Leipzig war im vergangenen Oktober dem Beispiel vieler Stรคdte gefolgt und hat den โ€žKlimanotstandโ€œ ausgerufen. Nun soll ein SofortmaรŸnahmenprogramm folgen. Die Abstimmung darรผber war eigentlich fรผr Donnerstag, den 9. Juli, geplant. Doch weil kurzfristig noch einige ร„nderungsantrรคge hinzukamen, entschied sich die Mehrheit des Stadtrates, die Abstimmung um eine Woche zu verschieben.

Eigentlich war alles zubereitet fรผr das groรŸe KlimasofortmaรŸnahmenprogramm der Stadt Leipzig in einem Gesamtvolumen von 20 Millionen Euro. Vor der Kongresshalle am Zoo, in der die Ratsversammlung am Donnerstag, den 9. Juli, erneut stattfand, standen Aktivist/-innen unter anderem die ร–kolรถwen, Fridays for Future, Greenpeace und diverse weitere โ€œfor Futureโ€-Organisationen, wie die Wissenschaftler, ร„rzte und Omas mit Schildern, die auf Entscheidungen warteten.

Dabei รผbergaben sie 1.000 Klimawรผnsche an OB Burkhard Jung und gaben ihm zwei groรŸe Wunschzettel mit auf den Weg.

Abstimmung zum Sofortprogramm verschoben

In der Halle selbst saรŸen die Mitglieder des Stadtrates, die sich zu einer โ€žklimapolitischen Stundeโ€œ und einer Abstimmung des Sofortprogramms verabredet hatten.

Doch dann beantragte die CDU-Fraktion im Anschluss an die aktuelle Stunde โ€“ nachdem sie selbst noch โ€œgravierende ร„nderungsantrรคgeโ€ (Burkhard Jung) eingebracht hatte โ€“ alle Abstimmungen auf nรคchsten Mittwoch zu verschieben, und die SPD, die AfD, Teile der Linksfraktion und Oberbรผrgermeister Burkhard Jung (SPD) folgten diesem Wunsch. Gegen den Widerstand der Grรผnen, welche sich beschlussfรคhig sahen und unter Grummeln im Publikumsbereich.

Als Grund der Verschiebung wurde die Prรผfungsnotwendigkeit der zahlreichen ร„nderungsantrรคge genannt, die zu kurzfristig eingegangen seien. Auch Jung hatte selbst mehr Zeit angemahnt, um Antrรคge juristisch prรผfen zu kรถnnen.

Jรผrgen Kasek zur Verschiebungsentscheidung. Video: L-IZ.de

Jรผrgen Kasek aus der Grรผnen-Fraktion zeigte sich anschlieรŸend โ€žerzรผrntโ€œ รผber diese Entscheidung. Die fachpolitischen Sprecher/-innen der Fraktionen hรคtte Tage und Nรคchte mit dem Sofortprogramm zum Klimaschutz verbracht. โ€žUnd die Zivilgesellschaft steht drauรŸen vor der Tรผr.โ€œ Zudem kรถnne er also zukรผnftig mit kurzfristigen Antrรคgen jede Abstimmung verschieben lassen, so Kasek zu der zusรคtzlichen Beratungen aufgrund der CDU-Antrรคge.

Nun soll sich der Umweltausschuss noch einmal treffen und รผber die neuen Antrรคge beraten. Ein Beschluss ist dann fรผr die Ratsversammlung am Mittwoch, den 15. Juli geplant.

Die Klimapolitische Stunde

Zu Beginn der โ€žklimapolitischen Stundeโ€œ gab es zwei jeweils 15 Minuten lange Fachvortrรคge (Video dazu folgt in Kรผrze). Marie-Luise Beck, die Geschรคftsfรผhrerin des Deutschen Klima-Konsortiums, beschรคftigte sich mit der โ€žHerausforderung Klimawandel und Perspektiven der Bewรคltigungโ€œ. Die konkreten SofortmaรŸnahmen, die Leipzig und andere Stรคdte ergreifen kรถnnen, waren anschlieรŸend Thema bei Harry Lehmann, Fachbereichsleiter im Umweltbundesamt. Dieser lobte die bisherige Arbeit der Stadt Leipzig, nannte den Kampf gegen die Klimakrise und den dafรผr nรถtigen Umbau in Verkehr, Wohnen und Leben โ€œeinen Marathon fรผr die nรคchsten 30 Jahreโ€.

