürgermeister nach eigener Aussage im Einvernehmen mit den Fraktionsvorsitzenden und dem Verwaltungsausschuss ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, welches die Zuständigkeit des Stadtrates prüfen soll, den Oberbürgermeister zu beauftragen, Falschparker in Leipzig zur Vermeidung unmittelbar bevorstehender Gefahren, beispielsweise auf Radwegen oder in Kreuzungsbereichen, abzuschleppen.

Piraten-Stadtrat Thomas Köhler erklärt zu diesem Teilerfolg im digitalen Meinungsaustausch: „Die Freibeuter begrüßen die Zusage des Oberbürgermeisters, dem Bescheid der Landesdirektion zu widersprechen und einen Gutachter zu beauftragen. Wir kommen damit dem Ziel der Freibeuter näher, gemeinsam mit einer Mehrheit des Stadtrates, mit der Stadtverwaltung und dem Oberbürgermeister eine rechtskonforme Regelung, die alle Verkehrsteilnehmer schützt, zu erarbeiten. Besonders im Fokus stehen für uns die Schulwegsicherheit, die Sicherheit für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen – eben die schwächsten Verkehrsteilnehmer.“

Aber das gilt eben auch für ganz normale Fußgänger/-innen und Radfahrer/-innen, die in zugeparkten Straßen und Kreuzungen keine Übersicht mehr über das Verkehrsgeschehen haben, weil alles mit Kraftfahrzeugen verstellt ist, meist auch noch solchen, die allein durch ihre Größe (SUV, Kleinlaster usw.) ein Drüberschauen unmöglich machen.

„Verschiedene Rechtsauffassungen stützen das Abschleppen in verkehrsbehindernden Situationen im Straßenverkehr. Deshalb sehen wir die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung zum Schutze aller Verkehrsteilnehmer in Leipzig als dringend erforderlich an“, verweist Köhler als Vertreter der Fraktion Freibeuter im Fachausschuss Umwelt, Ordnung und Klima auf § 12 (3) StVO.

Gemeinsam mit den Fraktionen Die Linke und Bündnis 90 / Die Grünen hatte die Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat nach dem Bescheid der Landesdirektion beantragt, den Oberbürgermeister zu beauftragen, gegen den Bescheid der Landesdirektion Sachsen vom 17. November 2020 fristwahrend zu widersprechen. In dem Bescheid stellt die Landesdirektion Sachsen die Rechtswidrigkeit des Stadtratsbeschlusses vom 7. Oktober 2020 fest. Sie verweist auf die fehlende Zuständigkeit des Stadtrates in der Sache.

Vorausgegangen waren die Beschlüsse auf Antrag der Freibeuter zum Abschleppen, zunächst in der Ratsversammlung am 16. September 2020 und nach Widerspruch des Oberbürgermeisters gegen den Beschluss erneut in der Ratsversammlung am 7. Oktober 2020. Der Oberbürgermeister hatte dagegen wiederholt Widerspruch eingelegt. Entsprechend der Sächsischen Gemeindeordnung wird die Landesdirektion Sachsen nach zweifachem Widerspruch eines Oberbürgermeisters gegen Stadtratsbeschlüsse prüfend tätig.

Die Debatte im Meinungsaustausch vom 16.12.2020 im Stadtrat

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Es gibt 2 Kommentare

Oh je, und wenn das Rechtsgutachten dann bescheinigt, dass in Konsequenz abgeschleppt werden soll??!
Der schöne Heiko wünscht sich schon mal ein paar Abschleppautos zu Weihnachten.

Bei Parken im Kreuzungsbereich darf abgeschleppt werden (https://is.gd/w4fpmA)

Können mal jemand zur Objektivierung des Artikels den Inhalt des Bescheides der LD erläutern. Hier findet man bisher ja nur die Meinung der Stadt.

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