Am 26. Juni 2019 vertagt, am 27. Juni 2019 dann vom Stadtrat zur Kenntnis genommen. Aber irgendwie ist der damals vorgelegte Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Hauptsatzung, die der Stadtrat extra eingerichtet hatte, um auf die รnderungen der Sรคchsischen Gemeindeordnung zu reagieren, in Vergessen geraten. Denn dass sich Stadtrรคte von CDU und SPD so รผber ausufernde Stadtratssitzungen รคrgern, hat wohl auch mit รผberfรคlligen รnderungen in der Ausschussarbeit zu tun, findet Linke-Stadtrat Steffen Wehmann.
Denn dass der Leipziger Stadtrat in den letzten Jahren immer รถfter und lรคnger tagt, hat nun einmal auch damit zu tun, dass seine Aufgaben gewachsen sind, ohne dass die ehrenamtliche Arbeit dabei besser vergรผtet wird.
โMit Erstaunen haben wir den Antrag der CDU Fraktion zur Kenntnis genommen, der sehr einseitig die Rechte von Fraktionen und Stadtrรคten beschneiden soll, ohne der Verwaltung mehr Effizienz zuzubilligenโ, kommentiert Linke-Stadtrat Steffen Wehmann den CDU-Antrag โRatsarbeit effizient gestalten โ Ehrenamt sichernโ.
Aber in einer Einschrรคnkung der Entscheidungsfindung sieht Wehmann รผberhaupt keinen Sinn. Er ist ja auch finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion und weiร, wie stark die Summen im Leipziger Haushalt gestiegen sind, รผber die der Stadtrat zwingend mitentscheiden muss, auch wenn er noch genauso groร ist wie zu jenem Zeitpunkt, als Leipzig nur 430.000 Einwohner/-innen hatte.
โDie Stadtratsarbeit in einer in den letzten Jahren stark wachsenden Stadt mit nun รผber 600.000 Einwohnern (Ende 2011: ca. 510.000 Einw.) und den entsprechenden Haushaltsvolumen ist nicht mehr die Gleiche wie vor fรผnf oder gar zehn Jahrenโ, stellt er fest. โSo stieg dieses von ca. 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf fast 2 Milliarden Euro im Jahr 2020. Dies bedeutet eine Zunahme um knapp 54 %, was sich auch im Umfang von Verwaltungsvorlagen und Diskussionen in den Ausschรผssen und im Stadtrat widerspiegelt.โ
Dies kรถnne man schon an der erheblichen Zunahme und Vielzahl von Investitionsvorhaben unter anderem in Schulen und Kitas ablesen.
โKlar ist, unter den genannten Voraussetzungen und der Zuspitzung der Arbeit unter Corona-Bedingungen wird die Vereinbarkeit von Beruf und umfangreicher Stadtratstรคtigkeit fรผr eine Vielzahl der 70 gewรคhlten Stadtrรคtinnen und Stadtrรคten immer schwierigerโ, geht Steffen Wehman auf das Grundargument des CDU-Antrags ein.
โDas trifft unter anderem auf die zeitaufwendige Vorbereitung der Ausschussarbeit โ d. h. das Lesen und Recherchieren beispielsweise der Verwaltungsvorlagen, die Ausschussarbeit selbst, inklusive der Zusammenarbeit in und mit der Stadtgesellschaft sowie die inhaltlichen Abstimmungen in den Fraktionen und vieles andere mehr zu. Das Gleiche gilt fรผr die Arbeit einer Vielzahl von Stadtrรคt/-innen in den Aufsichtsgremien der Beteiligungen. In Summe wird da wahrscheinlich im Durchschnitt weit รผber 90 % auch der zeitlichen Arbeit geleistet.โ
Wenn aber die Hauptarbeitslast in den Ausschรผssen und Aufsichtsrรคten liegt, relativiert sich die Belastung durch die vermehrte Zahl von Stadtratssitzungen, findet Wehmann.
โDa scheint uns die Zeitersparnis in Stadtratssitzungen durch die Abstimmung von ,unkritischen Vorlagenโ im ,Umlaufverfahrenโ โ so die CDU Fraktion โ bzw. die Nichtzulassung von ,Aussprachen zu Tagesordnungspunktenโ, denen einstimmige ,Voten aus den Ausschรผssen vorliegenโ kaum hilfreichโ, formuliert er seine Kritik.
โDas Signal, das gerade in der heutigen Zeit gesendet werden sollte, ist eine Stรคrkung von demokratischen Prozessen, Mitsprache, Entscheidungen und demokratische Kontrolle. Im ยง 28(3) der Sรคchsischen Gemeindeordnung heiรt es unter den Aufgaben des Gemeinderats: Er ,รผberwacht die Ausรผbung seiner Beschlรผsse und sorgt beim Auftreten von Missstรคnden in der Gemeindeverwaltung fรผr deren Beseitigung durch den Bรผrgermeisterโ. Dies ist mit 70 (!) Stadtrรคt/-innenโ vorsichtig formuliert โ nicht ganz einfach.โ
Was man als Vorschlag interpretieren kรถnnte, die Zahl der Sitze im Stadtrat deutlich zu erhรถhen, damit sich die Arbeit der Stadtrรคt/-innen besser verteilt.
Das hat zwar die Arbeitsgruppe zur Hauptsatzung vor einem Jahr nicht vorgeschlagen. Aber sie hat auch etliche Vorschlรคge zur neuen Arbeitsorganisation in den Ausschรผssen formuliert.
โSo liegt ein Vorschlag der ,Arbeitsgruppe Hauptsatzungโ fรผr eine neue, angepasste Hauptsatzung (regelt die Zustรคndigkeiten u. a. von Stadtrat, Verwaltungsausschuss und OBM) โ besetzt mit einem Vertreter jeder Fraktion โ seit Sommer letzten Jahres vorโ, merkt Steffen Wehmann an.
โEin ,Papierโ, welches auch eher dazu dient, auch Stadtratstรคtigkeit ,besserโ zu gestalten. Dieses sollte im September 2019 durch den Stadtrat verabschiedet werden. Passiert ist trotz politischen Drucks auch unserer Fraktion auf die Verwaltungsspitze leider nichts; ebenso wenig bei der avisierten รberarbeitung der Geschรคftsordnung.โ
Vielleicht mรผsste dann รผber manche Vorlage auch weniger in der Ratsversammlung diskutiert werden. Denn die Hauptabstimmungen zwischen Stadtrat und Verwaltung passieren schon vorher in den Fachausschรผssen.
โSo ist vor allem die Verwaltung gefragt, wie kรผnftig Prozesse auch effektiver gestaltet werden sollenโ, findet Wehmann. โUnd selbstverstรคndlich werden wir uns in der im Juli vereinbarten รผberfraktionellen Arbeit auch hinsichtlich der ,Effizenzโ konstruktiv beteiligen. Allerdings immer unter der grundsรคtzlichen Prรคmisse: Demokratische Rechte auch von Stadtrรคt/-innen sowie Fraktionen sind ein hohes Gut und deren Beschneidung unerwรผnscht.โ
CDU-Fraktion will die Ratsversammlungen wieder auf eine pro Monat reduzieren
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