Die AfD ist eine Panikpartei. Was die Leipziger AfD-Fraktion im Mai, als noch nicht einmal absehbar war, inwieweit die Corona-Maßnahmen auf den Leipziger Haushalt durchschlagen würden, mit einem vor Dringlichkeit strotzenden Antrag mal wieder bewies. Sie forderte die „Gründung einer Kommission zur Überprüfung und Neubewertung von Ratsbeschlüssen angesichts der unvorhergesehenen finanziellen Mehraufwendungen der Stadt Leipzig durch die Corona-Pandemie“. Das war dann wirklich Quatsch mit Nonsens. Findet auch der Oberbürgermeister.

Er hätte den AfD-Antrag auch schon im Mai ablehnen können. Denn dazu hat der Leipziger Stadtrat längst einen Fachausschuss, der sich mit nichts anderem beschäftigt: den Fachausschuss Finanzen. Der tagt regelmäßig und wird im Bedarfsfall – so wie jetzt – erweitert einberufen. Das geschah im Juli, als auch der Finanzbürgermeister so langsam einen Überblick hatte darüber, was an zusätzlichen Ausgaben auf Leipzig zukommen könnte, wie hoch möglicherweise die Steuerausfälle sind und was an zusätzlichen Unterstützungen von Bund und Land kommt.

Was die AfD-Fraktion da im Mai angeleiert hatte, war mal wieder reiner Aktionismus.

Und es war eine Einmischung in direktes Verwaltungshandeln, was Oberbürgermeister Burkhard Jung jetzt in seiner Ablehnung auch sehr freundlich ausdrückt: „Die Verwaltung hält eine Beauftragung nicht mehr für erforderlich, da sie bereits so handelt. Das Dezernat Finanzen hat alle Fachbereiche abgefragt und stellt eine Übersicht zu Ratsbeschlüssen mit finanziellen Auswirkungen für 2021/2022, die noch nicht umgesetzt wurden, zusammen.

Auf dieser Basis wird dem Stadtrat für die Haushaltsplanung 2021/2022 ein Umsetzungsvorschlag als Diskussionsgrundlage übergeben. Zwingende Voraussetzung für die Umsetzung der jeweiligen Stadtratsbeschlüsse ist die Sicherstellung der Finanzierung, ggf. unter dem Aspekt einer Neupriorisierung der Fachaufgaben.“

Das heißt im Klartext: Wenn jetzt umgeschichtet wird und wichtige Investitionsprojekte verschoben werden müssen, befindet darüber zuallererst genau der Ausschuss, der bei diesen Fragen sowieso schon die nötige Kompetenz hat: der Fachausschuss Finanzen.

„Im erweiterten Fachausschuss Finanzen am 13.07.2020 wurde dem Stadtrat zunächst eine Gesamtübersicht über alle Haushaltsanträge 2017/2018 sowie 2019/2020 und Stadtratsbeschlüsse mit finanziellen Auswirkungen auf den Ergebnishaushalt 2021/2022 übergeben“, stellt der OBM fest.

„Der Umsetzungsvorschlag der Verwaltung soll mit den Stadträtinnen und Stadträten im erweiterten Fachausschuss Finanzen am 23.09.2020 diskutiert und daraus resultierend eine abschließende Entscheidung zur Berücksichtigung für die Haushaltsplanung 2021/2022 getroffen werden.“

Es macht keinen Sinn, jetzt noch einen weiteren Blümchenausschuss zu gründen, der sich genau mit denselben Themen befasst. Und ab September beginnt sowieso die heftige Diskussionen zwischen Ratsfraktionen und Verwaltung über die Frage, was man guten Gewissens alles in die Planungen für den Doppelhaushalt 2021/2022 schreiben kann, wohl wissend, dass es auch keine Verwaltungsvorlage zu einzelnen Investitionen geben wird, wenn die nötigen Millionen für ein Projekt nicht gesichert sind.

Was übrigens auch schon „geübt“ ist, um das einmal vorsichtig zu umschreiben. Davon erzählen die sogenannten „investiven Ausgabereste“, also eigentlich vom Stadtrat schon genehmigte Investitionsausgaben, die aus unterschiedlichsten Gründen im entsprechenden Haushaltsjahr nicht umgesetzt werden konnten.

Allein 2019 wuchs der Berg der investiven Ausgabereste auf 384 Millionen Euro. Und so wie es mit Corona in diesem Jahr aussieht, wird er auch 2020 weiter anwachsen. Und um jede wichtige Personalstelle, die eingerichtet oder besetzt werden soll, wird hart gestritten werden. Was eigentlich auch schon längst passiert. Denn eines ist in Leipzig ganz und gar nicht neu: Dass die Stadt immer zu wenig Geld hat, um unbeschwert planen zu können.

Berg der investiven Ausgabereste wuchs in Leipzig 2019 um 68 Millionen Euro an

Berg der investiven Ausgabereste wuchs in Leipzig 2019 um 68 Millionen Euro an

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