Als sich Grünen-Stadtrat und umweltpolitischer Sprecher Jürgen Kasek Ende Juli zu Wort meldete und die vielen Wildpfade, illegalen Feuerstellen und Mountainbike-Pisten im Leipziger Auenwald und Leipziger Parks zum Thema machte, meinte er das ernst. Das Naturschutzgebiet ist einem wachsenden Nutzungsdruck ausgesetzt – und außerdem zu klein. Mit drei Stadtratsanträgen will die Grünen-Fraktion jetzt Verwaltung und Stadtrat dazu bringen, das Thema anzupacken.

Denn der wachsende Nutzungsdruck und der Ausweich-Urlaub aufgrund der Corona-Reiseeinschränkungen sind nur eine Seite der Medaille. Die andere ist ganz unübersehbar die Tatsache, dass viele Leipziger/-innen gar nicht wissen, dass große Teile des Leipziger Auensystems unter Naturschutz stehen und welche Regeln dabei zu beachten sind.

Dass auch Amtsvertreter das nicht wissen, ist ein weiteres Problem, das den Stadtrat jetzt zunehmend beschäftigt. Das steckt auch mit im größten Antrag, den die Grünen-Fraktion jetzt einreicht: „Umwelt schützen, Erholung ermöglichen – Maßnahmen gegen den zunehmenden Nutzungsdruck von Grün-, Wald- und Parkflächen entwickeln“.

Darin geht es nicht nur darum, dass die Verwaltung im neuen Masterplan Grün der Stadt auch Maßnahmen zur Pflege und dem Erhalt der wertvollen Grünanlagen definiert, sondern auch definiert, welche Herausforderungen sich inzwischen auch durch Klimawandel und Artenschwund ergeben. Und da hinein gehören natürlich auch Maßnahmen, die den Leipzigern vor Ort zeigen, was sie da als Kleinod besitzen und wie sie es selbst schützen können.

Dazu gehört auch ein neues Beschilderungskonzept, das nicht nur auf Landschafts- und Naturschutzgebiete aufmerksam macht, sondern auch Hinweistafeln zeigt, die erklären, was zu beachten ist.

Denn auch Kasek erlebte bei Vor-Ort-Terminen, dass etliche Waldbesucher gar nicht wissen, wie sie sich dort verhalten dürfen. Und wenn schon einige gedankenlose Zeitgenossen angefangen haben die stillen Grenzen zu übertreten, folgen bald andere völlig gedankenlos nach – lassen ihren Abfall liegen, verlassen die Wege und treten immer breitere Trampelpfade genau durch das Gebiet, das eigentlich geschützt werden soll, legen Feuerstellen einfach am Waldrand an oder gurken mit dem Mountainbike querfeldein – sich völlig im Recht glaubend, weil auch noch dubiose Websites genau dazu einladen.

Aber der ordnungspolitische Weg, der immer nur mit Ordnungsmaßnahmen droht, ist auch aus Kaseks Sicht der falsche. „Am besten geschützt ist der Auenwald, wenn die Leizigerinnen und Leipziger ihn selbst erleben können und wissen, warum er so wertvoll ist.“ Und so bedroht. Denn der Besuch von Umweltminister Wolfram Günther am 27. August in der Burgaue hat sehr deutlich gemacht, wie der Auenwald mittlerweile auch unter Dürre, Hitze und Schädlingen leidet. Aber auch, wie sehr ihm nach 100 Jahren Abgeschnittensein das Wasser fehlt.

Weshalb der Beschluss des Stadtrates zur Aufstellen eines Auenentwicklungskonzepts, der im Frühjahr gefällt wurde, überfällig war. Und vielleicht Rettung in letzter Not. Denn das hat das Projekt „Lebendige Luppe“ nach neun Jahren nur zu deutlich gezeigt: Ein bisschen Wasser im Wald nutzt gar nichts. Selbst der Grundwasserspiegel ist in den letzten 100 Jahren so tief abgesunken, dass den Bäumen auch die Wasserversorgung aus der Tiefe fehlt.

Aber das fertige Auenentwicklungskonzept wird es erst 2023 geben.

Das sind noch drei Jahre. Doch schon am 16. September möchte die Verwaltung, dass der Stadtrat die „Fortschreibung Wassertouristisches Nutzungskonzept“ beschließt.

„Dabei haben wir die Vorlage gerade erst in erster Lesung im Umweltausschuss besprochen“, sagt Kasek. Und sieht die notwendige Reihenfolge völlig auf den Kopf gestellt. Denn bevor man sich grundlegend Gedanken mache über eine mögliche wassertouristische Nutzung im Gebiet des Auensystems, müsse klar sein, wie der Auenwald wieder revitalisiert werden kann. Also müsse erst das Auenentwicklungskonzept als Grundlage existieren, damit auch die naturschutzfachlichen und gewässerökologischen Grundlagen definiert sind, die dann eine „behutsame Nutzung des Auwaldes für Freizeit und Erholung“ ermöglichen. Ohne einen gesunden Auenwald ist jede touristische Nutzung obsolet.

Wie die Grünen nun mit der vom Umweltbürgermeister gewollten Reihenfolge umgehen, wusste Kasek am Montag, 7. September, noch nicht. „Wir werden uns darüber noch Gedanken machen und gegebenenfalls einen Änderungsantrag stellen.“

Aber eigentlicher Kern dieses Antrags zum Schutz des Leipziger Grüns ist eigentlich die „Schaffung eines Parkrangerkonzepts bis zum 1. Quartal 2021“. Diese Parkranger (zwei Umweltpädagogen und drei hauptamtliche Ranger) sollen nicht wie eine Waldpolizei agieren, sondern vor allem als Aufklärer und die Nutzer von Parks und Stadtwäldern darauf hinweisen, was man dort alles darf, worauf man achten sollte und was man tunlichst unterlassen sollte, wenn man das wertvolle Grün in Leipzig erhalten möchte.

„Für uns ist Umweltbildung das zentrale Thema“, sagt Kasek.

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Im Kleinen sieht man das Problem bereits seit langem in den städtischen Grünanlagen und Parks.
Dort wird nach wie vor direkt auf der Wiese mit einem Einweggrill gearbeitet, Rasenflächen werden durch permanente Trampelpfade bis auf den puren Erdboden jenem gleichgemacht, Wege werden nicht mehr beachtet – Wegecken gibt es nicht mehr, Müllberge auf den Wiesen oder als “Second-Hand-Müllplatz”,…

Selbst wenn dort ein Parkranger stehen würde – ich denke, das ist aussichtslos.
Die Achtung dieser Grünflächen und der sorgsame Umgang mit Ihnen ist völlig verloren gegangen. Vollkaskomentalität überall.
Die angebliche Unwissenheit der Bürger kann man gern bemühen, aber das ist eher hanebüchen.
Und wenn das Grün weg wäre – es wäre jenem Clientel wohl auch egal.
Ernüchternd.

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