Wer schon einmal Bรผrgermeisterwahlen in Leipzig miterlebt hat, ist nicht รผberrascht, dass es so etwas wie โKampfkandidaturenโ nicht gibt. In einem Auswahlverfahren bestimmen zuvor Vertreter des Stadtrats und der Verwaltung gemeinsam die aus Sicht der Runde besten Kandidat/-innen nach Bewerbungslage. Und so bieten die Wahlen in der Ratsversammlung eher ein Stimmungsbild รผber die bisherige Arbeit aus Sicht der Stadtrรคte, wenn es um amtierende Kandidaten geht. Dennoch kann jemand โdurchfallenโ, auch OB Burkhard Jung hat ein finales Vetorecht. Heute ging es in der Leipziger Kongresshalle um gleich drei Bรผrgermeister/-innen, die in den kommenden sieben Jahren die Geschicke Leipzigs lenken sollen.
Zu Beginn der Ratsversammlung standen Heiko Rosenthal (Linke) fรผr Umwelt, Ordnung, Sport und Klima, Thomas Fabian (SPD) fรผr Soziales, Gesundheit und Vielfalt sowie Vicki Felthaus (B90/Die Grรผnen) fรผr Jugend, Schule und Demokratie zur Wahl. Zweimal Zeugnisvergabe und einmal die Grรถรe des Vertrauensvorschusses also in der heutigen Ratsversammlung, die damit den Umbau der Verwaltungsspitze auch personell absegnen soll.
In diesem war im Mai 2020 beschlossen worden, dass man das Mega-Dezernat fรผr Schule und Soziales aufteilt und so die Bรผrgermeister/-innenzahl um eins und die Dezernate auf acht erhรถht โ wenn das Land Sachsen zustimmt. Was gleichzeitig mit Vicki Felthaus gemรคร des Erfolges der Grรผnen bei der Kommunalwahl 2019 einer weiteren Vertreterin zu einem Platz in der Bรผrgermeister/-innenriege neben dem bereits am 8. Juli 2020 gewรคhlten Grรผnen Thomas Dienberg (Baudezernat) erรถffnete.
Dafรผr kommen in den nรคchsten Jahren nach seiner Wiederwahl auf Thomas Fabian (SPD) etwas weniger Aufgaben zu, vor allem der groรe Bereich Kita- und Schulen fรคllt dann fรผr ihn weg. Die Teilung seines bisherigen Dezernates war รผberfรคllig, der grรถรte Teil des stรคdtischen Haushaltes wird damit ebenfalls auf zwei Verantwortliche aufgeteilt.
Insbesondere das Ergebnis von Heiko Rosenthal (Linke) wurde heute mit Spannung erwartet, auch wenn er ungefรคhrdet in seine Wiederwahl ging. Seit dem letzten Jahr war zunehmend Unmut รผber seine Amtsfรผhrung vor allem in den Bereichen Sicherheit und Kontrollen im Verkehr und auch beim Umgang mit dem Auwald entstanden.
Zu erwarten war zudem, dass sich insbesondere die AfD bei allen drei Kandidaten mit Gegenstimmen zu Wort melden wird. Sie hat auf Drรคngen von Burkhard Jung und der rot-rot-grรผnen Mehrheit im Leipziger Stadtrat trotz 11 Ratssitzen keinen Bรผrgermeisterposten in Aussicht. Zudem hatte Jung angekรผndigt, sein Veto einzulegen, sollte es wider Erwarten zu einer Wahl eines AfD-Kandidaten kommen, gemรคร Gemeindeordnung โsollteโ die Verwaltungsspitze weitgehend die Sitze im Rat widerspiegeln โ muss sie aber nicht.
Tatsรคchlich meldete sich die AfD von einer Kritik an der รmtervergabe abgesehen aber gar nicht zu Wort, sondern verlieร vor den Abstimmungen den Saal. Somit nahmen letztlich nur 55 Stadtrรคte an den geheimen Wahlen teil.
Die Ergebnisse
Heiko Rosenthal (Linke) erhielt 50 Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen, also unter den Anwesenden eine Zustimmung von mehr als 90 Prozent. โIch mรถchte versprechen, dass ich rastlos ackereโ, sagte Rosenthal hรถrbar ergriffen in seiner kurzen Rede nach der Wahl.
Ein nicht ganz so gutes, aber dennoch ausreichendes Ergebnis erzielte Thomas Fabian (SPD). Neben den 43 Ja-Stimmen gab es auch elf Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Fabian sagte anschlieรend: โMein Herz schlรคgt auf der Seite derjenigen, denen es nicht so gut geht.โ
Abschlieรend stand die Wahl von Vicki Felthaus an. Sie durfte sich รผber ein Rosenthal-Ergebnis freuen. Das heiรt: 50 Ja-Stimmen. Auรerdem gab es zwei Nein-Stimmen und drei Enthaltungen. Die AfD-Fraktion kam wรคhrend der Antrittsrede von Felthaus wieder in den Saal und lief direkt vorm Rednerinnenpult vorbei. Eine ziemlich respektlose Show.
Die Auswahlkommission fรผr die Bรผrgermeister/-innenvorschlรคge
Burkhard Jung, Oberbรผrgermeister, Ulrich Hรถrning (Bรผrgermeister und Beigeordneter fรผr Allgemeine Verwaltung) Frau Franko (Amtsleiterin Personalamt), Sรถren Pellmann, Fraktion Die Linke, Katharina Krefft, Fraktion Bรผndnis 90/Die Grรผnen, Karsten Albrecht, CDU-Fraktion, Siegbert Droese, AfD-Fraktion, Ute Kรถhler-Siegel, SPD-Fraktion, und Sven Morlok, Fraktion Die Freibeuter.
Video L-IZ.de
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Gratulieren wir ganz herzlich unserem alten und neuen WTNK-Bรผrgermeister! Mehr als 90% der Stimmen, ein grandioses Ergebnis, welches auch mit Unterstรผtzung der Stadtrรคte, die sich mit der Farbe Grรผn ummรคnteln, zustande gekommen ist.
Und mehr als 90%, da fรผhlen wir uns wieder ganz wie in den โguten altenโ DDR-Zeiten. Politik ist gar nicht so viel anders als frรผher, da frohlocken wir, nur viel raffinierter gemacht und die graue Masse viel bunter angemalt.
Warum auch ernsthaft wรคhlen und sich zu etwas bekennen, wenn es um Pรถstchenverteilung geht, das sollte man lassen, das ist auch viel zu anstrengend, nachher kriegt man selber keines mehr. Wir kriegen den Planeten schon kaputt, viel effektiver, systematischer und natรผrlich auch rechtssicherer, verscherbelt mit Hilfe der Linken, zernutzt mit Hilfe der Grรผnen.
Wahrlich ein schรถner Beginn der Stadtratssitzung und eine ausgezeichnete Standortbestimmung! Ich schwรคrme in Nostalgie!