„Es ist viel verlangt in dieser Situation einen solchen Beschluss von Ihnen zu erwarten. Es geht um viel Geld und wir wissen nicht einmal, ob es bei der Summe bleibt.“ Die einführenden Worte von Kulturdezernentin Skadi Jennicke (Linke) wiesen die Richtung der Naturkundemuseumsdebatte im Stadtrat. Denn neben der aktuell geschätzten Summe von 38 Millionen Euro für den Umbau des ehemaligen Bowlingtreffs auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz sind weitere Kosten bereits am Horizont. Und eine wichtige Frage beim teils unter der Grundwasserlinie liegenden Gebäudes offen. Ist es wasserfest oder nicht?

Eine alte Frage, welche seit Jahren bei allen Standortdebatten rings um die Lortzingstraße 3 (jetziger Sitz), dem alten Stadtbad an der Eutritzscher Straße und eben dem ehemaligen Bowlingtreff auf dem Leuschnerplatz Thema war. Während das alte Gemäuer des jetzigen Standortes die Lasten einer zeitgemäßen Ausstellung nicht tragen würden (zumal die 700 Quadratmeter eher verwinkelte Räume sind), überzeugte stets der Bowlingtreff durch seine zentrale Lage, die gute ÖPNV-Anbindung, die natürliche Dunkelheit zugunsten der Ausstellungspräparate und der Möglichkeit der beiden Tiefetagen, auch die Höhe zu erweitern.

Mal sollte der Umbau 12, dann 20 und nun 38 Millionen Euro kosten – die Wasserfrage wurde dennoch nie aufgeklärt, auch wenn sie alle Befürworter des Standortes sind.

Umso verwunderlicher, dass es den CDU-Änderungsantrag zum heutigen Standortentscheid überhaupt brauchte. Karsten Albrecht (CDU) in der Begründung der beantragten Baubegutachtung des Gebäudes: „Wir glauben nicht daran, dass die Feuchte, die wir vorgefunden haben, nicht ins Gebäude kommt.“ So wisse er, dass zu DDR-Zeiten dicke Elektroleitungen, welche aus dem Gebäude führen, mit Ton und Lehm abgedichtet wurden.

Der Querschnitt der Etagen und der Grundwasserspiegel am Bowlingtreff. Foto: Konzept der Stadt Leipzig
Der Querschnitt der Etagen und der Grundwasserspiegel am Bowlingtreff. Foto: Machbarkeitsstudie der Stadt Leipzig

Fast schien es nach dem Redebeitrag Albrechts, dass Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) schnell einräumen wollte: ja, haben wir eh vorgehabt und formulierte: „Ich übernehme den CDU-Antrag in die Verwaltungsvorlage.“ Nunmehr muss also die Stadt ein Baugutachten erstellen lassen, welches prüft, ob das unterirdische Gebäude wasserfest ist oder wie es wasserfest zu machen sei.

Ergebnis also ebenso offen wie die Frage, was die Dichtung des Gebäudes über die bislang benannten 38 Millionen Euro hinaus kosten wird oder ob das Gutachten ergibt, dass man zu DDR-Zeiten zumindest hier versucht hat, für die Ewigkeit zu bauen.

Katharina Krefft (Grüne) bemerkte, dass „wir das nicht alleine stemmen können“, es wird also weitere Geldgeber, Förderer und unterstützende Freunde des Naturkundemuseums brauchen, um den Bau auf dem Leuschnerplatz zu stemmen. Was Sven Morlok (FDP) indirekt bestätigte. Denn „16 Millionen brauchen wir zusätzlich für Depots und weitere Räume. Wir werden bei den Baupreisen unterm Strich nicht unter 60 Millionen Euro abschließen“, so Morlok. Dennoch sei „es das Geld wert“.

Das Jugendparlament stimmte in Person von Sprecherin Annegret Janssen vor der Abstimmung des Rates ausdrücklich dem Standort zu.

Die Abstimmung per Hand endete dann mit neun Enthaltungen und den Ja-Stimmen aller Stadträt/-innen am heutigen 14. Oktober 2020. Womit eine jahrzehntelange Odyssey der Standortsuche beendet und ein gehöriges Geldfass für ein zeitgemäßes Leipziger Naturkundemuseum aufgemacht wurde.

Die Machbarkeitsstudie zum Bowlingtreff vom 3. Dezember 2019 (PDF), Quelle Stadt Leipzig

Die Debatte am 14. Oktober 2020 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

38 Millionen Euro für ein markantes Museum in Innenstadtlage

38 Millionen Euro für ein markantes Museum in Innenstadtlage

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