Auf Initiative des Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) hat der Stadtrat am Mittwoch, den 16. September, rund eine halbe Stunde über die gewalttätigen Konflikte in der vorletzten Woche im Leipziger Osten und in Connewitz diskutiert. Während einige Stadträte eine Mitschuld bei Linken sahen, thematisierten andere das Phänomen der Hausbesetzungen und inwiefern solche gerechtfertigt sein könnten.
Der Stadtrat hat sich am Mittwoch, den 16. September, mit den jüngsten Gewaltnächten im Leipziger Osten und in Connewitz befasst. Einen Antrag der AfD-Fraktion auf eine Aktuelle Stunde lehnte die Mehrheit jedoch ab – nur die CDU unterstützte den Antrag der AfD-Fraktion. Stattdessen nutzte Burkhard Jung (SPD) den Tagesordnungspunkt „Bericht des Oberbürgermeisters“, um das Thema auszudiskutieren.
Jung betonte zunächst, dass es in einer wachsenden Stadt wie Leipzig Probleme wie schwindende Freiräume und steigende Mieten gebe. „Aber wir handeln.“ Als Beispiele nannte er das Bündnis für bezahlbares Wohnen, die Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen, die sozialen Erhaltungssatzungen und die Förderung sozialen Wohnungsbaus. „Wir überlassen dem Markt nicht alles und versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu handeln“, so Jung.
Doch der Kampf um Mehrheiten müsse mit Worten geführt werden. Steinwürfe, Barrikaden und eskalierende Demonstrationen würden keine Probleme lösen. Die Gewalt in der vorletzten Woche sei „menschenverachtend“ gewesen. „Eine Gruppe krimineller Gewalttäter terrorisiert einen liebenswürdigen Stadtteil. Die allermeisten Menschen sind einfach nur genervt.“
Jung verwies auf die Stadtteilgespräche, die künftig in Connewitz stattfinden sollen. Darin sollten Sportvereine, Kneipen, Kirchgemeinden, Gewerbetreibende und andere Gruppen einbezogen werden. Man sei dazu bereits in den Vorbereitungen.
Im Anschluss an Jung meldeten sich Vertreter der anderen Fraktionen zu Wort. Karsten Albrecht (CDU) dankte Jung für die „klaren Worte“ und bezeichnete den „Rechtsextremismus“ als größte Bedrohung in Sachsen, aber den „Linksextremismus“ als momentan größtes Problem in Leipzig. Danach griff er vor allem Politiker/-innen der Linksfraktion an; unter anderem Juliane Nagel, die sich von Gewalt abgrenzen müsse.
Sven Morlok (FDP) dankte ebenfalls für die „klaren Worte“ und betonte: „Der vermeintlich gute Zweck heiligt nie die Mittel.“ Zwar dürfe man darüber diskutieren, ob Häuser leerstehen dürfen. „Aber das regeln Gesetze und über die Auslegung entscheiden Gerichte, nicht Hausbesetzer.“ AfD-Stadtrat Christian Kriegel forderte ein härteres Durchgreifen der Justiz und beklagte zu viel „Toleranz“ gegenüber Subkulturen und „Szene“.
Grünen-Stadtrat Tobias Peter betonte zunächst, dass es Konsens in seiner Fraktion sei, dass die Gewalt „nicht hinnehmbar“ ist. Allerdings sei die Gewalt ein Teil eines Problems, über das man reden müsse. Insbesondere im Umgang mit Hausbesetzungen forderte er einen differenzierten Umgang. Schließlich hätte es beispielsweise in den 90er Jahren in Leipzig einen anderen Umgang damit gegeben.
Auch Sören Pellmann, Vorsitzender der Linksfraktion, ging darauf ein. Hausbesetzer/-innen in Connewitz hätten verhindert, dass Bausubstanz weiter verfällt. Zudem verteidigte er sich und Nagel gegen Vorwürfe, sich nicht klar genug von Gewalttaten abzugrenzen – und betonte nochmals, dass diese Form der Auseinandersetzung nicht mit den Vorstellungen seiner Partei vereinbar sei.
Was CDU-Stadtrat Michael Weickert nicht davon abhielt, ihm anschließend vorzuwerfen, Pellmann tue „so, als wäre es berechtigt gewesen, dass Mülltonnen gebrannt haben“. OBM Jung sagte daraufhin, dass dieser Vorwurf falsch sei. Zudem bekräftigte er, dass über das Gewaltproblem weiter diskutiert werden müsse.
Die Debatte vom 16. September 2020 im Stadtrat
Video: Livestream der Stadt Leipzig
Das ganze Tamtam um die entgleisten Demonstrationen verstellt nur den Blick auf die wirklichen Probleme im Leipziger Wohnungsmarkt + Video
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