Danach durfte jeweils eine Person pro Fraktion fรผnf Minuten reden. Michael Neuhaus (Linke) kritisierte den vom Bundestag beschlossenen โ€žKohlekompromissโ€œ und verwies darauf, dass die Kommunalpolitik an Grenzen stoรŸe. Wichtig seien vor allem die Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene.

Sophia Kraft (Grรผne) bemรคngelte, dass Leipzig sein Ziel, klimaneutral zu werden, mit den geplanten MaรŸnahmen nicht rechtzeitig erreichen werde. Wichtig seien ein hรถherer Anteil erneuerbarer Energien in neuen Quartieren, enger Austausch mit der Bevรถlkerung und der Aufbau einer regionalen Klimaschutzagentur in Leipzig.

Eher verhaltene Begeisterung fรผr KlimaschutzmaรŸnahmen kam von CDU und Freibeutern. Andreas Schulz (CDU) kritisierte die โ€žKatastrophenโ€œ-Rhetorik, bezeichnete viele Forderungen als โ€žunrealistischโ€œ und wรผnschte sich mehr Aufmerksamkeit fรผr wirtschaftliche Folgen von Entscheidungen. Sven Morlok (FDP) merkte an, dass geplante oder beschlossene MaรŸnahmen wie soziale Erhaltungssatzungen oder das 365-Euro-Ticket eher schรคdlich fรผr den Klimaschutz seien.

Lob fรผr die Ideen der Verwaltung kam aus SPD und AfD. โ€žDer GroรŸteil der MaรŸnahmen ist nachvollziehbarโ€œ, sagte Sylvia Deubel (AfD), beispielsweise bei Baumpflanzung und Bรผrgerbeteiligung. Getu Abraham (SPD) lobte die โ€žgute interdisziplinรคre Arbeit der Verwaltungโ€œ.

Rรผckblickend etwas unglรผcklich wirkte die Entscheidung, Umweltbรผrgermeister Heiko Rosenthal (Linke) noch mehr als 20 Minuten zu den geplanten SofortmaรŸnahmen sprechen zu lassen. SchlieรŸlich folgten diesem Vortrag weder die geplante Debatte noch die Abstimmungen.

Rosenthal verwies darauf, dass Leipzig seit Jahrzehnten beim Klimaschutz aktiv und im Vergleich mit anderen Stรคdten im โ€žguten Durchschnittโ€œ sei. ร„hnlich wie sein Parteikollege Neuhaus erwรคhnte er die Verantwortlichen auf Bundes- und Landesebene. AbschlieรŸend zeigte Rosenthal ein Foto einer โ€žFridays for Futureโ€œ-Demonstration. Die dort Abgebildeten hรคtten โ€žuns Erwachsene wachgerรผtteltโ€œ.

Die Klimaschutzdebatte vor und im Stadtrat am 9. Juli 2020

Video: L-IZ.de

Das Sofortprogramm des OBM zum Klimanotstand reicht bei weitem noch nicht aus

Das Sofortprogramm des OBM zum Klimanotstand reicht bei weitem noch nicht aus

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der โ€žCoronakriseโ€œ haben wir unser Archiv fรผr alle Leser geรถffnet. Es gibt also seither auch fรผr Nichtabonnenten unter anderem alle Artikel der LEIPZIGER ZEITUNG aus den letzten Jahren zusรคtzlich auf L-IZ.de รผber die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall zu entdecken.

Unterstรผtzen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tรคgliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikรคufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den tรคglichen, frei verfรผgbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit fรผr Sie.

Vielen Dank dafรผr.

So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

Renรฉ Loch รผber einen freien Fรถrderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar